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Ein Gedicht zum Wochenende – „Grodek“ von Georg Trakl

Ein Gedicht zum Wochenende – „Grodek“ von Georg Trakl
Georg Trakl. Foto: Public domain, via Wikimedia Commons

Baden-Baden, 14.10.2023, Bericht: Redaktion Diese kleine goodnews4-Serie hilft vielleicht zu erkennen, dass nichts so flüchtig ist wie die tägliche Nachricht.

Ein kleines Gedicht zur Inspiration, vielleicht auch zum Sinnieren und gelegentlich auch zum Schmunzeln. Ausgesucht von Christian Frietsch.

Grodek

Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tödlichen Waffen, die goldenen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düster hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt
Das vergossne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.

 

Unter goldnem Gezweig der Nacht
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunklen Farben des Herbstes.
O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre,
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel.

Georg Trakl

Österreichischer Dichter

Geboren: 3. Februar 1887, Salzburg, Österreich
Gestorben: 3. November 1914, Krakau, Polen

Das Gedicht bezieht sich auf die Schlacht bei Grodek in der Ukraine vom 7. September 1914, in der sich russische und österreichische Truppen einen erbitterten Kampf lieferten. Die Schlacht endete mit einer verheerenden Niederlage der Österreicher.




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