Baden-Baden, 09.01.15 Mit drei Konzerten ehren Festspielhaus und Theater den großen Komponisten Pierre Boulez, der am 26. März 90 Jahre alt wird und seit 50 Jahren in Baden-Baden lebt. Alle drei Konzerte finden am Sonntag, 18. Januar 2015, statt. Um 11.00, 15.00, 19.00 Uhr präsentiert das Festspielhaus Baden-Baden einen Überblick über Boulez kompositorisches Schaffen für großes Orchester wie für kleines Ensemble, kündigte das Festspielhausgestern an.

Zum Wirken des Musikers und den damit oftmals verbundenen kuriosen Begebenheiten geht das Festspielhaus in folgendem Text ein: «Für seine provokante Äußerung aus dem Jahr 1967 ‘Sprengt die Opernhäuser in die Luft!’ − gemeint war die Abwendung vom klassisch-romantischen Standardrepertoire − erhielt Pierre Boulez am frühen Morgen des 2. November 2001, also kurze Zeit nach den verheerenden Anschlägen vom 11. September, in Basel Besuch von der Schweizer Polizei, die seinen Pass konfiszierte. Der Dirigent und Komponist hatte wegen seiner ‘terroristischen Aufforderung’ im nationalen Fahndungsregister Ripol auf Veranlassung des Zürcher Bezirksanwalts einen Eintrag erhalten: eine Polit-Farce, die seinerzeit von den Feuilletons dankbar aufgegriffen wurde. Seit langem ist Pierre Boulez eine der bedeutendsten Musikerpersönlichkeiten des 20. und 21. Jahrhunderts und weit entfernt vom Image des Bürgerschrecks.

Seit vielen Jahren verbindet den Wahl-Baden-Badener, der aufgrund eines Krachs mit den Pariser Kulturbehörden bereits Ende der 1950er Jahre nach Deutschland übersiedelte, eine enge künstlerische Partnerschaft mit dem Festspielhaus Baden-Baden, wobei Boulez nicht nur regelmäßig auf der Bühne, sondern auch im Publikum gesichtet wird.

Um 11.00 Uhr laden François-Xavier Roth und das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg zur Matinee im Theater Baden-Baden, unter anderem mit Boulez’ hochvirtuosen Werk ‘Messagesquisse’ (das seinerzeit anlässlich des 70. Geburtstags des Musikmäzens Paul Sacher entstand) sowie mit den nicht minder virtuosen ‘Domaines für Klarinette und Ensemble’. Einen besonderen Akzent bietet zudem Loriots Sketch ‘Die Opernsprengung’, eine fiktive Podiumsdiskussion aus dem Jahr 1973, in der am Beispiel der Bayerischen Staatsoper der Frage nachgegangen wird, ob und wie sich die von Boulez geforderte Pulverisierung aller Opernhäuser umsetzen lassen würde, denn ‘gesprengt wird doch mit vollem Haus. Ist das nun eine reine Abonnentenvorstellung oder freier Kartenverkauf oder eventuell nur Presse? Oder wie oder was?’

Nach dem zweiten Konzert des von François-Xavier Roth dirigierten SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg um 15.00 Uhr (Titel: ‘Experimente’) im Theater folgt am Abend schließlich der musikalische Höhepunkt im Festspielhaus Baden-Baden: Das Experimentalstudio des SWR präsentiert Boulez-Klassiker wie ‘Dérive 1 für 6 Instrumente’, «Mémoriale (... explosante-fixe ... Originel)’ für (Midi)Flöte, Ensemble und Live Elektronik (Flöte: Sophie Cherrier), wobei sich auch kein Geringerer als Pierre-Laurent Aimard Boulez’‘„Première Sonate für Klavier’ widmen wird. Für orchestrale Akzente sorgen zudem François-Xavier Roth und das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg mit einer Auswahl aus den berühmten ‘Notations’, die mit ihren oft an den späten Mahler gemahnenden, faszinierend vielfältigen Klangschattierungen deutlich machen, dass Musik für Boulez − bei aller struktureller Strenge und Konsequenz seines Komponierens − immer eine sinnliche und ausdrucksstarke Kunstform geblieben ist. Die Werke gehen übrigens auf einen Klavierzyklus zurück, den Boulez noch während seiner Studienzeit bei Messiaen komponiert hat: ‘Ich schreibe nur selten Stücke, von denen ich sagen kann, gut, das ist fertig.’»

Mehr: www.festspielhaus.de

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