Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – „Skandal bei Netrebko-Auftritt – Netrebko-Fan zeigt „Hitlergruß“

Baden-Baden, 08.08.2023, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leserin Liliya Hordiychuk Stellung zu dem goodnews4-Bericht Weitgehend friedliche Demonstration gegen Anna Netrebko in Baden-Baden – «Wechselseitige Beleidigungen zwischen Demonstranten und Festspielhausbesuchern».

Der Auftritt von Anna Netrebko im Festspielhaus und insbesondere die Begleiterscheinungen sind ein Skandal. Hier ist dringend eine Aufarbeitung erforderlich.

Anna Netrebko ist immer durch eine besondere Nähe zu Putin und dessen Regime aufgefallen. Sie hat beispielsweise, auch nachdem sich Putin schon klar als Diktator zu erkennen gegeben hat, eine Wahlempfehlung zu seiner Unterstützung ausgesprochen. Sie hat Ende 2021 ihren 50. Geburtstag im Kreml gefeiert. Ebenso hat sie die verbrecherischen Separatistenführer, die russische Staatsangehörigkeit haben, von denen einer Oleg Zarjow (von der EU mit Sanktionen belegt) war, im Donbas besucht und mit deren Flagge posiert. Da reicht für eine glaubwürdige Distanzierung eine einmalige, allgemeine Aussage gegen den Krieg über einen Anwalt nicht. Gerade weil Netrebko die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt und keine Familienangehörige mehr in Russland leben, wäre es ihr ein Leichtes, sich klarer von Putin zu distanzieren. Weshalb hat das Festspielhaus Baden-Baden nicht eine kurze Erklärung von ihr verlangt, dass sie sich von Putin und dem verbrecherischen Angriffskrieg in der Ukraine distanziert? Weshalb ist sie nicht einfach kurz zu den Opfern des russischen Angriffskrieges vor dem Festspielhaus gegangen und hat sich, so wie viele Millionen Menschen in Deutschland, mit diesen solidarisiert? Das wäre sowohl für das Festspielhaus als auch für Netrebko ein Leichtes gewesen. Sie wird deshalb weiterhin als Putin-Freundin und damit als Kriegsverbrecher-Freundin wahrgenommen.

 

Ganz besonders skandalös waren dann aber die Vorfälle rund um den Auftritt. Der deutschen Staatsangehörigen, Opernsängerin vom Beruf und ehrenamtlichen Helferin Isabelle Wolfrum wurde der Zugang zum Festspielhaus verwehrt, weil die Angestellten der Sicherheitskontrolle in ihrer Tasche ein Notizblock mit der Aufschrift «Ukraine» gefunden haben. Gleichzeitig war es aber kein Problem, mit russischen Symbolen das Konzert zu besuchen. Mit welcher Begründung verbietet das Festspielhaus einen einfachen Schriftzug «Ukraine» auf einem Notizblock, während gleichzeitig russische Symbole erlaubt sind? Wie positioniert es sich dadurch? Besucher des Festspielhauses haben den friedlichen Menschen vor dem Festspielhaus den «Mittelfinger» gezeigt. Auch gab es weitere Bedrohungen und Beleidigungen. Höhepunkt war, dass ein Besucher aus dem Festspielhaus den Menschen vor dem Festspielhaus den Hitler-Gruß gezeigt hat. Mehrere Zeugen haben dies gesehen und zur Anzeige gebracht.

Doch es blieb nicht bei Beleidigungen.

Während Anna Netrebko ihr Konzert im Festspielhaus gab, attackierte nach Schilderungen von Augenzeugen ein ca. 55 Jahre alter Mann die Demonstranten, indem er mit einem E-Bike in die Menge fuhr. Dabei brachte er eine Frau zum Sturz und versuchte ihr ein Plakat zu entreißen. Er wurde sofort von der Polizei gestellt.

Friedliche Frauen, deren Söhne und Ehemänner in der Ukraine aktuell auch die Freiheit Deutschlands und Europas verteidigen und dafür sterben, werden beleidigt und es wird ihnen aus dem Festspielhaus der Hitler-Gruß gezeigt. Das ist vollkommen unerträglich und eine Schande für das Festspielhaus Baden-Baden.

Auch die Baden-Badener Kommunalpolitik muss hier dringend Stellung beziehen. Während sich bspw. der Wiesbadener OB klar gegen den Netrebko Auftritt ausgesprochen hat, schweigt der Baden-Badener OB dazu und äußert sich auch nicht zu den skandalösen Vorfällen rund um den Auftritt. Das geht nicht.

Es bleibt zu hoffen, dass auch das Festspielhaus Baden-Baden erkennt, dass der Auftritt einer Kriegsverbrecher-Freundin, der im Nachgang zum Fall für die Staatsanwaltschaft wird, kein Imagegewinn ist. Ebenfalls wird die Spendenbereitschaft für das Festspielhaus durch solche Vorfälle sicher nicht gesteigert. Auffallend war auch, wie viele Karten für den Netrebko-Auftritt vom Festspielhaus kurzfristig noch angeboten wurden. War die Nachfrage doch nicht so groß, wie vom Intendanten behauptet?

Auch die Mitglieder des Freundeskreises des Festspielhauses, der Stiftungsrat oder die Stifterinnen und Stifter werden dies sicher nicht geschlossen gutheißen. Hier ist erforderlich, dass diese sich nicht nur über den Intendanten über die Vorfälle informieren lassen, sondern direkt mit den Betroffenen sprechen.

Intendant Benedikt Stampa hat mit dem Netrebko-Auftritt einen schweren Fehler begangen, der dringend aufgearbeitet werden muss. Dieser Aufarbeitung darf er sich nicht länger verweigern. Ansonsten steht er nicht für die Werte des Festspielhauses und ist als dessen Intendant nicht länger tragbar.

Liliya Hordiychuk
München

Frau Hordiychuk nannte als weitere Unterzeichner:
Iryna Inninger
Carsten Marquardt
Björn Möller
Holger Blasum
Elena Nemcek
Victoria Fischer
Kateryna Plaksiy
Boris Pekarski
Dmytro Pivovarov
Francesco Güssow


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