Schach-Bundesliga
Turbulenzen in der Schach-Bundesliga – „OSG lässt sich nicht beeindrucken und setzt Zeichen der Stärke“
Baden-Baden, 10.02.2020, Bericht: Walter Siemon/OSG Unmittelbar vor der dritten Doppelrunde am vergangenen Wochenende gab Aufsteiger SV Lingen, sensationell auf dem dritten Tabellenplatz liegend, für alle völlig überraschend seinen Rückzug aus der Liga bekannt.
Die finanzielle Grundlage sei nicht mehr gegeben. Wie es zu existenziellen Finanzproblemen innerhalb des ersten Saisondrittels kommen konnte, lies der SV Lingen unbeantwortet. Die Auswirkunken sind gravierend, das Tabellenbild hat sich wettbewerbsverzerrend verändert. Den größten Profit daraus zieht der Mitfavorit SV Hockenheim: Die unerwartete Niederlage der Rennstädter gegen Lingen in Runde drei wird nun annulliert, einfach ungeschehen gemacht. Damit sind die Rennstädter wieder, wie die OSG, verlustpunktfrei.
Überhaupt war in der vergangenen Doppelrunde der Schachbundesliga der Wurm drin. Eigentlich müssen alle Mannschaften gleichzeitig den ersten Zug machen, aber zwei Begegnungen, auch die der OSG gegen Gastgeber Turm Kiel, begannen wegen organisatorischer Probleme mit zweistündiger Verspätung.
Von all diesen Dingen offenbar unbeeindruckt, zog der Titelverteidiger von der Oos seine Bahn, gewann mit 6:2 gegen Kiel und behielt auch gegen den Hamburger SK seine weiße Weste, und zwar überraschend deutlich mit 5,5:2,5. Das Team von der Alster, bis dato unmittelbarer Verfolger auf dem zweiten Tabellenplatz, ist nunmehr auf den vierten Rang abgedrängt, zumal auch gegen Deizisau nach einem 4:4 Unentschieden ein Punkt liegen geblieben war.
Gegen Kiel ging für die OSG keine Partie verloren. An den ersten vier Brettern erzielten Richard Rapport, Francisco Vallejo-Pons, Arkadij Naiditsch, und Etienne Bacrot remis, während in der unteren Hälfte, an den Brettern von Yifan Hou, Alexei Shirov, Sergei Movsesian und Jan Gustafsson, volle Punkte erspielt wurden. Herausragend: Das tollkühne Figurenopfer, mit dem sich Alexei Shirov in dem Stil, den man von ihm kennt, seinen Gegner dermaßen schockte, dass dem Kieler durchaus mögliche Verteidigungsressourcen in wenigen Zügen aus der Hand glitten.
Gegen Hamburg hieß es bei Rapport, Vallejo-Pons, Naiditsch und Movesian jeweils 1:0 für Baden-Baden, Maxime Vachier-Lagrave am Spitzenbrett, Etienne Bacrot und Alexei Shirov teilten sich die Punkte mit ihren Gegnern. Besonders beachtlich aus Hamburger Sicht: Das Unentschieden des 23jährigen Nachwuchstalents Rasmus Savane gegen den aktuellen Weltranglistenachten, Maxime Vachier-Lagrave.
Aus Baden-Badener Sicht ist der Sieg von Arkadij Naiditsch hervorzuzuheben, der, zuletzt in einer Formkrise, ein Erfolgserlebnis genießen durfte. Er hatte gegen seinen Kontrahenten Ernst Sipke in schlechterer Stellung die Nerven behalten und den Spieß schließlich umgedreht. Auch Richard Rapport, Francisco Vallejo-Pons und Sergei Movsesian gewannen ihre Partien. Einzig die Chinesin Yifan Hou musste den Hamburgern einen vollen Ehrentreffer überlassen.
«Ein schwieriges Wochenende, das aber durch eine geschlossene starke Teamleistung gute gemeistert wurde», zeigte sich Teamchef Sven Noppes sehr mit seiner Mannschaft zufrieden. «Die Verantwortlichen der Schachbundesliga werden allerdings noch einiges aufzuarbeiten haben.»
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