Gastkommentar

Neue Saison 2024 im Festspielhaus Baden-Baden – War es wirklich eine Gala? – Gastkommentar von Inga Dönges

Neue Saison 2024 im Festspielhaus Baden-Baden – War es wirklich eine Gala? – Gastkommentar von Inga Dönges
Tenor Jonathan Tetelman auf der Bühne des Festspielhauses Baden-Baden. Foto: Andrea Kremper

Bild Inga Dönges Gastkommentar von Inga Dönges
09.01.2024, 00:00 Uhr



Baden-Baden Das Festspielhaus Baden-Baden ändert das sonst übliche Programmjahr – beginnend im Herbst und endend im Sommer – und passt es dem Kalenderjahr an. Es soll jeweils aus Festspielen bestehen – der Jahreszeit entsprechend. Das ist ein langer Weg mit der Natur. Hier in Baden-Baden mit dem langen Panoramaweg, der Natur und Kultur verbinden soll, so der Intendant Benedikt Stampa. Eine fulminante Aufgabe, die er und das Festspielhaus sich gestellt haben.

Ein neuer Star wird vorgestellt, der Tenor Jonathan Tetelman. Der Mezzosopran, ein den Baden-Badenern ans Herz gewachsener Star – Elīna Garanča. Es gibt eine italienische und eine französische Oper und Zarzuelas, geschickt arrangiert vom Dirigenten Karel Mark Chichon. Das Münchner Rundfunkorchester spielt mit Verve und Engagement diesen Gang durch die Musik. Chichon hat alles fest in der Hand. Ouvertüren, Arien und Duette werden abwechslungsreich dargeboten.

Bild Festspielhaus Baden-Baden

Elīna Garanča und Jonathan Tetelman. Foto: Andrea Kremper

Beginnend mit Verdi über Cilea, Puccini, Ponchielli zu Mascagnis «Cavalleria Rusticana». Ein Arrangement daraus bringt die Verwicklungen zwischen Turridu und Santuzza zum Ausdruck. Jonathan Tetelman benötigt einen Notenständer mit der Partitur, was mehr als ungewöhnlich ist. Zumal damit noch Slapstick getrieben wird und so der Ernst der Musik und Handlung lädiert wird. Die geballten Fäuste haben Tenöre, um Höhe und Lautstärke zu erreichen und zu halten. Tetelman fehlten die Phrasierung und das messa di voce. Elīna Garanča hätte einen besseren Partner verdient gehabt. Ihre Stimme ist der warme Mezzo, wundervoll geführt. Man hört schon ein wenig das Streben zum Sopran. Hoffentlich bleibt sie der Mezzosopran, der alles in dieser Stimmlage kann und dem ein langes Leben bestimmt ist. Tetelman verwechselt auch hier Dramatik mit Lautstärke, was aber vom Publikum mit großem Beifall bedacht wurde.

 

So auch nach der Pause mit «Carmen» von Georges Bizet (1838 – 1875), wieder geschickt arrangiert mit «Gustostückerln» vom Dirigenten. Zuerst muss man das atemberaubende rote Kleid der Carmen bewundern. Stimme und Darstellung von Elina Garanca sind so ein Gesamtkunstwerk. Ihr Don José leider wie vorher wieder nur mit Notenständer und der Comic-Hampelei. Wie will ein Opernintendant ihn besetzen? Er sollte schon auswendig singen können. Seine Darstellung und sein Gehampel verkommen zur Sitcom.

Problematisch der Ende. Don José ersticht Carmen. Beifall brandet auf zu diesem Schluss. Irritation auf der Bühne: Wie sollen die Tote und der sie umschlingende José auseinanderkommen? Es ging nur unter Gelächter. Aber so hatte es Bizet sicher nicht gemeint. Die gute Absicht, irgendwie Handlung der Oper zu zeigen, misslingt. Schade, denn Opern-Arien-Abende hatten früher einen stringenten Ablauf. Selbst Auf- und Abgänge, auch zum Applaus benötigen einen Inspizienten.

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Elīna Garanča, Jonathan Tetelman und Karel Mark Chichon. Foto: Andrea Kremper

Aber zum krönenden Schluss noch ein Höhepunkt: «Granada» arrangiert von Karel Mark Chichon. So passte es für alle auf die «Gurgel» (wie Mozart es genannt hätte): Elina Garanca mit ihrer warmen gut geführten Stimme, Jonathan Tetelman als gut aussehender Tenor, das Münchner Rundfunkorchester, das der Dirigent Karel Mark Chichon so sängerfreundlich geleitet hat.

Die erklatschten Zugaben führten in die Moderne, weit weg von der Oper zu Gardel «El dia que me quieras», von Abreu «Tico Tico» und Di Capua «O sole mio», zu denen man das Tanzbein schwingen könnte, aber sich auf den Heimweg begeben musste.




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