Aus dem Regierungspräsidium Karlsruhe

Neues zur PFC-Affäre aus dem Regierungspräsidium – Vorernte-Monitoring abgeschloßen

Neues zur PFC-Affäre aus dem Regierungspräsidium – Vorernte-Monitoring abgeschloßen
644 der insgesamt 881 Hektar mit PFC verunreinigter Flächen liegen im Raum Rastatt und Baden-Baden. Foto: goodnews4-Archiv

Karlsruhe/Baden-Baden, 09.11.2018, Bericht: Regierungspräsidium Das Vorerntemonitoring, VEM, ist zentraler Ansatz für den vorsorgenden Verbraucherschutz des vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, MLR, finanzierten Projektes zum Umgang mit PFC-belasteten Flächen.

Es hat auch 2018 seine Wirksamkeit bewiesen und weitere Erkenntnisse für das aktuell laufende Folgeprojekt geliefert. Im Rahmen der turnusmäßigen Abschlussbesprechungen mit den betroffenen Bewirtschaftern aus dem Raum Rastatt/Baden-Baden am 6. November 2018 und Mannheim am 7. November 2018 konnte Abteilungspräsident Dr. Ulrich Roßwag zahlreiche Teilnehmer begrüßen und gemeinsam mit den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Regierungspräsidiums und den beteiligten Unteren Landwirtschafts- sowie Lebensmittelüberwachungsbehörden die Ergebnisse erläutern. Dr. Roßwag betonte eingangs, wie wichtig der offene und transparente Umgang mit den Ergebnissen ist. Er lobte die konstruktive Mitarbeit innerhalb des VEM und des betriebsspezifischen Bewirtschaftungs- und Minimierungskonzeptes, BeMiKo. Auf diese Weise könne am ehesten vermieden werden, dass kritische Kulturen außerhalb der Untersuchungen in den Verkehr gelangen können.

Zwischenzeitlich ist der Umfang der Flächen mit PFC-Gehalten in Nord- und Mittelbaden auf insgesamt 881 Hektar angewachsen. Davon liegen 644 Hektar im Raum Rastatt/Baden-Baden, verteilt auf circa 200 Quadratkilometer.

Wie bereits bei einer Besprechung zum Abschluss der Frühkulturen festgestellt, hat der Witterungsverlauf 2018 einige wichtige Ergebnisse erbracht. Hierüber hat das Regierungspräsidium die Öffentlichkeit bereits informiert. Eine wichtige Beobachtung war, dass der ungewöhnliche Witterungsverlauf im Frühjahr mit sehr viel Niederschlag und frühzeitig höheren Temperaturen offenbar das Wachstumsverhalten der Pflanzen und damit auch die Aufnahme von PFC-Verbindungen stark beeinflusst hat. So wurden unerwartet früh, aber in geringem Umfang, PFC in Spargel, aber auch entgegen der bisherigen Erkenntnisse in Wintergerste gefunden. Die hohe PFC-Aufnahme von Winterweizen hat sich bestätigt und in dem Extremjahr 2018 noch verstärkt. Bereits bei geringen PFC-Gehalten im Boden bzw. Boden-Eluat wird hier der Beurteilungswert der kurzkettigen PFC im Weizenkorn überschritten. Insofern muss künftig auf den Anbau von Weizen auf PFC-Flächen verzichtet werden. Wird dennoch Weizen angebaut, müssen die Erzeugnisse durch den Landwirt vor dem Verkauf auf eigene Kosten auf PFC untersucht und die Verkehrsfähigkeit nachgewiesen werden.

Die Anbauempfehlungen wurden nach Vorliegen aller Ergebnisse gegenüber den Vorjahren entsprechend angepasst und kritische Kulturen, die PFC bereits bei sehr geringer PFC-Bodenbelastung verstärkt aufnehmen, in den Bereich «für den Anbau nicht empfohlen» eingestuft.

Beregnungswasser mit PFC-Gehalten hat einen großen Einfluss auf die Aufnahme der kurzkettigen PFC in Pflanzen. Aus diesem Grund sind in den vergangenen Jahren die möglichen Beregnungsmengen in Abhängigkeit der PFC-Gehalte reglementiert worden und die Betriebe hatten hierüber ein Beregnungstagebuch zu führen. Nachdem sich die Bewertung der PFC und damit auch die Geringfügigkeitsschwellenwerte, GFS, für Wasser geändert haben, mussten die Beregnungsvorgaben entsprechend angepasst werden. Für die Landwirtschaft kann dies bei stärker belastetem Beregnungswasser zu einer deutlichen Reduktion der verfügbaren Beregnungswassermenge führen. Im Einzelbetrieb müssen dann unter Umständen die Kulturfolgen umgestellt und der Anbau geändert werden.

Informiert wurde darüber hinaus über die Ergebnisse des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg, LTZ. Begleitend zum VEM werden sowohl Freiland- als auch Gefäßversuche zum PFC-Aufnahmeverhalten der Pflanzen durchgeführt, welche die Erkenntnisse über die Gesamtproblematik ergänzen. So wurde zum Beispiel herausgefunden, dass Kartoffeln zwar wie erwartet im Kraut einen hohen PFC-Gehalt aufweisen, in der Knolle jedoch keine nachweisbaren PFC einlagern. Ein weiteres Ergebnis zu Sojabohnen hat die ersten Erkenntnisse aus dem VEM bestätigt, wonach diese Pflanze ganz erheblich PFC einlagert und somit als Anbaualternative nicht zur Verfügung steht.

Im Rahmen der Lebensmittelüberwachung, als Ergänzung und Absicherung des VEM, wurden insgesamt 47 pflanzliche Proben bei Lebensmittelerzeugern erhoben. In sechs Proben wurden geringe Mengen Perfluorpentansäure, PFPeA, gefunden, die jedoch unterhalb des Beurteilungswertes lagen und damit verkehrsfähig waren. In einer Probe Stangenbohnen wurde eine Überschreitung des Beurteilungswertes festgestellt. Die ab der Probeziehung gesperrte Ware, wurde dann komplett vom Markt genommen und vernichtet. Ein Teil war allerdings bereits verkauft worden. Hier war die vorgeschriebene Meldung des Landwirtes für das VEM unterblieben. Diesbezüglich prüft die zuständige Behörde mögliche Konsequenzen und die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens.

Bei Lebensmitteln tierischen Ursprungs wurden 86 Proben bei den Erzeugern erhoben, davon waren 51 Proben ohne Befund. In 35 Proben wurde PFC nachgewiesen, davon waren 23 Honigproben aus Mannheim. Bei sieben Proben Honig wurde der Beurteilungswert für Perfluorpentansäure, PFPeA, überschritten. Dieser Honig war nicht verkehrsfähig und wurde umgehend vom Markt genommen bzw. war noch gar nicht im Verkauf. Die 28 Honigproben aus Rastatt/Baden-Baden waren allesamt ohne Befund. In Leber und Niere eines Schafes wurden geringe Gehalte PFC gemessen. In 10 von insgesamt 13 untersuchten Fischproben aus Angelseen wurde Perfluordekansäure, PFDA, oberhalb des Beurteilungswertes nachgewiesen und die Fische als nicht verkehrsfähig beurteilt.

Die einzelnen Ergebnisse können der beiliegenden Präsentation entnommen werden, welche in Kürze auch auf der Internetseite des Regierungspräsidiums − dort auf den Seiten der Stabsstelle PFC − eingestellt wird.

Das VEM war und ist das wichtigste Instrument, um Lebensmittel mit erhöhten PFC-Gehalten von der Vermarktung auszuschließen. Zusammen mit den Ergebnissen aus den wissenschaftlichen Versuchen des LTZ im Labor und Freiland können auf der Basis der entwickelten Anbauempfehlungen die landwirtschaftlichen und gärtnerischen Betriebe Strategien und Konzepte für die künftige Bewirtschaftung ihrer Flächen entwickeln. Dies ist das Ziel des Folgeprojekts, welches bis 2019 ebenfalls vom MLR finanziert wird. In diesem wird gemeinsam mit jedem Betrieb ein spezifisches Bewirtschaftungs- und Minimierungskonzept, BeMiKo, erarbeitet.

Grundlage des BeMiKo sind die Anbauempfehlungen, welche aus der Kombination der PFC-Gehalte im Boden, der Beregnungsvorgaben und dem Aufnahmeverhalten der verschiedenen Pflanzen für jede Fläche geeignete Kulturen vorschlagen. Bei vielen Betrieben mit komplexer Fruchtfolge und einer Vielzahl landwirtschaftlicher Schläge ist hierfür eine komplexe Planung der Bewirtschaftung auf den unterschiedlich hoch belasteten Flächen erforderlich. Vor diesem Hintergrund ist eine verstärkte individuelle Begleitung der Betriebe für eine erfolgreiche Umsetzung des Konzeptes wichtig.

Mehr: www.rp-karlsruhe.de und PDF


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