Städtepartnerschaftsverein in Prag und Karlovy Vary

Bürgerreise nach Karlsbad – Traurige Eindrücke der Badeärztin Tilemann nach Rückkehr in Baden-Baden

Bürgerreise nach Karlsbad – Traurige Eindrücke der Badeärztin Tilemann nach Rückkehr in Baden-Baden
Die Reisegruppe aus Baden-Baden vor dem Kaiserbad. Foto: Jitka Hradílková

Baden-Baden, 11.06.2025, Bericht: Redaktion Eine «Bürgerreise» des Städtepartnerschaftsvereins Baden-Baden nach Prag und in die Partnerstadt Karlovy Vary nimmt die Baden-Badener Badeärztin I.J. Tilemann zum Anlass, über die Reise zu berichten.

Die Ärztin ist auch Vorsitzende des Badeärztlichen Vereins Baden-Baden e.V. und schlägt in ihrem Bericht einen Bogen zu dem Zustand der Kurstadt Baden-Baden. Sie beschreibt die Situation um die berühmte Baden-Badener Trinkhalle, die sie nach ihrer Rückkehr besuchte: «Ein paar Partybänke und Tische zur Unterhaltung der Kinder mit Basteleien und Verkleiden: zwei Kinder und ein Elternteil hatten Platz genommen, weiter vorn im Gang der Trinkhalle lief noch ein Paar, ansonsten gähnende Leere.»

Zuletzt hatte die städtische Tochter Kur und Tourismus GmbH mit Unterstützung des Baden-Badener Rathauses beschlossen, das Wort «Kur» aus ihrem Namen zu streichen. Die Bedeutung Baden-Badens als Kurstadt des 19. Jahrhunderts ist eigentlich Grundlage des UNESCO-Welterbetitels.

 

Der Bericht der Ärztin Irmgard Tilemann vom 10. Juni 2025 im Wortlaut:

24. bis 30. Mai 2025

Impressionen von Karlsbad und Baden-Baden, gesehen mit den Augen einer Baden-Badener Badeärztin

Die Reise war durch Monika Probst perfekt vorbereitet und organisiert. Durch die fürsorgliche und engagierte Begleitung des Busführers und privater Hilfen fühlte man sich gut aufgehoben in familiärer Atmosphäre.

In Karlsbad begleitete uns Jitka Hradilkova, eine erfahrene und engagierte einheimische Reiseführerin.

Am ersten Abend wurden wir im Restaurant von der Oberbürgermeisterin und den zwei Bürgermeistern begrüßt. Ebenso waren Karlsbader Künstler anwesend, die im Oktober in Baden-Baden eine Ausstellung ihrer Werke im Alten Dampfbad organisieren werden.

Bei der Erkundung der Stadt mit der Touristenbahn erfuhren wir, dass Karlsbad etwas unter 50.000 Einwohner hat. Das Flüsschen Tepla rinnt entlang des im Tal verlaufenden Zentrums und der Kuranlagen. Es finden sich prächtige Stadthausfassaden aus dem 19. und 20. Jahrhundert entlang der Geschäftsstraßen, eindrucksvolle Villenviertel am Hang und imponierende Grand-Hotels. Wir konnten auch Pferdekutschen mit ihren Gästen bewundern. Die Fußgängerzonen waren gefüllt mit entspannt schlendernden Menschen. Die Geschäfte lockten mit einem vielfältigen und interessanten Angebot, Leerstände waren nicht sichtbar. Die Restaurants und Cafés mit hervorragender Küche und Backstube waren auch wochentags gut besucht. Die Gäste und/oder Einwohner von Karlsbad spazierten auch entlang der Kurzone durch die Sprudelkolonnaden und kosteten das Thermalwasser. Auf die Frage, ob in diesem Wasser kein Arsen vorhanden sei, wurde pragmatisch geantwortet: «Wasser aus großen Erdtiefen enthält fast alle vorkommenden Mineralien, fast immer auch Arsen, es sei auch im Karlsbader Wasser, aber nur wenig und unter dem Grenzwert vorhanden.» Als schlimmere Gefahr wurde das Trinken aus Plastikgefäßen dargestellt, da das heiße Wasser die enthaltenen Weichmacher und andere schädliche Stoffe aus dem Plastik löse. Deshalb sollte das Wasser besser aus den überall zu erwerbenden Porzellankannen getrunken werden.

Den großen und auch kleineren Hotels wird zum Teil Thermalwasser zugeleitet. Sie verfügen über Behandlungszentren für Anwendungen mit Thermalwasser. Diese Therapien werden nur nach Untersuchung und Beratung durch einen Badearzt durchgeführt. Dies ist wichtig, damit die Kur erfolgreich verläuft die Kurenden keinen Schaden erleiden. Dadurch könnte dem Ruf der Stadt Schaden zugefügt werden.

Erwähnenswert ist auch die Einrichtung eines Forschungzentrums für Spa und Balneologie in Karlsbad im Jahr 2019. Dieses wird auch durch die Stadt gefördert. Das Forschungszentrum kann schon nach kurzer Zeit beachtliche Erfolge in Forschung, Ausbildung und wirtschaftlicher Effizienz nachweisen. Interessierte können sich auf www.i-lab.cz informieren.

Es wurde berichtet, dass der Titel «Unesco Welterbe» und Marketingaktivitäten der Stadt und der Regionalen Agentur Living Land zu einem deutlichen Anstieg der Übernachtungszahlen führte. Im Vergleich zu 2019 (Vor-Corona) mit 2023 kamen 23 Prozent (444.938 gegen 547.410 absolut) Gäste mehr in die Stadt als zuvor, im Jahr 2024 nochmals 7,3 Prozent mehr (547.410 insgesamt) als 2023 über alle Kategorien. Diese verweilen allerdings kürzer als früher, zur Zeit im Schnitt vier Tage.

Das in der Substanz alte Krankenhaus der Stadt wurde seit dem 20. Jahrhundert immer wieder modernisiert und ertüchtigt. Es liegt am Stadtrand an einem Hang, mit Blick über das Tal. Das größte Problem sei zur Zeit der Personalmangel. Es arbeiten dort mehrere ukrainische Ärzte. Bei einem notwendigen Besuch der Notaufnahme wurde nach etwa 15 Minuten Wartezeit kompetent untersucht, behandelt und aufgeklärt. Atmosphäre und Ausstattung waren einfach, aber unaufgeregt und effektiv.

Im gemütlichen Restaurant «Zum Schimmel» an der Pferderennbahn wurde uns eine hervorragende Mahlzeit serviert. Zu Entenkeule mit Rotkraut und verschiedenen Arten Knödel durfte das heimische Bier nicht fehlen. Leider fanden zu dieser Zeit keine Pferderennen statt.

Karlsbad besitzt ein eigenes Philharmonieorchester. Zum Abschluss des Besuchs der Partnerstadt durften wir ein Konzert mit Werken von Brahms und Beethoven erleben. An diesem Donnerstagabend war das Haus bis auf den letzten Platz besetzt. Wir mussten unser traditionelles Hotel verlassen: in der nächsten Woche sollte ein internationaler Kongress der Gynäkologie stattfinden.

Wieder zu Hause in Baden-Baden: zwei Tage später sollte ein Fest zum UNESCO Welterbe gefeiert werden. Dies sollte sich insbesondere auf die Bedeutung der Trinkhalle konzentrieren. Das wollte und musste ich nach dem Besuch in Karlsbad auch erleben, besonders an diesem angenehmen sonnigen Sonntagnachmittag!

Im Sonderbus vom Bahnhof in die Stadtmitte: mit mir inklusive zwei Fahrgästen. In der Trinkhalle: ein paar Partybänke und Tische zur Unterhaltung der Kinder mit Basteleien und Verkleiden: zwei Kinder und ein Elternteil hatten Platz genommen, weiter vorn im Gang der Trinkhalle lief noch ein Paar, ansonsten gähnende Leere. Am Thermalwasserbrunnen nur das bekannte Verbotsschild «kein Trinkwasser», kein Hinweis darauf, dass dies Thermalwasser ist oder irgendwelche andere Erklärungen; ansonsten im Raum des Trinkbrunnens eine gewerbliche Fotoausstellung mit Bildern von Baden-Baden. Toiletten verschlossen. Andere kurörtliche Einrichtungen, z.B. das Friedrichsbad, waren nicht am Festtag beteiligt.

Weiter durch die Stadt: Ruhe und Leere in den Straßen und Cafés bildeten einen unerwartet starken Kontrast zu Karlsbad, der mich erschreckte! Die Fahrt nach Baden-Baden zum Fest des Weltkulturerbes: ein überflüssiger Ausflug!

Baden-Baden, wie willst Du so Deine Einnahmen erhöhen?

Bei der sachlichen Kontrolle meines Artikels bat die Karlsbader Reisebegleiterin, Frau Jitka Hradilkova, nicht so kritisch mit Baden-Baden zu sein. Die Karlsbader Bürger freuen sich über den Austausch mit ihrer deutschen Partnerstadt.

Die Mitteilung aus dem Rathaus Baden-Baden vom 10. Juni 2025 im Wortlaut:

Vom 24. bis 30. Mai erlebten 43 Bürgerinnen und Bürger aus Baden-Baden eine unvergessliche Reise in die Partnerstadt Karlovy Vary (Karlsbad) und die historische Hauptstadt Prag – eine Reise, die mehr war als nur eine Städtebesichtigung. Unter der Reiseleitung von Monika und Mathias Probst tauchte die Gruppe tief in die Geschichte und Kultur Tschechiens ein. Drei intensive Tage verbrachten die Teilnehmer in Prag, wo sie das jüdische Altstadtviertel Josefov mit dem ortskundigen Experten Jiří Podlipný erkundeten und die Prager Burg mit ihren beeindruckenden Bauwerken besichtigten. Der Blick vom Wentzelspalast über die «Goldene Stadt» wurde zu einem unvergesslichen Moment.

Ein Höhepunkt wartete in Karlovy Vary: ein Porzellan-Workshop mit der Künstlerin Lenka Maliska-Sarova, bei dem jeder Teilnehmer seine eigene Erinnerungstasse gestaltete. Die herzliche Begegnung mit Oberbürgermeisterin Andrea Pfeffer-Ferklova und städtischen Vertretern Martin Dusek und Lubomir Kovars unterstrichen den Geist der Partnerschaft. Historische und kulturelle Entdeckungen wechselten sich ab: Der jüdische Friedhof, erzählt durch Pavel Rubin, ehemaliger Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, die Führung durch die Kurzone und das abendliche Konzert des Karlsbader Sinfonieorchesters im neuen Konzertsaal des Kaiserbads bildeten weitere Highlights dieser Reise.

Die Bürgerreise war mehr als Tourismus – sie war gelebte Völkerverständigung, Austausch und das Knüpfen persönlicher Verbindungen zwischen zwei Partnerstädten. Jeder Teilnehmer kehrte mit wertvollen Eindrücken, neuen Freundschaften und einem tieferen Verständnis für die tschechische Kultur nach Baden-Baden zurück.




Zurück zur Startseite und zu den weiteren aktuellen Meldungen.