Aus dem Festspielhaus Baden-Baden

Gäste aus San Franzisco in Baden-Baden – Alonso King LINES Ballet im Festspielhaus

Gäste aus San Franzisco in Baden-Baden – Alonso King LINES Ballet im Festspielhaus
Das Alonzo King LINES Ballet aus San Francisco. Foto: Chris Hardy

Baden-Baden, 20.02.2019, Bericht: Festspielhaus Schöne Linienführung, als elementarstes Prinzip des klassischen Balletts und zeitgenössische Ausdruckskraft vereint das Alonzo King LINES Ballet aus San Francisco. Der Ballettabend ist am Samstag, 2. März 2019, 18 Uhr und Sonntag 2019, 3. März, um 19 Uhr im Festspielhaus Baden- Baden zu erleben.

Modernes Ballett, das genauso der schönen Linie wie der zeitgenössischen Ausdruckskraft huldigt − das Alonzo King LINES Ballet trägt die Linie schon im Namen, nach fünf Jahren kehrt die traditionsreiche Kompanie aus San Francisco am 2. und 3. März 2019 ins Festspielhaus Baden-Baden zurück. Mit einer ganz eigenen Sprache aus Ballett und Modern Dance versteht Alonzo King die gerade Linie philosophisch, als ein Grundprinzip der Natur, er glaubt an die schönen Proportionen des Körpers. Wie überall in den USA ist auch sein Fixpunkt George Balanchine, dessen amerikanische Neoklassik der Choreograf und Kompaniedirektor aber mit einer Inspiration auflädt, die sehr oft aus der „Alten Welt“ stammt, aus Europa oder dem Orient, sei es als Musik, als Philosophie oder in alten Geschichten.

«Gedankenstrukturen» nennt der 1952 geborene King seine Stücke, William Forsythe bezeichnete ihn einmal als «einen der wenigen wahren Meister des zeitgenössischen Balletts». Alonzo King stammt aus einer Familie von Bürgerrechtlern, 1982 gründete er seine eigene Kompanie in San Francisco. Sie residiert in einem großen Tanzzentrum, wo auch Workshops und pädagogische Programme für Kinder und Jugendliche angeboten werden. Alonzo King studierte an der von George Balanchine gegründeten School of American Ballet in New York, seine Ästhetik wurde in seiner Zeit als Tänzer beim Alvin Ailey American Dance Theater oder dem American Ballet Theatre geprägt. Die physische Seite des Tanzes ist für ihn nur der Ausgangspunkt − anders als Balanchine geht es King nicht um die schöne Abstraktion, sondern er lotet die emotionalen Tiefen aus, regt die Gedanken an. Seine geschmeidige und aus sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten bestehende Kompanie besitzt die typischen Qualitäten amerikanischer Tänzer: starke, virtuose Körper und unendliche Energie. Ihr Choreograf aber lädt den Tanz mit einer höheren Motivation auf als der puren athletischen Bewegung, er will denkende, reflektierende, sensible Künstler.

Nach Baden-Baden bringt die Kompanie zwei Ballette, in denen Alonzo King die Verbindung zwischen Sprache und Tanz erkundet. «Figures of Speech», zu Deutsch eigentlich «Redewendungen», entstand im Mai 2017 und erforscht die Kraft untergehender Sprachen. Die Klanglandschaft entwarf der Dichter Bob Holman, ein Pionier des Poetry Slam und Aktivist auf dem Gebiet der verlorenen Sprachen. Aus seiner Sammlung von Gedichten und Lieder eingeborener Völker speist sich der atmosphärische Klang, zu dem hier getanzt wird. Wir hören menschliche Stimmen aus den entlegensten Ecken der Welt, verlorene Sprachen aus Hawaii, Japan, Chile oder von Indianern. Fast die Hälfte aller 7000 Sprachen der Erde droht bis zum Ende unseres Jahrhunderts durch Genozid, Rassismus, Assimilation oder die Globalisierung unterzugehen. Alonzo Kings Tänzer hören auf diese verlorenen Worte, sie scheinen mit ihren Körpern alles verstehen zu können und übersetzen den Inhalt für uns. Sie bewegen sich direkt zum Rhythmus der Worte, beklagen schmerzgebeugt deren Verschwinden und suchen einen Ausweg aus der Uniformität der heutigen Welt. Auch die Projektionen des Bühnenbilds weisen auf die Flüchtigkeit alles menschlichen Wirkens hin.

«Art Songs» entstand im November 2016 zu Arien und Liedern von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel, Henry Purcell und Robert Schumann. Genau wie in San Francisco, wo das Ballett aus der engen Zusammenarbeit mit einer Opernsängerin hervorging, wird auch im Festspielhaus live musiziert, die Mezzosopranistin Marion Eckstein − sie stand zuletzt im vergangenen November mit dem Balthasar Neumann Ensemble unter Thomas Hengelbrock auf der Festspielhaus-Bühne − singt mit «Erbarme dich», «Stille Tränen» oder «Dido’s Lament» melancholische Weisen, begleitet von Lisa Immer auf der Violine und Stefan Leihenseder am Klavier. Für Alonzo King sind diese gesungenen Klagen aber auch ein Ausdruck von Hoffnung; in verschiedenen Zusammensetzungen, als Solo, Duo oder großes Ensemble übersetzt er sie in Tanz, die vier einprägsamen Vignetten runden sich zu einem umfassenden Gesamtbild. Und sind Teil eines eindrucksvollen Ballettabends.

Mehr: www.festspielhaus.de


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