Rathaus erlässt Allgemeinverfügung

Niedrigwasserstand in Baden-Baden – Sofortiges Verbot: „Jegliche Entnahme von Wasser aus Fließgewässern und Seen im Stadtkreis untersagt“

Niedrigwasserstand in Baden-Baden – Sofortiges Verbot: „Jegliche Entnahme von Wasser aus Fließgewässern und Seen im Stadtkreis untersagt“
Auch in diesem Sommer ist der Wasserstand der Oos so niedrig, dass die Wasserentnahme verboten wurde. :Foto: Archiv

Baden-Baden, 10.07.2023, 14:05 Uhr, Bericht: Redaktion Ein Blick in die Oos zeigt ein recht jämmerliches Bild eines eher kleinen Rinnsals, das im Flussbett des kleinen Baden-Badener Flusses sich seinen Weg sucht. Nun hat die Stadtverwaltung regiert und eine «Allgemeinverfügung zur Beschränkung des Gemeingebrauchs an oberirdischen Gewässern» erlassen.

Ab sofort ist «jegliche Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern (Fließgewässer und Seen) wird im Stadtkreis Baden-Baden – auch in geringen Mengen zum Zweck der Bewässerung und Beregnung – untersagt», heißt es in der öffentlichen Bekanntmachung. Aufgrund der Wettervorhersage würden auch in den nächsten Wochen keine größeren Niederschläge erwartet, die zu einem dauerhaften Wiederanstieg der Wasserstände in den Gewässern führen werden, wird das Verbot begründet.

Allgemeinverfügung zur Beschränkung des Gemeingebrauchs an oberirdischen Gewässern, Öffentliche Bekanntmachung:

Das Fachgebiet Umwelt und Arbeitsschutz der Stadt Baden-Baden als Untere Wasserbehörde erlässt nach §§ 21 Abs. 2 Nr. 1 des Wassergesetzes für Baden-Württemberg (WG) i. V. m. § 35 Satz 2 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) folgende

Allgemeinverfügung:

1. Jegliche Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern (Fließgewässer und Seen) wird im Stadtkreis Baden-Baden - auch in geringen Mengen zum Zweck der Bewässerung und Beregnung - untersagt. Ausgenommen ist lediglich das Tränken von Tieren. Der wasserrechtliche Gemeingebrauch nach § 25 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) i. V. m. § 20 WG wird insofern beschränkt.

2. Diese Allgemeinverfügung gilt für alle oberirdischen Gewässer im Stadtkreis Baden-Baden. Oberirdische Gewässer sind die ständig oder zeitweilig in Betten fließenden oder stehenden oder aus Quellen wild abfließenden Wasser. Im Rahmen der Allgemeinverfügung verboten ist damit auch das Abfüllen oder Ableiten von Wasser aus den Quellen in den Waldgebieten des Stadtgebiets Baden-Baden. Ausgenommen von dieser Allgemeinverfügung sind lediglich die durch Kiesabbau künstlich veränderten oberirdischen Gewässer (Baggerseen).

 

3. Diese Allgemeinverfügung gilt ab dem Tag nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung zunächst bis 31.08.2023. Sollten Trockenheit und Niedrigwasser darüber hinaus andauern, ist eine Verlängerung möglich.

4. Das Fachgebiet für Umwelt und Arbeitsschutz der Stadt Baden-Baden als untere Wasserbehörde kann auf Antrag in begründeten Fällen eine widerrufliche Ausnahme erteilen. Die Ausnahme kann unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden.

5. Die sofortige Vollziehung der Allgemeinverfügung wird angeordnet.

Begründung:

Grundsätzlich ist der Gemeingebrauch, also der Gebrauch der oberirdischen Gewässer zum Baden, Schöpfen mit Handgefäßen, Tränken, Schwemmen und ähnlichen unschädlichen Verrichtungen als Gemeingebrauch gem. §§ 25 WHG, 20 WG jedermann gestattet.

Aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der Ordnung des Wasserhaushalts und des Schutzes der Natur können die Wasserbehörden die Ausübung des Gemeingebrauchs regeln, beschränken oder verbieten (§ 21 Abs. 2 WG). Bei dem zeitlich beschränkten Entnahmeverbot handelt es sich um das geeignete, erforderliche und angemessene Mittel, um eine weitere Verschlechterung des Gewässerzustands zu verhindern.

Durch die Trockenheit und die hohen Temperaturen führen die Fließgewässer und Seen im Stadtgebiet nur noch sehr wenig Wasser. Eine zusätzliche Wasserentnahme im Rahmen des Gemeingebrauchs verschärft die Gefahren einer Beeinträchtigung bzw. Schädigung der Gewässerökologie und bedroht das Überleben der Wassertiere und Pflanzen.

Aufgrund der Wettervorhersage werden auch in den nächsten Wochen keine größeren Niederschläge erwartet, die zu einem dauerhaften Wiederanstieg der Wasserstände in den Gewässern führen werden. Das gewählte Mittel des Entnahmeverbots ist geeignet, da dadurch ein weiteres Absenken der Wasserstände über den witterungsbedingten Niedrigwasserstand hinaus verhindert wird. Das Entnahmeverbot ist auch erforderlich, da in der Vergangenheit bereits wiederholt trotz Niedrigwasser Wasserentnahmen aus Oberflächengewässern mittels Handschöpfgefäßen, aber auch motorbetriebenen Pumpen ungeregelt und unbeschränkt erfolgten. Selbst wenn mitunter die Wasserführung in bestimmten Gewässerabschnitten ausreichend erscheint, dienen diese Bereiche als Rückzugsorte für Wasserlebewesen.

Das Mittel ist zudem angemessen, da es sich um ein zeitlich begrenztes Entnahmeverbot handelt. Das öffentliche Interesse an einem Erhalt der Gewässerökologie ist gegenüber dem Interesse des Einzelnen z.B. am Erhalt seiner Pflanzanlage vorrangig.

Eine Verlängerung des Entnahmeverbots wird ausdrücklich auch über den 31.08.2023 vorbehalten, sofern sich die Wasserstände bis dahin nicht erholt haben und die Wetterprognose eine Erholung nicht erwarten läßt.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolgt gem. § 80 Abs. 2 Ziffer 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im überwiegenden öffentlichen Interesse. Sie soll verhindern, dass durch die Einlegung von Rechtsmitteln die weitere Entnahme von Wasser und dadurch die weitere Verschlechterung der bereits prekären Gewässerzustände bis zu einer abschließenden verwaltungsrechtlichen Klärung ermöglicht wird.

Diese Allgemeinverfügung wird gemäß § 41 Abs. 4 LVwVfG durch öffentliche Bekanntmachung verkündet und tritt am Tag nach Bekanntmachung in Kraft. Der Verwaltungsakt und seine Begründung können bei der unteren Wasserbehörde der Stadt Baden-Baden im Fachgebiet für Umwelt und Arbeitsschutz, Zimmer 312, Briegelackerstraße 8, 76532 Baden-Baden eingesehen werden Die Zuständigkeit der unteren Wasserbehörde für den Erlass der Allgemeinverfügung ergibt sich aus § 82 Abs. 1 i. V. m. § 80 Abs. 2 Nr. 3 WG und § 3 LVwVfG.

Hinweise:

Zuwiderhandlungen gegen diese Allgemeinverfügung stellen nach § 103 Abs. 1 Nr. 1 WHG und § 126 Abs. 1 Nr. 4 WG eine Ordnungswidrigkeit dar, für die ein Bußgeld bis zu einer Höhe von 50.000 EUR verhängt werden kann. Die Einhaltung des Entnahmeverbots wird im Rahmen von Ortsbegehungen stichprobenartig überwacht.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei der Stadtverwaltung in Baden-Baden erhoben werden. Aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung ist die Allgemeinverfügung auch zu befolgen, wenn Widerspruch erhoben wurde. Der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, Nördliche Hildapromenade 1 in 76133 Karlsruhe ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gestellt werden.

Baden-Baden, den 10. Juli 2023

Fachgebiet Umwelt und Arbeitsschutz
Untere Wasserbehörde

Rudolf-Karl Teichmann




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