Aus dem Rathaus Baden-Baden

Die Heilige Veronika in Baden-Baden und die Sache mit dem Schweißtuch – Ein Kunstwerk zur Osterzeit aus dem Stadtmuseum

Die Heilige Veronika in Baden-Baden und die Sache mit dem Schweißtuch –  Ein Kunstwerk zur Osterzeit aus dem Stadtmuseum
Die Heilige Veronika mit dem Schweißtuch. Foto: Stadtmuseum/Stadtarchiv Baden-Baden, L. Giesler

Baden-Baden, 30.03.2021, Bericht: Rathaus In enger Verbindung mit der Passion Christi, welcher in der Karwoche gedacht wird, steht das Relief der Heiligen Veronika mit dem Schweißtuch, das im Stadtmuseum im Alleehaus ausgestellt ist.

«Ursprünglich stammt die Figur vom Westportal der Stiftskirche Liebfrauen auf dem Marktplatz, wo sie im Bogenfeld ihren Platz hatte», informiert Katja Mikolajczak vom Stadtmuseum und erklärt die Hintergründe im Detail: «Aufgrund witterungsbedingter Schäden wurde die Heilige Veronika dort zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch eine Nachbildung ersetzt und kam in die Städtischen Historischen Sammlungen. Die Geschichte der Heiligen Veronika wird nicht in der Bibel erzählt, sondern in verschiedenen Legenden. Den ältesten Überlieferungen zufolge habe sie Christus einmal getroffen und nach einem Bildnis von ihm gefragt. Daraufhin drückte der Heiland sein Gesicht in ein Tuch, auf dem sein Abbild sichtbar wurde. Etwa in der Zeit um 1300 kommt eine erweiterte Variante der Legende auf. Diese wurde besonders populär und berichtet, dass Veronika bei der Kreuztragung zugegen gewesen sei. Sie habe dem unter der Last des Kreuzes leidenden Gottessohn ein Tuch zum Abtupfen seines Gesichts gereicht und der Stoff danach sein Antlitz gezeigt. Das wundersam durch Abdruck entstandene Bildnis Christi galt als ‘vera ikon’ (lateinisch für wahres Bild), woher sich auch der Name Veronika ableitet.»

 

Seit dem 14. Jahrhundert sind Darstellungen der Heiligen Veronika in der Bildenden Kunst sehr verbreitet. Sie findet sich einzeln oder eingebettet in Gemälde und Reliefs der Kreuztragung. Dabei zeigt das auf ihrem Tuch sichtbar gewordene Bild nicht immer den Heiland mit Dornenkrone, sondern häufig auch sein unversehrtes Gesicht, selbst wenn es im Kontext einer Kreuztragung dargestellt ist. Ohne deutliche Spuren der Passion, milde lächelnd ist der Gottessohn auch auf dem Tuch der Figur im Stadtmuseum zu sehen. Mit ausgebreiteten Armen präsentiert die Heilige dem Betrachter das im Vergleich zu ihrem Körper übergroße Schweißtuch frontal. Sie trägt ein turbanartig gebundenes Tuch auf dem Kopf und einen vor der Brust zusammengeschnürten Mantel über ihrem Gewand. Das Relief entstand Ende des 15. Jahrhunderts, als die Baden-Badener Stiftskirche im Rahmen umfassender Erweiterungen und Umbauten ein spätgotisches Figurenportal am Westturm erhielt. Bei der Gestaltung dieser Figur, ihren Proportionen, der Haltung und der auffälligen Kleidung orientierte sich der unbekannte Bildhauer an einem zeitgenössischen Kupferstich Martin Schongauers (Colmar um 1450–1491, Breisach am Rhein). Der Maler und Kupferstecher schuf zahlreiche Stiche, welche Szenen aus dem Neuen Testament oder Heilige zeigten. Sie wurden in hohen Auflagen verbreitet und zeichneten sich durch die originelle, innovative Auffassung ihrer Motive aus, die von vielen Künstlern rezipiert wurde. Dass sich auch der Schöpfer des Veronika-Reliefs vom Portal der Stiftskirche einen Kupferstich Schongauers – und somit eine neueste Bilderfindung – zum Vorbild nahm, verdeutlicht den hohen künstlerischen Anspruch der Arbeiten.

«Der Raum, in dem die Heilige Veronika im Stadtmuseums ausgestellt ist, erfährt gerade eine umfassende Neugestaltung», ergänzt Dr. Mikolajczak. «Unter anderem soll zukünftig auch dort erfahrbar sein, wie die Figur der Heiligen ursprünglich in das Skulpturenportal der Stiftskirche an prominenter Stelle eingebunden war. Sobald die Corona-Situation die Öffnung von Ausstellungshäusern wieder erlaubt, lohnt es sich, einmal wieder in unserem Stadtmuseum vorbeizuschauen und das Relief im Original zu betrachten.»


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