Kommentar

Viel zu späte Einsicht der Baden-Badener SPD – „Wohnen darf nicht zum Luxus werden“

Viel zu späte Einsicht der Baden-Badener SPD –  „Wohnen darf nicht zum Luxus werden“
Vlnr: Werner Henn, Joachim Knöpfel, Rolf Gassmann und Paul Haußmann. Foto: SPD

Baden-Baden, 26.01.2019, Kommentar: Christian Frietsch Der Vorsitzende des baden-württembergischen Mieterbundes, Rolf Gassmann, fand bei der Baden-Badener SPD offene Ohren für seine Forderung, dass sich bei der Wohnbaupolitik etwas verändern müsse.

«Wohnen darf nicht zum Luxus werden», titelt der SPD-Bericht zum Statement des Mieterbund-Vorsitzenden. Doch diese Einsicht kommt für die Baden-Badener Innenstadt zu spät. Eine Flut von Luxuswohnungen ist für die Baden-Badener Innenstadt in den nächsten zwei, drei Jahren zu erwarten. Weder die SPD noch die Grünen stellten sich den Plänen des von seinen Parteifreunden protegierten, ehemaligen CDU-Stadtrats Christian Mussler und seines langgedienten IDEAL-Wohnbau-Mitarbeiters Jürgen Franken in den Weg, der nun der neustrukturierten Mussler-Gruppe angehört und die Realisierung von 35 Luxuswohnungen mitten in der Innenstadt begleitet. Mit der IDEAL-Wohnbau hatte die Stadt gemeinsam das Projekt auf den Weg gebracht.

Keinen Widerspruch fand sich in der SPD beim größten Wohnbauprojekt, das die Baden-Badener Innenstadt mit der Grundstücksspekulation des SWR erwartet. Dort werden 380 Luxuswohnungen entstehen. Auch die SPD setzte sich nicht für eine Quote ein und wehrte sich nicht einmal, als der Geschäftsführer des Investors mit einer regelrechten Diskriminierung ankündigte, die Zielgruppe seien Paare über 50 Jahre und Zweithaushalte ohne Kinder. goodnews4.de berichtete. So muss sich die Baden-Badener SPD vorwerfen lassen, dass sie der Baden-Badener Baupolitik von CDU und Freien Wählern nichts entgegensetze. Ganz zu schweigen von einem mutigen Wort, das gegen die Spekulationsgeschäfte des mächtigen SWR nötig gewesen wäre. So hat man den Eindruck, dass auch die SPD die Innenstadt als Platz für Normalverdiener verloren gibt. Dazu passt die Forderung nach Wohnflächen in der Schussbach.

Das Statement von SPD-Fraktionschef Kurt Hochstuhl im Wortlaut:

«Wohnen darf nicht zum Luxus werden» − SPD-Mitgliederversammlung mit dem Chef des Mieterbundes Baden-Württemberg

Eher düstere Perspektiven in Sachen Wohnungsbaupolitik hatte Rolf Gassmann, Vorsitzender des baden-württembergischen Mieterbundes bei einer Veranstaltung des SPD-Ortsvereins Baden-Baden parat. Die langjährige politische Vernachlässigung des Mietwohnungsbaus, die tatenlose Akzeptanz des Auslaufens der Sozialbindung habe auch in Baden-Baden ein Mangel an preiswertem Wohnraum entstehen lassen, was sozialen Sprengstoff erzeuge und die Rekrutierung dringend benötigter Fachkräfte erschwere. Allein der Einwohnerzuwachs Baden-Badens vom Juni 2011 bis Juni 2018 in Höhe von 2454 Personen entspreche einem Bedarf von 1230 zusätzlichen Wohnungen. Gebaut worden seien im gleichen Zeitraum allerdings lediglich 1040 Wohnungen, also 190 Wohneinheiten unter dem Bedarf. Zahlreiche weitere Wohnungen würden durch gesellschaftlich bedingte Veränderungen in der Wohnraumnutzung (Singlehaushalte, Alleinerziehende etc.) benötigt.

Auch wenn in letzter Zeit verstärkte Bemühungen erkennbar seien neben dem Eigentumswohnbau sich auch wieder mehr dem Mietwohnungsbau zu widmen, könne der bestehende Mangel nicht von heute auf morgen aufgehoben werden. Dennoch müsse die Stadt ihrer sozialen Verantwortung nachkommen und über städtische Satzungen zum einen den Mietwohnungsbau fördern, zum andern das weitere Verschwinden von Mietwohnraum oder die Entmietung durch sog. Luxussanierungen verhindern. Die Praxis, städtisches Bauland nach dem Höchstpreisverfahren zu veräußern, müsse durch ein Konzeptverfahren abgelöst werden, das bestimmte Quoten für Sozialwohnungsbau und für Mietwohnungsbau vorsehe.

Einig waren sich die Anwesenden mit dem Referenten, dass ein Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum (Umwandlung in Air BnB bzw. Ferien- oder sog. Monteurswohnungen) dringend erforderlich sei und die Stadt konsequenter werden müsse, was die Anwendung bestehender Instrumentarien anbelangt, z.B. das Ausnutzen der Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen, die kontinuierliche Weiterentwicklung des Mietpreisspiegels sowie die Intensivierung der Wohnraumakquise. Positiv hob Gassmann in diesem Zusammenhang konkrete Vorschläge der SPD-Gemeinderatsfraktion hervor, nach denen z.B. in der Schussbachstraße weitere Flächen für den innerstädtischen Wohnungsbedarf ausgewiesen werden könnten.

Es liege, so der Rolf Gassmann abschließend, am politischen Willen des Gemeinderats, in welche Richtung sich der Wohnungsbau in dieser Stadt entwickle, und ob Baden-Baden zukünftig ein Wohnplatz für Normalverdiener bleibe.

Dr. Kurt Hochstuhl Gemeinderatsfraktion der SPD


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