Aus dem Rathaus Baden-Baden

Überblick zur Baden-Badener UNESCO Bewerbung – Nach Corona-Pause steht die Entscheidung an

Überblick zur Baden-Badener UNESCO Bewerbung – Nach Corona-Pause steht die Entscheidung an
Das Doppelhaus von Le Corbusier in der Weißenhofsiedlung in Stuttgart ist ein Bestandteil der transnationalen, seriellen UNESCO-Welterbestätte „Das Architektonische Werk von Le Corbusier“ (2016). Foto: Thomas Wolf © FLC/ADAGP

Baden-Baden, 13.06.2020, Bericht: Redaktion Die «Great Spas of Europe», eine Gruppe der elf bedeutendsten Kurstädte aus sieben europäischen Ländern, hate im Januar 2019 ihre Bewerbung als UNESCO-Welterbe eingereicht, erinnerte das Baden-Badener Rathaus gestern in einer Erklärung.

Das Land Baden-Württemberg und die Stadt Baden-Baden warte nun gemeinsam mit den übrigen zehn Städten voller Spannung auf die Entscheidung des Welterbekomitees. Die Entscheidung wurde wegen der Corona-Pause verschoben.

Die Erklärung der Stadt Baden-Baden im Wortlaut:

Eine Initialzündung für die Entfaltung des Welterbegedankens war ein gewaltiges Infrastrukturprojekt weit entfernt von Baden-Württemberg: der Bau des ägyptischen Assuan-Staudamms in den 1960er Jahren. Das Bauwerk, das das Wasser des Nils aufstauen sollte, drohte zahlreiche wertvolle historische Kulturdenkmale des Landes in den Fluten des Nasser-Stausees versinken zu lassen.

Vor diesem Hintergrund entwickelte sich eine internationale Solidaritätsbewegung zur Rettung des bedrohten kulturellen Erbes. Unter Federführung der UNESCO, der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur, bewirkte die Solidarität die Versetzung einiger der bedeutendsten Monumente aus der über 5.000 km2 umfassenden Wasserfläche des entstehenden Stausees. Zu den geretteten Bauwerken gehören die berühmten Tempel von Abu Simbel, die im 13. Jahrhundert vor Christus unter Pharao Ramses II. errichtet worden waren. Ihre Versetzung ist bis heute eine ingenieurtechnische Meisterleistung.

Die Welterbekonvention – ein Erfolgsmodell

Das Assuan-Projekt hat der Weltöffentlichkeit eindrücklich vor Augen geführt, dass das herausragende Kultur- und Naturerbe der Menschheit im internationalen Zusammenwirken wesentlich besser geschützt werden kann. Im Jahr 1972 hat die Generalkonferenz der UNESCO das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt – die Welterbekonvention – verabschiedet. Mit knapp 200 Staaten, die dem Abkommen inzwischen beigetreten sind, gehört sie zu den erfolgreichsten völkerrechtlichen Verträgen überhaupt.

Das Abkommen verpflichtet die Vertragsstaaten, die Welterbestätten in Bestand und Wertigkeit zu erfassen, zu schützen, zu erhalten, an die kommenden Generationen weiterzugeben und der Öffentlichkeit zu vermitteln. Die Bundesrepublik Deutschland hat das Abkommen schon im Jahr 1976 ratifiziert.

Die Welterbeliste und das außergewöhnliche universelle Erbe der Menschheit

Das bedeutendste und in der Öffentlichkeit bekannteste Instrument des Abkommens ist die UNESCO-Welterbeliste, in der inzwischen mehr als 1.100 einzigartige Kultur- und Naturerbestätten verzeichnet sind. Deutschlandweit sind aktuell 46 Welterbestätten in die UNESCO-Liste eingetragen; sechs davon liegen in Baden-Württemberg. Die Stätten repräsentieren eine große Bandbreite an Zeugnissen menschlicher Schaffenskraft und einzigartiger Naturlandschaften. Wem sind die ägyptischen Pyramiden von Gizeh, die chinesische Mauer oder der Yellowstone Nationalpark in den USA kein Begriff? Auch prächtige gemischte Kultur- und Naturerbestätten, wie das historische Heiligtum Machu Picchu in Peru gehören zu dieser repräsentativen Liste.

Alle Welterbestätten verbindet ihr außergewöhnlicher universeller Wert, ihre Integrität (Vollständigkeit) und Authentizität (historische Echtheit). Insgesamt zehn Kriterien stehen als Basis für die Festlegung des außergewöhnlichen universellen Wertes einer Stätte zur Auswahl in der Liste. Die Kriterien (i) bis (vi) beziehen sich auf Kulturerbestätten, und die Kriterien (vii) bis (x) auf Naturerbestätten. So sind die Great Spas of Europe unter Kriterien (ii), (iii), (iv) und (vi) zur Aufnahme als Weltkulturerbe vorgeschlagen.

Eine Idee – viele Kategorien von Stätten

Eine Welterbestätte kann ein transnationales Gut sein, etwa der Muskauer Park, der sich auf dem Territorium von Deutschland und Polen erstreckt. Des Weiteren können zwei oder mehr Kultur- bzw. Naturerbestätten, die die gleichen Auswahlkriterien erfüllen, als eine serielle Welterbestätte nominiert werden. Die Bestandteile einer seriellen Welterbestätte können sich sowohl innerhalb eines Vertragsstaates befinden, als auch in mehreren Vertragsstaaten und müssen räumlich nicht unmittelbar nebeneinanderliegen. Zu dieser Kategorie gehören z.B. die „Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb“, die „Prähistorischen Pfahlbauten um die Alpen“ und das „Architektonische Werk von Le Corbusier“, die alle zumindest in Teilen in Baden-Württemberg liegen. Die beiden letzteren – wie auch die Great Spas of Europe im Falle eine Einschreibung in die Welterbeliste – sind wegen ihres grenzübergreifenden Charakters sogenannte transnationale, serielle Welterbestätten.

Voraussetzung für die Einschreibung einer Stätte in die Welterbeliste ist auch ein funktionierendes Managementsystem, das für Schutz, Pflege, Nachhaltigkeit und Vermittlung der Welterbestätte sorgt. Im Fall einer transnationalen, seriellen Stätte wie den Great Spas of Europe muss das Managementsystem insbesondere auch die internationalen Koordinierungsmechanismen darlegen. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass der außergewöhnliche universelle Wert der Stätte auf Dauer erhalten bleibt.

Die Vorbereitung des Antrags und die Zuständigkeiten

Der Antrag zur Nominierung einer Welterbestätte kann nur vom Vertragsstaat selbst – oder im Fall einer transnationalen, seriellen Nominierung vom federführenden Vertragsstaat mit Zustimmung aller beteiligten Vertragsstaaten – eingereicht werden. Für den Welterbeantrag Great Spas of Europe liegt die Federführung bei der Tschechischen Republik.

Aufgrund der Kulturhoheit der Länder sind in Deutschland die Länder für die Umsetzung der Welterbekonvention zuständig. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg koordiniert als oberste Denkmalschutzbehörde des Landes die baden-württembergischen Antragsverfahren, betreut diese gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart und fungiert im Land, gegenüber dem Bund und internationalen Partnern als für die Welterbestätten zuständiger Ansprechpartner.

Vor diesem Hintergrund wurden die Antragsteile für die Kurstadt Baden-Baden als einer der elf am Antragsverfahren beteiligten europäischen Städte in enger Zusammenarbeit zwischen der Stadt Baden-Baden, dem Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart und dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg ausgearbeitet. Der Gesamtantrag wurde von der Tschechischen Republik in Abstimmung mit allen beteiligten Vertragsstaaten im Januar 2019 bei der UNESCO eingereicht.


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