Streit um Erbe
OB Gerstner zum Sparkassen-Erbschaftsfall - "Als Aufsichtsratsvorsitzender bin ich natürlich informiert" - Deutsche Bank: Zuwendungen ausgeschlossen - Volksbank Baden-Baden/Rastatt: "Nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen"

Bericht: Christian Frietsch
goodnews4-VIDEO-Interview von Nadja Milke mit OB Wolfgang Gerstner
Baden-Baden, 05.08.13, 00:00 Uhr «Ich sehe Grund darüber zu diskutieren, wie man Regeln fasst, die die Unabhängigkeit der Berater sicherstellen», kommentierte Oberbürgermeister Wolfgang Gerstner im goodnews4-VIDEO-Interview den Erbschaftsfall, bei dem ein Berater der Sparkasse Baden-Baden von einer 98jährigen Kundin als Erbe von 856.237 Euro in ihr Testament eingesetzt wurde. «Als Aufsichtsratsvorsitzender bin ich natürlich informiert», und Wolfgang Gerstner berichtete, dass «der Vorstandsvorsitzende Siebert im Rahmen von Besprechungen» die «Erarbeitung von Regeln» ankündigt habe. Das kritische Bewusstsein, das im Laufe der letzten Jahre entstanden sei, habe seine Gründe, so OB Gerstner weiter. Wer die Geschichte sehe «weiß auch, dass die Deutsche Bank diese Regeln nicht umsonst aufgegriffen hat». Gegenüber goodnews4 hatte Christoph Blumenthal, Sprecher der Deutschen Bank, Frankfurt, folgende Erklärung zum Verhalten der größten deutschen Bank in vergleichbaren Fällen abgegeben:
«Die Bank legt größten Wert auf die Wahrung der Unabhängigkeit ihrer Mitarbeiter. Daher ist es dem Mitarbeiter nicht gestattet, von Personen, mit denen er dienstlich in Berührung kommt, Geschenke, Darlehen, Provisionen oder Vergünstigungen anderer Art zu fordern, anzunehmen oder sich unwidersprochen in Aussicht stellen zu lassen.» Die Commerzbank äußerte sich ähnlich und verwies auf öffentlich zugängliche Regeln des Bankhauses. «Wir haben klare Regeln für unsere Mitarbeiter, die Annahme von Zuwendungen und Geschenken ist nur in einem sehr engen Rahmen zulässig», sagte ein Sprecher der Commerzbank. Auch bei dem wichtigsten Wettbewerber der Sparkasse Baden-Baden Gaggenau gilt es ein definiertes Limit. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es: «Bei der Volksbank Baden-Baden/Rastatt ist in einer für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbindlichen Regelung klar festgelegt: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Volksbank dürfen sich bei ihrer Tätigkeit nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Sie dürfen deshalb von Personen, mit denen sie dienstlich zu tun haben, Geschenke, sonstige Vorteile oder Gefälligkeiten weder fordern noch annehmen. Ausgenommen bleiben kleinere Aufmerksamkeiten des täglichen Lebens bis zu einem Wert von 25 Euro.»
Die von goodnews4Baden-Baden angefragten Vertreter der Sparkassenverbände in Berlin und Stuttgart erklärten übereinstimmend, dass die Entscheidungen wie bei dem vorliegenden Fall allein in der Zuständigkeit der Sparkassen liege, da diese als Körperschaften des öffentlichen Rechts selbständig seien. Offenbar gab es aber seitens der Sparkasse Baden-Baden Gaggenau eine Abstimmung mit dem Verband. Gegenüber goodnews4Baden-Baden hatte Michael Borchard, Rechtsanwalt des durch das Testament begünstigten Sparkassenmitarbeiters, schriftlich erklärt: «Nach Abklärung der Rechtslage mit der dafür zuständigen Rechtsabteilung des Sparkassenverbandes erhielt mein Mandant schriftlich durch seinen Dienstherren die Aussage, dass gegen die Zuwendung keine Bedenken bestünden.»
Die Erbschaft kam für die Sparkasse und deren Mitarbeiter nicht überraschend: «Mein Mandant ist im Jahr 2007 von der Erblasserin darüber informiert worden, dass diese gedenke, ihn im Erbfall mit einer Zuwendung zu bedenken», heißt es in der Stellungnahme des Rechtsanwaltes weiter. Eigentlich ausreichend Zeit, um über das Konfliktpotential des heiklen Geldsegens nachzudenken.
Auch eine ärztliche Einschätzung sollte nachdenklich stimmen, dort heißt es unter anderem: «Auf Grund der Aufzeichnungen gehe ich bei Frau A. von einer mittelschweren Demenz aus. Laut meiner Aufzeichnungen war sie auch sehr suggestibel, sodass in Kombination mit der Demenz zumindest von einer eingeschränkten Geschäftstätigkeit ausgegangen werden kann», so die Stellungnahme eines betreuenden Arztes für Neurologie und Psychiatrie. Ein Notar aus Bühl soll die Aufnahme eines Testaments abgelehnt haben, da er die alte Dame für nicht testierfähig gehalten haben soll. Am 28. Oktober 2010 hatte die alte Dame das Testament dann doch in Baden-Baden erstellt, am 17. Januar 2011 wurde sie 99 Jahre alt. Am 25. Februar 2011 verstarb sie an den Folgen eines Sturzes. Die gesetzlichen Erben hatten das Erbe angefochten und versuchen sich derzeit offenbar gütlich mit dem Haupterben über die Verteilung der 856.237 Euro zu einigen.
goodnews4-VIDEO-Interview von Nadja Milke mit OB Wolfgang Gerstner







