Aus dem Festspielhaus Baden-Baden

1.000 Jugendliche im Festspielhaus – Niederländisches Nationalballett mit Ballettabend aus zwei Klassikern der Moderne und einem brandneuen Stück

1.000 Jugendliche im Festspielhaus – Niederländisches Nationalballett mit Ballettabend aus zwei Klassikern der Moderne und einem brandneuen Stück
Das Niederländische Nationalballett bringt einen Ballettabend ins Festspielhaus. Foto: Hans Gerritsen

Baden-Baden, 05.06.2019, Bericht: Rathaus Das Niederländische Nationalballett bringt einen Ballettabend aus zwei Klassikern der Moderne und einem brandneuen, bereits preisverdächtigen Stück ins Festspielhaus.

Am 22. Juni, 18 Uhr und 23. Juni, 17 Uhr, zeigt Het Nationale Ballet Choreographien von Hans van Manen, Wayne McGregor und Juanjo Arqués. Zum dm-Tanz-Event werden am Sonntag rund 1000 Jugendliche und Kinder im Festspielhaus erwartet.

Als Altmeister des modernen europäischen Tanzes ist Hans van Manen dem Nationalballett seines Heimatlandes seit Jahrzehnten verbunden. Sein «Kleines Requiem» entstand 1996 und wurde mittlerweile von zahlreichen Kompanien weltweit ins Repertoire übernommen. Die Musik war damals brandneu, heute ist Henryk Góreckis «Kleines Requiem für eine Polka» eines der berühmtesten Werke des 2010 verstorbenen polnischen Komponisten. Zu der düster-feierlichen, von Glockenklängen durchbebten Musik zeigt van Manen Passanten und Unbekannte, flüchtige Begegnungen und einen Einzelnen, der inmitten der Paare immer alleine bleibt. Das Suchen und Auseinandergehen wird in der Polka des Mittelteils grotesk durchgeschüttelt, bevor das Stück mit einem Männer-Pas-de-deux voll dunkler Spannung endet. Van Manens klarer und eleganter, immer ein wenig melancholischer Stil hat die Ästhetik der Kompanie geprägt, die Tänzer sind in seiner Sprache zuhause und interpretieren sie wie kein zweites Ensemble.

Mit «Chroma» wurde Wayne McGregor im Jahr 2006 zum Hauschoreographen des Londoner Royal Ballet ernannt, als erster Tanzschöpfer ohne klassische Ballettausbildung, was damals großes Aufsehen erregte. Heute ist er einer der wichtigsten Choreografen unserer Zeit und bringt mit seinem Interesse an Neuro- und Computerwissenschaften, Genetik und Robotik völlig neue Aspekte in die Tanzwelt. Zu einer dramatischen, groß orchestrierten Musik von Jody Talbot, die neben Jazz und kammermusikalischer Lyrik auch drei Songs der Rockband «The White Stripes» verarbeitet, variiert McGregor das klassische Vokabular in eine rasante, manchmal harte und immer überraschende Moderne aus kantigen Winkeln, starken Linien und pulsierender Dynamik. Das sparsame Bühnenbild des Architekten John Pawson tönt lichte Flächen und Rechtecke in hellen Farben. «Chroma» zeigt eindrucksvoll den Überraschungseffekt des staunenswerten Aufbruchs in die Moderne.

Das jüngste Stück «Ignite» stammt vom Spanier Juanjo Arqués, einem früheren Tänzer der Kompanie, der seit zwei Jahren als «Young Creative Associate» fest an die Kompanie gebunden ist und als eine der aufstrebenden Entdeckungen von Ballettdirektor Ted Brandsen gilt. «Ignite» − «Entzünden» − entstand 2018 als Koproduktion mit dem Birmingham Royal Ballet und wurde von einem bekannten Bild des britischen Malers William Turner inspiriert: «Der Brand des Ober- und Unterhauses in London» zeigt eine riesige Feuersbrunst am anderen Ufer der Themse. Zur der musikalischen Auftragskomposition der Britin Kate Whitley ließ sich Arqués dabei vor allem von den glühenden Farben des Gemäldes inspirieren. Er überträgt gemeinsam mit seiner Ausstatterin Tatyana van Walsum das Rot und Orange Feuersbrunst, der brennenden Luft auf die Bühne und zeigt sie als Boten einer riesigen Katastrophe, als Zeichen der menschlichen Vergänglichkeit. Das Stück wurde für den Prix Benois 2019 nominiert.

Het Nationale Ballet, was übersetzt einfach «Das Nationalballett» heißt, ist vergleichsweise jung, es wurde 1961 als Zusammenschluss zweier kleinerer Ensembles gegründet und ist heute die einzige klassische Ballettkompanie unseres stark am modernen Tanz orientierten Nachbarlandes. Sein Repertoire umfasst die großen Handlungsballette wie «Schwanensee», die Neoklassik und die Moderne, regelmäßig werden auch neue Kreationen in Auftrag gegeben. Gemeinsam mit der Niederländischen Nationaloper residiert die Kompanie im Muziektheater Amsterdam, seit 2003 wird sie vom Holländer Ted Brandsen geleitet. Ihre wichtigsten, stilprägenden Choreographen sind und waren Rudi van Dantzig, Toer van Schayk und der Altmeister Hans van Manen, der bis heute dort Hauschoreograph ist und alljährlich neue Werke für «Het» kreiert, wie die Kompanie im internationalen Ballettjargon meist abgekürzt wird. Seit 2013 gibt es auch eine Junior Company, in der zum Beispiel Michaela de Prince ihre Karriere begann, das Waisenkind aus Sierra Leone, die als eine der Protagonistinnen des Films «First Position» weltbekannt wurde. Die New York Times zählt Het Nationale Ballet zu den fünf besten Ballettkompanien der Welt. Rund um die Vorstellung am Sonntag, 25. Juni, gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm: Das Festspielhaus ist bereits ab 15.30 Uhr geöffnet und lokale Tanz- und Ballettschulen zeigen in den Foyers ihr Können. Um 16 Uhr gibt es eine besondere Einführung und nach der Vorstellung signieren die Künstlerinnen und Künstler des Het Nationale Ballet.

Weitere Informationen: www.festspielhaus.de. Informationen und Eintrittskarten: Telefon 07221 / 30 13 101.


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