Aus dem Festspielhaus Baden-Baden

Am Nikolaustag ein außergewöhnliches Weihnachtswerk in Baden-Baden – Barockmusik dirigiert von Andrea Marcon und La Cetra

Am Nikolaustag ein außergewöhnliches Weihnachtswerk in Baden-Baden – Barockmusik dirigiert von Andrea Marcon und La Cetra
La Cetra Barockorchester Basel. Foto: Martin Chiang

Baden-Baden, 28.11.2024, Bericht: Redaktion Am Nikolaustag wird ein außergewöhnliches Weihnachtswerk zu erleben sein, teilt das Festspielhaus mit.

Andrea Macron habe gemeinsam mit dem La Cetra Barockorchester und Vokalensemble Basel eine Vesper zusammengestellt wie sie, so Marcon, «in einer feierlichen Liturgie der Weihnachtszeit zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Venedig unter der Leitung von Claudio Monteverdi geklungen haben könnte».

Die weitere Mitteilung aus dem Festspielhaus vom 27. November 2024 im Wortlaut:

Im Festspielhaus-Konzert am 6. Dezember, 20 Uhr, fügen sich geistliche Werke aus Monteverdis eigener Feder mit solchen seiner Zeitgenossen. Andrea Marcon und seine Spezialensembles kombinieren in einer stimmigen Rekonstruktion freudigen Gesang und farbenfroher Instrumentierung zu einem barocken Fest.

Als Kapellmeister am Dom zu San Marco in Venedig war der Renaissance-Komponist Claudio Monteverdi (schon zu Lebzeiten «il divino», der Göttliche, genannt) für die prachtvolle musikalische Gestaltung der Gottesdienste zuständig. Der Komponist verwandelte den Dom in eine Klanglandschaft und Klangbäder in tausendfachen Echos berauschten die Gläubigen. «Barocke Überwältigungsästhetik» ist nur eine schwache Umschreibung der Wirkung. Die Schönheit und Komplexität der im Festspielhaus aufgeführten Werke mag einen Eindruck von der Herrlichkeit vermitteln, mit welcher die Gottesdienste im damaligen Venedig unter großem Aufwand begangen wurden.

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Der Aufwand, den die Weihnachtsfeierlichkeiten in San Marco erforderten, war besonders groß. Der Kapellmeister musste eine neue mehrchörige Messe komponieren sowie zahlreiche Werke für die feierlichen Vespern am Heiligen Abend im Markusdom, am Weihnachtstag in der Kirche S. Giorgio Maggiore und für weitere Anlässe der Weihnachtsliturgie bereitstellen. Neben den festangestellten Musici der Kapelle des Dogen nahmen auch berühmte Solisten, die zur Eröffnung der neuen Opernsaison in Venedig waren, sowie weitere Sänger und Instrumentalisten an diesen prunkvollen Feierlichkeiten teil.

Da Monteverdis Notenschriften verschollen sind, hat der originalkundige Andrea Marcon eine eigene Vesper zusammengestellt. Seine Rekonstruktion kombiniert Werke aus verschiedenen Sammeldrucken Claudio Monteverdis mit Werken von Komponisten seiner Zeit zu einer Vesper, wie sie in Venedig während der langen Wirkungszeit Monteverdis als ‚maestro di cappella‘ am Markusdom (er bekleidete dieses Amt von August 1613 bis zu seinem Tod am 29. November 1643) erklungen sein könnte. Marcons «Weihnachtsvesper» behält die liturgische Struktur von Responsorium, fünf Psalmen, Hymnus und Magnificat bei. Marcon verwendet das Responsorium («Domine ad adiuvandum») aus der Vesper von 1610, ergänzt um Werke aus Monteverdis «Selva morale et sprituale» von 1641, das beliebte Beatus vir, Psalmen, ein weniger bekanntes Laudate pueri und ein Laudate Dominum. Für viele der dazwischen liegenden Stücke zieht er zudem andere venezianische Komponisten heran. So erklingen etwa zwei köstliche Duo-Motetten von Alessandro Grandi, Ensemblesonaten von Gabrieli und Francesco Usper und ein wunderschönes, ehrfürchtiges «Hodie Christus natus est» für Alt und zwei Violinen von Giovanni Valentini.

Andrea Marcon ist einer der renommiertesten Musiker und Spezialisten auf dem Gebiet der Alten Musik und der Klassik. In den achtziger Jahren studierte der Organist, Cembalist und Dirigent aus Treviso an der Schola Cantorum in Basel, wo er von Koryphäen wie Jean-Claude Zehnder, Jesper Christensen und Jordi Savall unterrichtet wurde. Dann zog er in die Welt, gewann Preise in Brügge, Innsbruck oder auch Bologna und machte sich als Kopf des Venice Baroque Orchestra einen Namen als Spezialist für Vivaldi, Bach und Händel. Zahlreiche preisgekrönte Aufnahmen dokumentieren das reiche Repertoire, mit dem er sich bis heute beschäftigt. Darüber hinaus gibt er sein Wissen an Studentinnen und Studenten zahlreicher Konservatorien und Universitäten in aller Welt weiter, so auch als Professor für Cembalo und Orgel an seiner Alma Mater, der Schola Cantorum Basiliensis. Seit 2009 ist Andrea Marcon künstlerischer Leiter des La Cetra Barockorchester & Vokalensemble, mit dem er zuletzt 2018 im Festspielhaus gastierte.

Der Name des La Cetra Barockorchester und Vokalensemble Basel ist Antonio Vivaldis Violinkonzert op. 9 La Cetra – die Leier – entlehnt. Er steht für das Kernrepertoire des Orchesters, der italienischen Instrumentalmusik des 18. Jahrhunderts. Neben konzertanten Opern, Werken der italienischen Renaissance- und Barockmusik und der Wiederentdeckung von unbekannten Meisterwerken ist La Cetra mit seinem zugehörigen Vokalensemble prädestiniert für die Aufführung großer Werke für Chor und Orchester von der Renaissance bis zur Klassik und gehört zu den führenden Barockorchestern der Welt. Ausdrückliches Credo von La Cetra ist, dass wissenschaftliche Hintergrundarbeit, intensive Auseinandersetzung mit historischem Instrumentarium, Aufführungspraxis und geschichtlichem Umfeld der gespielten Werke letztlich immer nur einem einzigen Zweck dienen: sogenannte Alte Musik für Menschen von heute hautnah erfahrbar zu machen – in lebendigen, packenden, aktuellen Interpretationen.




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