Feierstunde in der Reithalle

Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Anselm Kiefer – Nochmal ein Höhepunkt für Rastatter OB Pütsch

Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Anselm Kiefer – Nochmal ein Höhepunkt für Rastatter OB Pütsch
Oberbürgermeister Hans Jürgen Pütsch (links) überreicht dem Maler und Bildhauer Anselm Kiefer die Ehrenbürgerurkunde der Stadt Rastatt. Fotos: Gerhard Dinger

Rastatt, 24.11.2023, Bericht: Redaktion Zum Ende seiner Amtszeit verabschiedet sich Oberbürgermeister Hans Jürgen Pütsch noch mit einem kleinen Höhepunkt in Sachen Kunst für die Stadtgeschichte.

Dem weltbekannten Künstler Anselm Kiefer verlieh er die Ehrenbürgerwürde der Stadt Rastatt. goodnews4.de berichtete bereits.

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Stadt Rastatt macht Anselm Kiefer zum Ehrenbürger – Museum in Ottersdorf geplant

Die Mitteilung der Stadt Rastatt im Wortlaut:

Große Auszeichnung für den Ausnahmekünstler Anselm Kiefer. Große Ehre für die Stadt Rastatt. Am Dienstag, 21. November, verlieh Oberbürgermeister Hans Jürgen Pütsch in einer Feierstunde in der Reithalle die Ehrenbürgerwürde der Barockstadt an den weltberühmten Maler und Bildhauer Anselm Kiefer. Im Mai dieses Jahres hatte der Rastatter Gemeinderat beschlossen, die ausgesprochen selten verliehene und höchste Auszeichnung der Stadt an Kiefer zu vergeben. Die Laudatio auf den Geehrten hielt der Philosoph Prof. Dr. Hans-Helmuth Gander, der an der Uni Freiburg lehrt. Musikalisch am Klavier begleitet wurde die Feierlichkeit von dem 13-jährigen Rastatter Louis Paul, der dieses Jahr beim Bundeswettbewerb «Jugend musiziert» gewann.

 

Die Ränge in der Reithalle waren voll. Ehemalige Wegbegleiter, Kunstinteressierte und Mitglieder des Rastatter Gemeinderats waren gekommen, um dem Weltstar die Ehre zu erweisen, und gleichzeitig die Gelegenheit zu nutzen, ihm einmal live zu begegnen. Aufgeschlossen und bürgernah gab sich Kiefer, stand für Selfies und Autogramme zur Verfügung und plauderte mit den Anwesenden mit badischem Akzent über vergangene Tage in Rastatt. Von Starallüren keine Spur. Kiefer, 1945 in Donaueschingen geboren, verbrachte seine Kindheit und Jugend in Rastatt. 1951 zog er mit seiner Familie nach Ottersdorf, wenige Jahre später nach Niederbühl. 1965 legte er am humanistischen Ludwig-Wilhelm-Gymnasium sein Abitur ab. Das Aufwachsen am Rhein, an der Grenze zu Frankreich, habe Kiefer geprägt, berichtete der Laudator Gander. Damals habe sich der junge Kiefer gefragt, wo die Flussgrenze zwischen den beiden Ländern verlaufe – insbesondere dann, wenn bei Hochwasser der Keller des Elternhauses in Ottersdorf unter Wasser stand. Fließende Grenzen seien bis heute ein zentrales Element seines künstlerischen Schaffens, verdeutlichte der Philosoph.

«Kunst ist laut Kiefer der Aufarbeitung von Geschichte verpflichtet», führte Gander weiter aus. In seinem existenziellen Ansatz zum Umgang mit der deutschen Geschichte beschäftigt sich Kiefer wie kaum ein anderer Künstler mit dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust. Gander zitierte den Schriftsteller Florian Illies, der bei der Verleihung des Deutschen Nationalpreises an Anselm Kiefer über den Künstler sagte: «Anselm Kiefer verweigert uns Deutschen seit fünf Jahrzehnten die Möglichkeit, unserer Geschichte zu entkommen.» Kunst müsse Verantwortung übernehmen, sollte aber nicht aufhören Kunst zu sein, zog Gander sein Fazit. Für seine Werke erhielt Anselm Kiefer unter anderem 1990 den israelischen Wolf-Preis in Jerusalem, 2008 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels sowie 2023 den Deutschen Nationalpreis in Berlin. Ebenso wurde er in diesem Jahr in Paris mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet. OB Pütsch zeigte sich in seiner Rede vom künstlerischen Werdegang Kiefers «zutiefst beeindruckt». «Für uns in Rastatt sind Sie, Herr Kiefer, der berühmteste Bürger unserer Stadt im 20. und aktuell im 21. Jahrhundert. Sie sind sicher der bedeutendste Schüler unseres Ludwig-Wilhelm-Gymnasiums.» Wie selten die Auszeichnung verliehen wird und wie besonders sie ist, lässt sich daran erkennen, dass Kiefer seit 1810 gerade einmal der 30. Ehrenbürger der Stadt Rastatt ist. Zur Verleihung überreichte der Oberbürgermeister dem Maler und Bildhauer eine Majolika-Schale, angefertigt von der Künstlerin Felicithas Arndt, sowie die vom Rastatter Kalligrafen Markus Kurz besonders gestaltete Ehrenbürgerurkunde, auf der zu lesen ist: «Mit der höchsten städtischen Auszeichnung ehrt die Stadt Rastatt ihren ehemaligen Bürger und Absolventen des Ludwig-Wilhelm-Gymnasiums, einen der bekanntesten und erfolgreichsten deutschen Künstler nach dem Zweiten Weltkrieg und weltweit bedeutendsten Künstler der Gegenwart.»

Auch bei der Verleihung selbst gab sich der Ausnahmekünstler bodenständig, scherzte, ob denn auch der gesamte Gemeinderat sich für ihn ausgesprochen hätte, und setze sich die Majolika-Schale auf den Kopf. «Ich bin sehr gerne hier», sagte Kiefer in seinen Dankesworten. Nach wie vor habe er eine enge Verbindung zur Stadt. In seinem ehemaligen Elternhaus in Ottersdorf ist Anselm Kiefer gerade dabei, ein Museum als Wirkstätte für junge Künstlerinnen und Künstler einzurichten. Am Morgen der Verleihung war er zuletzt dort, um zu schauen, ob die Arbeiten vorangehen. Kiefer, der inzwischen in Paris lebt, machte nochmals deutlich, wie prägend für ihn und sein künstlerisches Schaffen die Kindheit war. «So wie wir die Dinge heute sehen, haben wir sie in der Kindheit gelernt. Das Neue entsteht nur aus der Erinnerung.» An Oberbürgermeister Pütsch gewandt, sagte er: «Ich bin immer noch bei Ihnen.»

Wie stark verbunden Anselm Kiefer bis heute mit Rastatt ist, zeigt sich auch in dem Film des Regisseurs Wim Wenders «Anselm – das Rauschen der Zeit», der aktuell in den Kinos läuft und den Lebensweg des Künstlers nachzeichnet. Im Rastatter Kino «Forum» ist er noch bis Ende November in 2D und 3D zu sehen.




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