Leserbrief
Leserbrief „Meine Meinung“ – „Der Erfolg der AfD speziell in Ost-Deutschland ist auch historisch begründet“ – „Persönlicher Erfahrungsbericht“
Baden-Baden, 05.08.2023, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Martin Müller-Petersen Stellung zu dem goodnews4-Bericht Künstliche Intelligenz antwortet auf goodnews4-Frage – Warum ist die AfD so erfolgreich?.
Persönlicher Erlebnisbericht vom Überlebenskampf einer ostdeutschen Firma nach der Wende gegen eine westdeutsche Übermacht, die mit harten Bandagen und unseriösen Machenschaften die Ostdeutsche Konkurrenz ausschalten wollte. Dieser Vorgang war kein Einzelfall, sondern wurde mehrfach in vielen Bereichen betrieben.
In meinem Leserbrief vom 26.7. hatte ich die Umfrage-Erfolge der AfD mit der katastrophalen aktuellen Regierungspolitik begründet. Dies war aber nur die halbe Wahrheit, wie ich im Folgenden ausführen möchte. Die Unzufriedenheit der Ostdeutschen Landsleute geht zu einem guten Teil noch zurück auf die Wendezeit 1989 und ist mit in dem damaligen Verhalten der Treuhandanstalt begründet, die nach Kräften versuchte, die Ostdeutsche Industrie zum Schutz der Westdeutschen Industrie «platt zu machen». Ich hatte damals persönlich als unbedarfter «Wessi» direkt mit diesen Machenschaften zu kämpfen, aber erst einige Jahre danach konnte ich das Puzzle der damaligen Vorgänge zusammensetzen.
Alles begann ganz harmlos. Durch Zufall erhielt ich Kenntnis davon, dass in der Nähe von Berlin im Bundesland Brandenburg eine Firma in Konkurs gegangen sei, die auf die Herstellung von Rohrleitungssystemen für Kraftwerke spezialisiert ist. Da ich bereits mehrmals mit der erfolgreichen Sanierung von Konkursfirmen tätig war, fand diese Firma mein Interesse. In deren Produktionsbereich gab es in Westdeutschland nur 2 Wettbewerber und in Ostdeutschland nur diese eine Firma, die in der Lage waren, diese Rohrleitungssysteme zu fertigen. Da damals bekannt war, dass in Deutschland 12 neue Kraftwerke gebaut werden sollten, erschien mir dieses Investment als sehr aussichtsreich. Ich nahm deshalb mit der Treuhand Verhandlungen auf und erwarb diese Firma vom Konkursverwalter. Da es sich hierbei um einen Zweiterwerb handelte, wurden keine Fördermittel mehr bewilligt.
Hätte ich damals gewusst auf was ich mich damit eingelassen habe, hätte ich dieses Investment nicht getätigt.
Besagte Firma war bereits gleich nach der Wende von der Treuhand an einen Westdeutschen Investor verkauft worden. Der Verkauf wurde von einem Mitarbeiter der Treuhand abgewickelt, der sich nur kurze Zeit nach Durchführung dieser Transaktion eine Villa im Berliner Grunewald zulegen konnte. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Der Investor übernahm also diese Firma und verwendete die Millionenzuschüsse, welche ihm zusätzlich gewährt wurden, für alles Mögliche, nur nicht um die Firma weiterzuführen. So gab er unter anderem bei einer polnischen Werft eine Segeljacht in Wert von mehreren Millionen (damals DM) in Auftrag.
Es kam wie es kommen musste, der Investor hat die Fördermittel nicht zweckgebunden sondern für sein persönliches Wohlergehen verwenden und die Firma wirtschaftete immer mehr ab, was dann letztlich zum Konkurs führte und dazu, dass diese Firma nun wieder «günstig» (für einen 7-stelligen Betrag) zu haben war. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Treuhand aus gutem Grund (siehe oben) auf die strafrechtliche Verfolgung des betrügerischen Erstbesitzers verzichtete.
Bei der ersten Betriebsversammlung, die ich nie vergessen werde, standen die wenigen verbliebenen Mitarbeiter (nur noch 56 von ehemals mehreren hundert zu DDR-Zeiten) mit starren Mienen und leeren Blicken vor dem Rednerpult und ich versuchte meine Interessen und die Zukunftsplanungen darzulegen. Meinen Ausführungen war wenig Erfolg beschieden, weil die Menschen schon einmal von einem Wessi ähnliche Worte vernommen hatten und nach den Erfahrungen mit diesem den Wessis nicht mehr über den Weg trauten.
Da ich von der Materie nichts verstand, habe ich mich vorrangig um die wirtschaftlichen Belange der Firma gekümmert und die Lösung technischer Probleme erfahrenen Ostdeutschen Fachleuten überlassen, was auch hervorragend funktionierte. Im Laufe der Zeit musste ich trotz neuer Marketingmaßnahmen und vieler Angebote an die deutschen Energieversorger feststellen, dass ich praktisch nur Aufträge aus dem Ausland erhielt, jedoch keine aus Deutschland. Durch Zufall lernte ich einen meiner beiden Westdeutschen Konkurrenten kennen, der vor der Insolvenz stand und mir in einem Gespräch offenbarte, dass er von dem anderen Westdeutschen Wettbewerber, der sich ein Monopol sichern wollte, in den Konkurs getrieben worden sei, wodurch dann nur noch meine Firma als einziger Wettbewerber übrig blieb.
Auf meine Frage warum ich keine Aufträge aus Deutschland erhielt, konnte er nur müde lächeln und erklärte mir, dass sich die Essener Ruhrpott-Mafia (Sitz meines einzig verbliebenen Konkurrenten und Sitz der größten deutschen Energieerzeuger) abgesprochen habe und mir keine Aufträge geben würde, obwohl meine Angebote mindestens 20 Prozent unter denen des Westdeutschen Konkurrenten lagen. Damit war mir klar, warum ich zwar Anfragen, aber keine Aufträge erhielt. Meine Angebote wurden mit fadenscheinigsten Begründungen abgelehnt.
Da dieses Mobbing jedoch nicht zu meiner Aufgabe und Schließung des unliebsamen Ostdeutschen Konkurrenten führte, wurden seitens der bezeichneten Gruppe weitere Schritte unternommen. Als nächstes kündigte die größte Deutsche Bank meinen Firmenkredit von mehreren Millionen DM unter Einhaltung einer First von 3 Monaten mit der Begründung man wolle sein Engagement in Ostdeutschland stark zurückfahren, und dazu gehöre leider auch die Einforderung der mir gewährten Kredite. Auf wessen Initiative diese Kündigung zurückzuführen war, bleibt der Phantasie des geneigten Lesers überlassen.
Da mir die kurzfristige Rückzahlung dieser Summe im laufenden Geschäftsbetrieb unmöglich war, habe ich mich an die ILB (Investitions Landesbank Brandenburg) gewandt. Dort hatte man ein offenes Ohr und hat in dem Bestreben diesen Betrieb am Leben zu erhalten, den Kredit der größten Deutschen Bank abgelöst, bzw. mit einer Bürgschaft versehen, sodass ich den Betrag von der örtlichen Sparkasse als Kredit erhielt und an die kündigende Bank zurückzahlen konnte.
Als diese Transaktion für die Initiatoren nicht den gewünschten Erfolg brachte, wurden weitere «Fallstricke» gelegt, so z.B. bei einem ausländischen Konsortial-Auftrag bei dessen Abschluss nicht ersichtlich war, dass meine Firma als kleinster Konsortialpartner mit der Fertigung der kompliziertesten und damit schwierigsten Systeme belegt wurde und diese durch bestimmte eintretende Faktoren (z.B. mehrwöchige Betriebsschließung eines Italienischen Unterlieferanten wegen Sommerurlaub) trotz 3-Schicht-Betrieb nicht Termingerecht geliefert werden konnten und somit eine Vertragsstrafe nach sich zog, bei der es sich um eine Summe handelte, die den Konkurs meiner Firma bedeutet hätte und nur mit Hilfe einer renommierten weltweit tätigen Anwaltskanzlei abgewehrt werden konnte.
Trotzdem habe ich unverdrossen weiter gemacht, gründete Produktionsstätten in Polen und China und lebte mit meiner Firma fürderhin gut von Auslandsaufträgen.
Diese Handhabung mit der ich neue Märkte erschloss führte dann dazu, dass weitere unseriöse Angriffe der Ruhrpott-Mafia mit dem Ziel sich eines unliebsamen Konkurrenten zu entledigen unterblieben. Man hat dann zur letzten Möglichkeit gegriffen um mich als Wettbewerber loszuwerden und hat mir über einen ebenfalls im Kraftwerksbereich tätigen Konzern ein lukratives Kaufangebot für meine Firma unterbreitet. Da ich kurz vor dem Rentenalter stand und ehrlich gesagt mittlerweile mürbe war mich ständigen Kampfhandlungen entgegenzustellen habe ich dieses seriöse Angebot angenommen unter der Bedingung der Weiterführung der Firma unter Verzicht auf Arbeitsplatzreduzierungen. Dies wurde akzeptiert und bis heute eingehalten.
Meine Mitarbeiter (zwischenzeitlich waren es 120) hatten die Kampfhandlungen der letzten 10 Jahre hautnah miterlebt und durch Mehrarbeit und teils durch Verzicht auf Gehaltserhöhungen auch ihren Anteil zum Überleben der Firma beigetragen. Sie hatten Verständnis für meinen Entschluss, mich freundlich verabschiedet und mir ihren Respekt dafür ausgesprochen, dass ich 10 Jahre lange diesen zermürbenden Krieg gegen die Ruhrpott-Mafia geführt habe, um die Firma und die Arbeitsplätze zu erhalten.
Besonders erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang, dass ich in meinem langen Unternehmer-Leben noch nie auf so fachkundige Mitarbeiter wie in Ost-Deutschland gestoßen bin. Wenn in Westdeutschland z.B. eine Maschine nicht mehr so funktionierte wie sie sollte, wurde für viel Geld der Kundendienst der Lieferfirma oder des Herstellers geholt. Nicht so in Ostdeutschland, hier wurden die Maschinen von den Mitarbeitern, die sie bedient haben, auch selbst repariert und das hat der Firma viel Geld gespart.
Für all das noch einmal nachträglich meinen herzlichsten Dank und auch dafür, dass ich als «Bayer» nach einer gewissen Eingewöhnungszeit dort vorbehaltslos aufgenommen und mir großes Vertrauen entgegengebracht wurde, was sich u.a. ein einem fast einmaligen Vorgang dokumentierte: der Betriebsrat hat sich selbstbestimmt aufgelöst, weil ich mich jeden Problems persönlich angenommen und dies zur Zufriedenheit meiner Mitarbeiter auch gelöst habe. Bei einem Besuch des damaligen DGB-Gewerkschaftsführers Sommer in meiner Firma konnte der sich gar nicht genug über diesen Vorgang wundern, welcher ihm von der früheren Betriebsrat-Chefin eindrücklich bestätigt und erläutert wurde.
Als Fazit meiner Erfahrungen in Ostdeutschland lässt sich feststellen: Die Treuhand hat von Anfang an nicht seriös gearbeitet. Ziel war es, die Rosinen der Ostdeutschen Industrie herauszupicken und den Westdeutschen Konkurrenten zuzuspielen. Sofern dies nicht gelang, oder die Firmen nicht interessant waren, wurden sie platt gemacht.
Im Rückblick war nach meiner Einschätzung einer der wenigen anständigen Menschen bei den Verantwortlichen der Treuhand der damalige Vorstand Rohwedder, der vorhatte die Ostdeutschen Firmen den dort beschäftigten Mitarbeitern kostenlos oder billig zu übereignen und es diesen zu überlassend, wie sie sich ihre eigene Zukunft gestalten.
Bevor dieser Ehrenmann seinen Plan, der übrigens auf wenig Gegenliebe seiner Kollegen und der West-Industrie-Elite stieß, umsetzen konnte fiel er einem Attentat zum Opfer, welches man sehr schnell und ohne stichhaltige Beweise der RAF in die Schuhe schob, obwohl die im Gegensatz zum Attentat auf den Generalbundesanwalt Buback ja nun wirklich keinen Grund haben konnten, den Treuhandchef umzubringen.
Aber Schwamm drüber, alles ist lange verjährt oder gesühnt und die damals betrogenen Mitarbeiter der Firmen welche platt gemacht wurden und die letztlich durch die Aktionen der Treuhand ihre Arbeitsplätze verloren haben, sind in Rente haben sich aber ihre Wut auf die Wessis erhalten und an ihre Kinder weitergegeben. Diese bilden heute wahrscheinlich den harten Kern der AfD-Anhänger.
Und damit beende ich meinen persönlichen Erlebnisbericht aus der Wendezeit und deren Folgen für die heutige Politik und bedanke mich bei den Lesern, die sich der Mühe unterzogen haben, meinen Bericht bis hierhin zu lesen. Vielleicht finden einige Leser vor den geschilderten Hintergründen etwas mehr Verständnis für das Verhalten der Ostdeutschen Landsleute.
Erklärend für dieses Verhalten kommen noch einige aktuelle Vorgänge in der Bundesregierung hinzu, die Gebäude mit einem historischen Hintergrund wie z.B. das Generalshotel am Flughafen Berlin-Schönefeld wo einst alle Staatsgäste der DDR wie Fidel Castro, Josip Broz Tito, Leonid Breschnew, Juriy Gagarin und auch Helmut Schmidt empfangen wurden, abreißen lassen will um Platz für ein Regierungsterminal zu schaffen. Noch gefühlloser kann man die Historie der DDR nicht mit Füssen treten. Gegen den Abriss hat zwischenzeitlich sogar die UNESCO protestiert.
Wenn man dann auch noch die aktuelle Regierungsarbeit mit einbezieht, mit den teuren und Volksschädigenden Programmen der Grünen, oder dem höchst unsozialen sogenannten Inflationsausgleich von 3.000,-- Euro, der ausschließlich allen Staatsdienern einschließlich der hochbezahlten Politikerelite zugutekommen soll, nicht aber den vielen Millionen Normal-Rentner die sich mit einigen wenigen Prozent Rentenerhöhung begnügen müssen, oder der völlig verfehlten Migrationspolitik und letztlich der in vielen Bereichen gegen die Interessen der Bundesrepublik gerichteten EU-Entscheidungen, dann muss man sich nicht wundern, wenn der harte Kern der AfD unerwartet großen Zulauf auch aus den sonst gemäßigten politischen Lagern erhält.
Martin Müller-Petersen
Baden-Baden
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