"Pakt für Integration" zwischen Land und Kommunen

Baden-Badener Stadtverwaltung erhält "Integrations-Managerinnen" - Roland Kaiser: "900 geflüchtete Menschen" - Land investiert 160 Millionen Euro - Aladdin Akkamshaba möchte syrisches Restaurant in Baden-Baden eröffnen

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goodnews4-VIDEO-Interview von Nadja Milke mit Roland Kaiser, Aladdin Akkamshaba und Celestin Dondjio

Baden-Baden, 26.04.2018, 00:00 Uhr, Bericht: Christian Frietsch Die Euphorie der sogenannten Willkommenskultur ist gewichen. Dies ist wohl auch die Erkenntnis von Bürgermeister Roland Kaiser, der für die Integration der Flüchtlinge in Baden-Baden zuständig ist. «Da gab es mit Sicherheit, am Anfang falsche Einschätzungen, dass das relativ schnell bewältigt werden kann», erklärte der Baden-Badener Bürgermeister im goodnews4-VIDEO-Interview.

Gestern stellte er den «Pakt für Integration» zwischen dem Land Baden-Württemberg und den Kommunen vor, für den das Land allein für die Jahre 2017 und 2018 jeweils 160 Millionen Euro aus Steuergeldern zur Verfügung stellt. Für vier Förderbereiche sollen die Millionen für die Flüchtlinge eingesetzt werden: 1. Soziale Beratung und Begleitung. 2. Junge Flüchtlinge bei Schule und Berufsweg. 3. Spracherwerb fördern. 4. Bürgerschaftlich Strukturen, Ehrenamt unterstützen.

So wächst mit den Aufgaben für die Integration auch die Zahl der Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Die Stadt Baden-Baden kann für 2017 und 2018 aus dem Flüchtlingsfördertopf des Landes jeweils 374.158 Euro erhalten. Vier Stellen mit «Integrations-Magerinnen» wurden für Baden-Baden nun neu geschaffen. Alle vier neuen Mitarbeiterinnen mit akademischer Ausbildung sind bereits als IM − wie es etwas missverständlich in einer Abkürzung heißt − tätig. Astrid Bückers, Caritaswisschenschaftlerin; Hannah Fürst, Soziologin; Rebecca Rastetter, Diplom Pädagogin und Julia Ebert, Sozialpädagogin. Das Tätigkeitsprofil für die vier Akademikerinnen ist anspruchsvoll:
− Aufsuchende, niedrigschwellige und kultursensible Beratung
− Sozialbegleitung durch Einzelfallhilfe zu allen Fragen des alltäglichen Lebens und zu perspektiven in Baden-Württemberg
− Erfassung und Zusammenführung von personenbezogenen Daten (Sprache, Berufe, Geschlecht, Interessen)
− Information über Integrationsangebote vor Ort und ggf. Weiterleitung an Regeldienst
− Auswertung bzw. Überprüfung sowie Fortschreibung der individuellen Integrationspläne in regelmäßigen Gesprächen
−Heranführung an geeignete Angebote von Ehrenamtlichen; ggf. gezielte Koordination des Einsatzes von Ehrenamtlichen (auf den Einzelfall ausgerichtet)
− Heranführung an zivilgesellschaftliche Strukturen und Vereine

Für goodnews4.de hat Nadja Milke auch mit zwei Flüchtlingen über deren Eindrücke und Pläne in Deutschland gesprochen. Ein großes Ziel hat Aladdin Akkamshaba. Er möchte ein syrisches Restaurant in Baden-Baden eröffnen.

PDF Information zum «Pakt für Integration»


Abschrift des goodnews4-VIDEO-Interviews mit Roland Kaiser:

goodnews4: Zunächst interessieren sich unsere Leser und Zuschauer für die aktuellen Zahlen. Wie viele Flüchtlinge leben in Baden-Baden in welchem Status und wie viele haben schon eine Arbeit?

Roland Kaiser: Wir haben in Baden-Baden rund 900 geflüchtete Menschen und ganz grob können wir sagen, die Hälfte von diesen 900, also circa 450 Personen, haben eine Bleibeperspektive, also wechseln rüber in diese intensiven Integrationsmaßnahmen, wo Arbeit ja nur ein Teil ist. Viele sind in Praktika, in vorübergehenden Beschäftigungen und so weiter, also das Feld Arbeit ist ja ausdifferenziert. In festen Arbeitsverhältnissen ist der kleinste Teil, weil bei fast allen Flüchtlingen eben der Sprachkurs, sprich der Erwerb der deutschen Sprache, im Vordergrund steht und das für viele auch eine zähe Aufgabe ist. Da gab es mit Sicherheit, denke ich, am Anfang auch falsche Einschätzungen, dass das relativ schnell bewältigt werden kann. Eben auch für all diejenigen, die da hochmotiviert sind und bisher überhaupt keine Sprachkenntnisse in Deutsch haben, gibt es ja manchmal auch die Möglichkeit, dass das gar nicht so wichtig ist für eine Arbeitsstelle, weil Englisch oftmals ja auch für die Arbeit die passende Sprache ist. Aber im Sinne von Integration sind wir interessiert, dass alle Deutsch lernen und ein möglichst hohes Level erreichen. Deshalb steht im Vordergrund bei allen Maßnahmen weiterhin der Spracherwerb.

goodnews4: Sie haben heute hier in das Rathaus Baden-Baden geladen, um das «Integrationsmanagement» vorzustellen. Wie viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen arbeiten im «Integrationsmanagement» und was ist deren Aufgabenbeschreibung?

Roland Kaiser: Die Stellen hier im Integrationsmanagement sind letztendlich Ergebnis der kommunalen Landesverbände mit dem Land Baden-Württemberg, mit dem Sozialministerium, wo das Land Baden-Württemberg, neben Kostenerstattungen für Wohnen und so weiter, auch speziell für Integrationsmaßnahmen Geld gibt. Das ist eine Besonderheit in Baden-Württemberg und da sind wir auf der kommunalen Seite natürlich auch außerordentlich froh, dass die Landesregierung da auch zugestimmt hat, dass das Land in die Finanzierung mit einsteigt. Runtergebrochen heißt das für Baden-Baden, dass wir vier Stellen schaffen können. Wir haben drei davon schon besetzt, bei der vierten Stelle sind wir momentan noch im Auswahlverfahren, also auch die wird jetzt zügig besetzt werden. Das heißt, diese Personen können sich dann intensiv darum kümmern über Integrationspläne, also eigentlich Hilfepläne, konkret mit den zu betreuenden geflüchteten Menschen einzelne Ziele anzugehen, auch zu schauen, wo gibt es Unterstützung − sei es von Ehrenamtlichen, sei es von den Wohlfahrtsverbänden, Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit über unser Jobcenter, wo wir jetzt auch einen Rahmenvertrag haben, dass das alles möglichst Hand in Hand geht und nicht parallel nebeneinander herläuft.

goodnews4: Von den 900 Flüchtlingen wer profitiert denn von dem Integrationsmanagement?

Roland Kaiser: Die 450 stehen zunächst im Vordergrund und da wir nicht alle 450 auf einmal bedienen können, ist die Schwerpunktsetzung bei denen, die aufgrund ihrer Qualifizierung aus dem Herkunftsland und ihrer persönlichen Situation, wo wir sagen, die sind arbeitsmarktnah, wo wir perspektivisch davon ausgehen, dass hier relativ schnell Erfolge erzielt werden können, die stehen jetzt im Vordergrund. Und Familien mit Kindern, wo es auch um Fragestellungen geht, dass die Kinder möglichst schnell integriert werden, das heißt über Kita, Schulbildung und so weiter. Deshalb haben wir diese zwei Personengruppen jetzt im Fokus.

goodnews4: Was kostet das Integrationsmanagement und wieviel Geld kommt vom Land dafür?

Roland Kaiser: Die Rechnung ist relativ einfach. Uns steht pro Personalstelle mit Personen mit Hochschulabschluss, und bei uns sind es alle Personen mit Hochschulabschluss, 64.000 Euro Personalkosten zur Verfügung und die sind auch ausreichend für die Finanzierung. Von daher ist das jetzt für die zwei Jahre eine Finanzierung durch das Land, worüber wir uns sehr freuen.

goodnews4: Was sind die wichtigsten Ziele in 2018?

Roland Kaiser: Für 2018 geht es jetzt natürlich darum, das in dieser Verstätigung stabil zu halten. Das wichtigste Ziel bei der Maßnahme ist der Spracherwerb, da dran zu bleiben. Daher haben wir schon wieder eher das Ziel, was passiert nach den zwei Jahren? Sprich, es beginnen schon die Gespräche, wie es mit dem Auslaufen von diesem Pakt mit dem Land dann im Anschluss weitergehen kann, weil in spätestens zwei Jahren müssen wir da ja vor Ort Klarheit haben, egal ob frisches Geld vom Land kommt oder wir das dann auf örtlicher Ebene weiter umsetzen können. Ein Stück weit sind wir momentan auch davon abhängig wie jetzt die Bundespolitik Eckpunkte des Koalitionsvertrags in politisches Handeln, sprich in Gesetze oder in Verordnungen, bringt. Insbesondere wie es bei dem Teil der Personen ohne Bleibeperspektive weitergeht, da müssen wir aber kommunal zunächst abwarten wie die Bundesregierung da jetzt auch in Handlung kommt.

goodnews4:Haben Sie Wünsche an die Bundes- und Landespolitik?

Roland Kaiser: Wir haben natürlich genau an der Stelle die Wünsche, dass etwas weniger Ankündigungen kommen, was alles jetzt gemacht wird, sondern mehr Handeln. Wir haben die unbefriedigende Situation für alle Beteiligten, dass Menschen Abschiebung droht, dann aber oftmals im Einzelfall die Abschiebung nicht umgesetzt wird und gleichzeitig für die Motivierten keine Bleibeperspektive aufgezeigt wird. Das heißt, wir bräuchten aus meiner Sicht ein Einwanderungs- oder Integrationsgesetz, dass diejenigen, die motiviert sind, auch eine Perspektive haben hierzubleiben, egal von welchem Herkunftsland, weil auch der Arbeitsmarkt ein großes Interesse hat und dann, denke ich, auch eine Integration relativ zügig umgesetzt werden kann. Und bei den anderen Personen, die unmotiviert sind und wo wir auch keine Perspektive sehen, dass es da auch greift, dass − egal ob über Abschiebung oder andere Maßnahmen − es nicht zu einem Dauerverweilen hier in der Bunderepublik kommt, wo die Kommunen sich dann drum kümmern müssen, ohne dass sie diese Absicherung von Bundes- und Landespolitik haben.

goodnews4: Vielen Dank für das Interview.


Abschrift des goodnews4-VIDEO-Interviews mit Celestin Dondjio, Flüchtling aus Kamerun:

goodnews4:Wie heißen Sie und wo kommen Sie her?

Celestin Dondjio: Ich heiße Celestin Dondjio, ich komme aus Kamerun. Seit zwei Jahren wohne ich in Baden-Baden, in Deutschland, und ich bin zufrieden mit dem Leben in Deutschland. Ich bin 26 Jahre alt und ich habe eine Freiheit in Deutschland und die Leute sind sehr nett. Ich möchte als Mauerer oder Techniker arbeiten, weil ich als Maurer in Kamerun arbeite. Ich möchte auch eine Ausbildung machen. Mein Ziele in Deutschland sind Arbeit suchen und gut leben und auch die Kultur lernen.

goodnews4:Was gefällt Ihnen in Baden-Baden denn besonders gut?

Celestin Dondjio: Die Kultur in Baden-Baden gefällt mir sehr gut und die Leute sind auch sehr nett und die Stadt ist auch nicht schlecht.

goodnews4: Vielen Dank für das Interview.


Abschrift des goodnews4-VIDEO-Interviews mit Aladdin Akkamshaba, Flüchtling aus Syrien:

goodnews4:Wie heißen Sie und wo kommen Sie her?

Aladdin Akkamshaba: Ich heiße Aladdin Akkamshaba, ich komme aus Syrien, genauer aus Aleppo. Vor drei Jahren ungefähr bin ich nach Deutschland gekommen und habe schon zweieinhalb Jahre gearbeitet. Mir gefällt das Leben hier in Deutschland. Ich habe das Recht und auch die Meinungsfreiheit hier.

goodnews4:Wie lange sind Sie schon in Baden-Baden und was gefällt Ihnen hier besonders gut?

Aladdin Akkamshaba: In Baden-Baden bin ich seit ungefähr einem Jahr und vier Monaten. Nette Leute, die Unterstützung von unserem Sozialamt − es gibt so viel.

goodnews4:Was sind denn Ihre Träume und Ziele für die Zukunft?

Aladdin Akkamshaba: Zuerst die Sprache zu lernen und dann arbeite ich ein bisschen, vielleicht zwei Jahre sammle ich ein bisschen Geld und dann möchte ich ein Imbiss- oder «Take away»-Restaurant eröffnen.

goodnews4:Ein syrisches Restaurant?

Aladdin Akkamshaba: Ein syrisches Restaurant in Baden-Baden.

goodnews4:Was machen Sie im Moment, arbeiten Sie derzeit schon?

Aladdin Akkamshaba: Jetzt mache ich einen Orientierungskurs, das heißt, das Leben in Deutschland, und ich arbeite in der gleichen Zeit bei einer Firma, die Partys in Fünf-Sterne-Hotels organisiert oder auch im Kurhaus.

goodnews4: Vielen Dank für das Interview.


Die Interviews führte Nadja Milke für goodnews4.de.

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goodnews4-VIDEO-Interview von Nadja Milke mit Roland Kaiser, Aladdin Akkamshaba und Celestin Dondjio


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