Vortragsreihe
Baden-Badener Schulgeschichte des Gymnasiums Hohenbaden – Teil V: Julius Stern, Schüler und Lehrer am Hoba, Opfer der Shoa

Baden-Baden, 06.03.2023, Bericht: Redaktion Zum fünften Mal findet am Donnerstag, 16. März, die Vortragsreihe zur Geschichte des Gymnasiums Hohenbaden statt.
In Zusammenhang mit diesem Zeitabschnitt steht auch die Deportation und Ermordung von Baden-Badenern jüdischen Glaubens. Französische Schüler und Lehrer haben das Schicksal der Familie Wolf in einer Ausstellung dokumentiert, die in virtueller Form in goodnews4.de zu sehen ist.
Der fünfte Teil der Vortragsreihe am Hohenbaden widmet sich Julius Stern, Schüler und Lehrer am Hohenbaden. Die Mitteilung von Reinhard Bode, Lehrer für Griechisch und Latein am Gymnasium Hohenbaden, im Wortlaut:
Im Februar-Vortrag widmete sich der Historiker Mark Willock den Jahren des Ersten Weltkrieges, der Revolution 1918/1919 und der Weimarer Republik. Astrid Kuck, Historikerin und Mutter eines Hoba-Schülers, verfolgt nun den Lebensweg von Julius Stern, Lehrer am Hohenbaden und Opfer der Shoa. Um der drohenden Deportation zu entgehen, wählte er 1942 gemeinsam mit seiner Frau den Freitod.
Wer heute in Baden-Baden nach Julius Stern sucht, stolpert in der Hardäckerstraße 12 über ihn und seine Ehefrau Berta. Auf den 2009 vor dem ehemaligen Wohnhaus des Ehepaares verlegten Stolpersteinen finden sich neben den Lebensdaten der beiden der Hinweis: «Gedemütigt/Entrechtet. Flucht in den Tod 17.8.1942». Doch wer war dieser Mann, wer war seine Frau Berta? Was passierte 1942?
Sie entstammten beide jüdischen Familien und kamen 1904 nach Baden-Baden, wo der studierte Philologe Julius Stern eine Stelle als Gymnasialprofessor am Großherzoglichen Gymnasium Baden, dem heutigen Gymnasium Hohenbaden, erhielt. Er unterrichtete Griechisch, Latein, Deutsch, Geschichte und Philosophische Propädeutik. Privat folgte das Ehepaar Stern intensiv seinen literarischen und kulturellen Interessen. Sie veröffentlichten Aufsätze und Gedichte über die klassischen deutschen Dichter und Themen der Religion und Ethik, sie waren gern gesehene Gäste bei Vorträgen und Diskussionsrunden. Die Sterns waren geachtete und im kulturellen Leben unserer Stadt tief verwurzelte Menschen. 1931 trat Stern in den Ruhestand. Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, begann die Welt des Ehepaars Stern nach und nach zu zerbröckeln. Die Ausgrenzung, Entrechtung und Demütigung jüdischer Bürger nahm von Jahr zu Jahr zu. 1938 brannten in der Reichspogromnacht die Synagogen – auch die in Baden-Baden. Im Oktober 1940 kam es zu einer ersten groß angelegten Deportation von Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland. Noch blieben die Sterns verschont. Auf der Deportationsliste für den 22. August 1942 tauchten ihre Namen jedoch auf. Julius Stern war zu diesem Zeitpunkt 77 Jahre alt, seine Ehefrau Berta 64 Jahre. Was in den beiden vorging, wissen wir nicht. Fakt ist, dass sie beschlossen, am 17. August 1942 gemeinsam in den Tod zu gehen.
Anhand von z.T. erst jüngst wiederentdeckten Dokumenten, Fotos, Briefen und Tagebucheinträgen aus dem Schularchiv des Gymnasiums, dem Stadtarchiv Baden-Baden, dem Generallandesarchiv Karlsruhe und dem Leo Baeck Institute versucht der Vortrag, dem Menschen Julius Stern eine Stimme und einen Platz in der Geschichte Baden-Badens zu geben. Zugleich entwirft er ein vielschichtiges Bild eines Kurortes im Südwesten Deutschlands, in dem sich die Ereignisse der «großen Politik» der Jahre 1933 bis 1945 wie unter einem Brennglas eindrucksvoll abzeichnen.
Der Vortrag findet statt am Donnerstag, den 16. März in der Aula des Gymnasiums Hohenbaden, Leo-Wohleb-Weg 1. Der Vortrag beginnt 19.00 Uhr, ab 18.30 Uhr und nach dem Vortrag ist die kleine Ausstellung zur Besichtigung frei.
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