Aus dem Rathaus Baden-Baden

Geschichte des Baden-Badener Gymnasiums Hohenbaden – Weitere Vortragsfolge Jahre 1945 bis 1949

Geschichte des Baden-Badener Gymnasiums Hohenbaden – Weitere Vortragsfolge Jahre 1945 bis 1949
Abiturjahrgang 1949. Foto: Privat / August Oesterle

Baden-Baden, 06.05.2023, Bericht: Rathaus Die Vortragsreihe zur Geschichte des Gymnasiums Hohenbaden wird fortgesetzt.

Im März widmete sich Astrid Kuck, Historikerin und Mutter eines Hoba-Schülers, der Geschichte von Julius Stern, Lehrer am Hohenbaden und Opfer der Shoa. Der neue Termin für den geplanten Vortrag zu Leo Wohleb, der krankheitsbedingt ausfallen musste, wird noch rechtzeitig bekanntgegeben. Am Donnerstag, 11. Mai, 19 Uhr, stehen nun die ersten Jahre nach Kriegsende 1945 im Zentrum.

Hierzu berichtet Reinhard Bode, Lehrer für Griechisch und Latein am Gymnasium Hohenbaden, vorab:

Am 12. April 1945 ging in Baden-Baden die Zeit des Nationalsozialismus zu Ende. Französische Panzerverbände fuhren, über die Wolfsschlucht kommend, Richtung Innenstadt. Ein städtischer Beamter unterschrieb die Übergabe der Stadt. Im Sommer 1945 wurde Baden-Baden zum Hauptquartier für die gesamte französische Zone. Zur Unterbringung der französischen Dienststellen, Besatzungsangehörigen und ihrer Familien wurden Hotels, öffentliche Gebäude, Häuser und Wohnungen beschlagnahmt. Auch Schulgebäude – unter anderem das des Hohenbaden – waren betroffen. Der reguläre Schulbetrieb war am Gymnasium zum Schuljahr 1944/45 eingestellt worden. Im Konferenz-Protokollbuch ist für dieses Schuljahr nur ein Eintrag zu lesen: «Es konnte nur inoffizieller Zerstreuungsunterricht stattfinden.»

 

Die Wiedereröffnung der Schulen erwies sich als schwierig: Viele Gebäude waren zerstört oder zweckentfremdet, die männlichen Lehrer teilweise gefallen, teilweise in Kriegsgefangenschaft oder vermisst. Darüber hinaus war es erklärtes Ziel der Besatzungsmacht, ideologisch belastete Lehrer möglichst schnell aus dem Schuldienst zu entfernen, was sich ebenfalls auf den Personalbestand auswirkte. Die Schulbücher aus der Zeit des «Dritten Reiches» konnten nicht mehr verwendet werden. Nach Säuberungsaktionen in den Schulbibliotheken standen zunächst überhaupt keine Lehrbücher mehr zur Verfügung. Am 1. Oktober 1945 nahm das Hohenbaden – wie auch alle anderen höheren Schulen der Stadt – seinen Betrieb tatsächlich wieder auf. Improvisieren war unverzichtbar. Das Gebäude des Hohenbaden musste im Wechselunterricht mit der Oberrealschule (heute MLG) geteilt werden, weil dessen Räumlichkeiten von den Franzosen beschlagnahmt worden waren. Im Winter 1945/46 mahnte das Gesundheitsamt Rastatt, dass im Gebäude aufgrund fehlenden Heizmaterials eisige Temperaturen herrschten, die die Gesundheit der ohnehin geschwächten, teilweise unterernährten Jugendlichen gefährdeten. Im Bericht heißt es: «Während es in den Amtsräumen der Behörden bereits seit längerem behaglich warm ist, müssen unsere Schulkinder, beispielsweise im Gymnasium, bei Zimmertemperaturen von nur 12 bis 13 Grad 4 bis 5 Stunden sitzen.»

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Die von den Franzosen betriebene Politik der Rééducation wurde im schulischen Bereich durch die rasche Einführung verschiedener Neuerungen sichtbar: Einführung des französischen 20-Punkte-Notensystems, Schaffung des sogenannten «Reformgymnasiums» mit Französisch als erster Fremdsprache, Einsatz von Muttersprachler*innen (Assistents) im Fachunterricht und – ab 1947 – Einführung des Zentralabiturs nach französischem Vorbild. Der Besuch von Ausstellungen und kulturellen Veranstaltungen zu deutsch-französischen Themen wurde fester Bestandteil des Schullebens.

Im Frühjahr 1946 fand die letzte dezentrale Reifeprüfung am Hohenbaden statt. Im Herbst 1946 wurde in der Sexta der neue Lehrplan des Reformgymnasiums in Kraft gesetzt. Französisch, nicht Latein, wurde am Hohenbaden nun als erste Fremdsprache erlernt. Zwei Jahre später folgte dann Latein, als dritte Fremdsprache dann das Altgriechische. Das klassische, altsprachliche, humanistische Gymnasium war damit vorerst Geschichte.

Wie es dazu kam, dass das Hohenbaden wieder ein humanistisches Gymnasium wurde, was das Schulleben in den ersten Jahren nach Kriegsende ausmachte und was es für Baden-Baden bedeutete, Hauptstadt der französischen Besatzungszone zu sein – dies und vieles mehr wird anhand von zum Teil erst jüngst entdeckten und ausgewerteten Dokumenten, Fotos und Protokollbucheinträgen erläutert. Der Vortrag beginnt um 19 Uhr in der Aula des Gymnasiums Hohenbaden, Leo-Wohleb-Weg 1. Ab 18.30 Uhr und nach dem Vortrag ist die kleine Ausstellung zur Besichtigung frei.




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