Schüleraustausch in Griechenland

Großartige Eindrücke und neue Freunde – Baden-Badener Schülerin Nela Schröder berichtet von einem anderen Land

Großartige Eindrücke und neue Freunde – Baden-Badener Schülerin Nela Schröder berichtet von einem anderen Land
Letztes Gruppenfoto im antiken Theater von Epidauros. Foto: Reinhard Bode, Gymnasium Hohenbaden

Baden-Baden, 03.04.2023, Bericht: Redaktion Von einem Schüleraustausch des Gymnasiums Hohenbaden mit einer Schule in Korinth in Griechenland im März 2023 berichtet Nela Schröder, Schülerin der 10. Klasse.

Der Bericht von Nela Schröder, Klasse 10 am Gymnasium Hohenbaden, im Wortlaut:

Vor dem Start

Schon als ich mich in der 7. Klasse dazu entschied, Griechisch als 3. Fremdsprache zu wählen, fieberte ich gespannt auf den Schüleraustausch in der 9. Klasse hin. Einen Einblick in eine andere Kultur und den Alltag eines Gleichaltrigen in einem anderen Land zu bekommen, interessierte mich von Anfang an. Dazu kam, die Heimat der alten Philosophen und geheimnisvollen Mythen kennenzulernen und eine Vorstellung davon zu bekommen, wo die Texte, die wir im Unterricht übersetzen, spielten, faszinierte mich am meisten.

Umso mehr versetzte es mich in Trauer, als wir in der 9. Klasse erfuhren, dass der Austausch aufgrund des Coronavirus ins Wasser fallen sollte. Zwar versicherte uns unser Lehrer Reinhard Bode, dass er auf jeden Fall den Austausch ermöglichen würde, doch wirklich Hoffnung hatten wir nicht. Da unsere Neugier auf die griechische Kultur trotzdem so groß war, trafen wir uns ein Jahr lang wöchentlich nachmittags und nahmen an der Neugriechisch-AG teil, in der wir die Grundlagen der Sprache, griechische Volkslieder und verschiedene traditionelle griechische Tänze lernten. Im Laufe der 9. und 10. Klasse konnten wir es aber dennoch nicht lassen, unseren Lehrer immer wieder auf das Thema anzusprechen, sodass er ehrgeizig den Kontakt zur Partnerschule suchte. Nach monatelangen Bemühungen bekam er die Bestätigung: Wir würden im März zusammen mit der Griechischschülern der 9. Klasse nach Korinth fliegen. Herrn Höfele und Herrn Bode sowie Frau Tsielou in Korinth war es schließlich doch gelungen alle Widerstände und Hürden zu überwinden. Zwar sollten wir nicht wie geplant in den Gastfamilien, sondern in einem Hotel wohnen, würden aber trotzdem alle Ausflüge mit den Griechen zusammen unternehmen und alle Abende mit ihnen verbringen.

 

Ein sehr langer Tag

Am Sonntag dem 19.03., standen wir schließlich um 3.00 Uhr nachts mit gepackten Koffern am Bahnhof in Baden-Baden. Die Vorfreude und Aufregung waren riesig. Einige von den Eltern boten an, uns nach Basel zu fahren, von wo unser Flug nach Athen startete. Von Athen mussten wir nur noch eine Stunde mit dem Bus fahren und wurden in Korinth von der verantwortlichen Lehrerin Frau Vasiliki Tsielou begrüßt. Total aufgeschlossen umarmte sie jeden von uns und begleitete uns ins Hotel, in dem wir unsere griechischen Austauschschüler kennenlernten. Am Anfang verunsicherte die Sprachbarriere uns noch ein bisschen; nur wenige trauten sich, ein Gespräch zu beginnen, doch als wir alle zusammen durch die Stadt spazierten, schmolz das Eis schnell. Noch wussten wir nicht, dass dies der Anfang der innigen Freundschaften zwischen uns und den Griechen war. Am Abend des ersten Tages hatten die Eltern der Griechen ein großes Buffet mit allerhand griechischen Leckereien für uns vorbereitet. Die Vielfalt der Speisen war umwerfend, alles auch nur zu kosten war kaum zu schaffen. Der Abend endete mit vollen Bäuchen und einem Saal voller zu griechischer Musik tanzender Schüler und Lehrer.

Das antike Korinth

Nicht ganz ausgeschlafen nach dem überlangen Sonntag erstiegen wir am kommenden Montag nach einem üppigen Frühstück im Hotel das gewaltige Felsmassiv von Akrokorinth, die Festungsanlage Korinths, an der viele Jahrhunderte gebaut hatten: wir kletterten und wanderten durch blumenübersäte Frühlingswiesen und genossen eine atemberaubenden Aussicht. Anschließend besichtigten wir das antike Korinth. Frau Tzonou, eine der führenden Archäologinnen Korinths, zugleich Mutter einer unserer Austauschschülerinnen, erklärte uns im Museum nicht nur die Exponate, sondern führte uns praktisch vor, welche Fragen man an antike Objekte stellen muss, um sie zum Sprechen zu bringen, damit sie vom Leben, den Ängsten und Hoffnungen, den Freuden und Sorgen der Menschen zu erzählen beginnen. Spannend war dann auch der Einblick in das Depot der Ausgrabungsfunde und die Restaurierungswerkstatt. Wir hatten die einmalige Gelegenheit, den Alltag der Archäologen und Restauratoren zu erleben.

Bild Baden-Baden

Archäologin Tzonou bringt mit uns antike Funde zum Sprechen. Foto: Reinhard Bode, Gymnasium Hohenbaden

In der Hauptstadt

Der Traum eines jeden, der sich für die Antike interessiert: der Besuch der Akropolis von Athen, ging für uns in Erfüllung am Dienstag, den 21.03. Ach, hätten wir nur etwas mehr Zeit gehabt, um dien Parthenon und die anderen Bauten auf uns wirken zu lassen! Auch in dem modernen, großzügig gestalteten Akropolismuseum mussten wir an vielen Exponaten vorübergehen und uns – sicher geleitet durch unseren Lehrer – auf das Wichtigste konzentrieren. Als wir schließlich in der Freizeit durch die laute und brodelnde Stadt liefen, wurden wir zweimal darauf angesprochen, welche Sprache wir sprechen würden, wie es uns in Griechenland gefalle und ob man uns ein gutes Restaurant oder einen schönen Platz zum Hinsetzen empfehlen dürfe. Wie waren völlig überwältigt von der Gastfreundschaft und freuten uns über die positive Reaktion der Griechen.

Schulalltag

Am Mittwoch, den 22.03., erlebten wir einen Schultag unserer Austauschschüler. Der Schultag beginnt mit einem gemeinsamen Gebet auf dem Schulhof. Nach der Begrüßung durch die Schulleitung zeigten uns die Schüler ihre Schule und wir spielten gemeinsam Basket- oder Volleyball. In der Pause standen fast alle Griechen neugierig um uns herum und versuchten, sich mit uns zu unterhalten. Sie freuten sich sehr, dass wir da waren. Der Altgriechischunterricht, an dem dann wir teilnehmen durften, unterscheidet sich schon sehr von dem, was wir aus Deutschland gewohnt sind. In Griechenland wird scheinbar viel mehr mit neugriechischen Übersetzungen als mit dem altgriechischen Original gearbeitet. Mit unserem griechischen Freunden fuhren wir anschließend zum antiken Zeusheiligtum in Nemea. Wir erprobten, wie ein Archäologe die Reste antiker Bauten «liest», d.h. datiert und gedanklich rekonstruiert, und diskutierten vor dem teilweise wiederaufgebauten Zeustempel das Für und Wider solcher Wiederherstellungen. Beim fröhlichen Picknick auf einem Spielplatz zeigten unsere Lehrer, dass sie ihre Kindheit noch nicht ganz vergessen hatten. Das abendliche Bowling mit unseren Griechen begann schon zur Gewohnheit zu werden.

Ein erschütternder Tag

Kalavryta und zwei Klöster der Umgebung standen am Donnerstag dem 23.03., auf dem Programm. In Kalavryta beging die Deutsche Wehrmacht im Dezember 1943 grauenhafte Kriegsverbrechen. Die gesamte männliche Bevölkerung der Stadt ab dem 12. Lebensjahr wurde Opfer eines Massakers, die in der Schule eingesperrten Frauen und Kinder entgingen nur knapp dem Tod durch die Flammen beim Niederbrennen der Stadt durch die deutschen Soldaten. Auch die Umgebung der Stadt wurde nicht verschont. Die Mönche des Höhlenklosters Mega Spileo (Μέγα Σπήλαιο), dessen berühmte uralte Ikone der Gottesmutter auch heute noch unter orthodoxen Christen große Verehrung genießt, wurden von den Deutschen 1943 einfach von den Felsen herab in den Tod gestürzt. Im Museum von Kalavryta erfuhren wir die erschütternden Details des deutschen Kriegsverbrechens. Im Gedenkraum mit den Fotos der vielen Hundert Ermordeten, verharrten wir minutenlang fassungslos und schweigend. Beim Besuch des Denkmals auf dem Hügel, wo die Massenerschießungen stattfanden, umarmten wir spontan unsere wie wir tief bewegten griechischen Freunde. Es flossen Tränen.

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Aufstieg zum Gedenkhügel deutscher Kriegsverbrechen in Kalavryta. Foto: Reinhard Bode, Gymnasium Hohenbaden

Ein Schulfest

Jedes Jahr am 25. März feiern die Griechen den Beginn des Unabhängigkeitskampfes gegen die osmanische Herrschaft im Jahr 1821. Einen Tag davor widmet sich ein Schulfest der Erinnerung an dieses Ereignis. Wir versammelten uns in einer Festhalle, in der die Schüler verschiedene Theaterstücke und Tänze vorführten, die Geschichten erzählten und Lieder vortrugen. Am Ende durften auch wir auf der Bühne mit den Griechen tanzen. Das Beeindruckendste war aber die Erneuerung und Erweiterung des Vertrags zwischen der Partnerschule und unserem Gymnasium Hohenbaden. Wir trugen den Text zum Vertrag auf Griechisch vor, einer unserer griechischen Freunde auf Deutsch.

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Wir üben griechische Tänze kurz vorm Auftritt auf der Bühne. Foto: Reinhard Bode, Gymnasium Hohenbaden

Gottesdienst, Parade, Familienfest

Die offizielle Eröffnung des Feiertags ist ein Gottesdienst in der Kirche des Apostels Paulus. Die Fülle der Wandmalereien, der Glanz der Kronleuchter, die Farbenpracht der Priestergewänder, das ehrfurchtsvolle Küssen der Ikonen durch die Gläubigen, der getragene Sprechgesang der Liturgie – das alles wirkte auf die meisten von uns schon recht exotisch. Was da gesprochen und gesungen wurde, verstanden wir kaum, obwohl Herr Bode uns versicherte, dass das reines Altgriechisch sei. Anschließend gab es eine große Parade der Kindergärten und Schulen von der Grundschule bis zur Abendschule für Erwachsene. Alle marschierten in farbenfrohen traditionellen Trachten im Gleichschritt durch die Straßen. Es war ein sehr eindrucksvolles und unvergessliches Erlebnis. Nach der Parade gingen wir jeweils zu einer Gastfamilie, in der wir – einige von uns bis zum späten Abend – die unübertreffliche Großzügigkeit griechischer Gastfreundschaft genossen. Es war eine direkt freundschaftliche und herzliche Situation, in die wir eingebunden wurden. Überhäuft mit Gastgeschenken kamen wir am Abend zurück ins Hotel.

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Am Rande der Parade am Nationalfeiertag. Foto: Reinhard Bode, Gymnasium Hohenbaden

Rundfahrt durch die Argolis

Der Sonntag der 26.03., war auch schon unser letzter Tag. Wir besuchten die mythenreiche Burg von Mykene mit ihren kyklopischen Mauern und dem monumentalen Löwentor, die romantische Stadt Nafplion, die erste Hauptstadt des von den Osmanen befreiten Griechenland, sowie den antiken Kurort Epidauros. Unvergesslich bleiben der Ausblick nach fast 1000 Stufen Aufstieg auf die Festung Palamidi und das riesige antike Theater von Epidauros mit seiner rätselhaft guten Akustik. Als wir nachmittags wieder in Korinth ankamen, schlug die Stimmung schlagartig um, da uns allen plötzlich klar war, dass wir nun die letzten Stunden zusammen verbringen würden. Wir spielten als große Gruppe ein letztes Mal Spiele zusammen und trafen uns letztlich vorm Hotel. Der Abschied war sehr schmerzhaft, da wir alle in der kurzen Zeit sehr schnell und sehr eng zusammengewachsen waren. An diesem Abend flossen viele Tränen. Wir versprachen uns, dass wir uns alle wiedersehen werden.

Zu guter Letzt

Abschließend lässt sich sagen, dass sich jede Mühe gelohnt hat. Alle Tage waren unvergesslich und es wurden unzertrennliche Freundschaften geschlossen. Nicht nur zwischen den Kindern, sondern auch den Eltern. Im Namen der Klassenstufen 9 und 10 bedanke ich mich recht herzlich für die Bemühungen der sowohl deutschen Lehrer, Herrn Höfele und Herrn Bode, als auch bei der griechischen Lehrerin Frau Tsielou. Ich danke für die Gastfreundschaft und Offenheit der griechischen Familien und die Hilfsbereitschaft der deutschen Eltern.




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