Gastkommentar

Chancen der Digitalisierung viel stärker für ältere Menschen nutzen – Gastkommentar von Thomas Bippes

Bild Thomas Bippes Gastkommentar von Thomas Bippes
11.08.2022, 00:00 Uhr



Baden-Baden In unregelmäßigen Abständen veröffentlicht goodnews4.de Beiträge von Gastkommentatoren. Zum engeren Kreis gehören der Baden-Badener Bestsellerautor Franz Alt und Thomas Bippes, der sich insbesondere den Themen der Digitalisierung, IT und Künstlichen Intelligenz zuwendet.

Thomas Bippes war in der Zeit von 1998 bis 2006 Pressesprecher von Fraktion und Partei der CDU Rheinland-Pfalz und ist heute Professor für Medien- und Kommunikationsmanagement an der SRH Fernhochschule – The Mobile University sowie Gesellschafter einer Online Marketing Agentur in Baden-Baden. Das Handwerkszeug für professionelles Online-Marketing lernte der Kommunikationsexperte im Presse- und Informationsstab des Bundesministeriums der Verteidigung, als Referent und Pressesprecher von Landtagsfraktionen sowie als Chefredakteur und Verleger von Mitgliedermagazinen für Institutionen und Verbände.

Kommentar: Thomas Bippes Das Verhältnis der Deutschen zur Digitalisierung ist in vielen Bereichen gespalten, ja fast widersprüchlich. Zeichnet sich einerseits – getrieben durch die Kontaktbeschränkungen der Coronapandemie – ein längst überfälliger Digitalisierungsschub ab, bleiben auf der anderen Seite große gesellschaftliche Gruppen abgehängt und können noch nicht von den vielfältigen Vorteilen des Megatrends profitieren – mit teils gravierenden persönlichen Folgen.

Unzweifelhaft gehört zu den Abgehängten im digitalen Fortschritt die ältere Generation in Deutschland. Zwar werden sie mitunter als «Silver Surfer» betitelt. Doch die internet- und technikaffinen Menschen Ü70 sind weiterhin eher selten und vorwiegend im bürgerlichen Milieu anzutreffen. Gleichzeitig sind die gesellschaftlichen Strukturen, in denen sich ältere Menschen heute bewegen, noch nicht ausreichend digitalisiert. Videosprechstunden sind nach wie vor keine Selbstverständlichkeit. Viele Pflegeheime haben keinen Internetanschluss, obwohl es gerade in Zeiten eingeschränkter Kontakte so leicht gewesen wäre, die Verbindung zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern und deren Angehörigen auf diese Weise aufrecht zu erhalten. Technische Unterstützung, um zum Beispiel den Alltag von Demenzkranken so lange wie möglich in ihrem häuslichen Umfeld zu organisieren, ist nur vereinzelt im Einsatz.

 

Studie zeigt: Menschen über 65 nutzen häufiger das Internet, sind aber dadurch gestresst

Dabei sind Menschen in der Altersgruppe ab 65 Jahren durchaus offen für die Nutzung digitaler Strategien. Die Corona-Pandemie hat einer Bitcom Studie zufolge gerade in diesen Alterskohorten einen echten Digital-Boom ausgelöst. So gaben 75 Prozent der befragten Seniorinnen und Senioren im Dezember 2021 bzw. Januar 2022 an, das Internet intensiver zu nutzen. Noch ein Jahr zuvor war es nur die Hälfte, die angab, häufiger im World Wide Web unterwegs zu sein. Gleichzeitig teilte die Hälfte der Befragten mit, durch die Nutzung belastet zu sein. Die Befragung zeigt deutlich, dass die Vorteile für ältere Generationen, die mit der Digitalisierung einhergehen könnten, noch nicht in der älteren Generation angekommen sind.

Digitalisierung kann das Leben im Alter zuhause erleichtern und sicherer machen

Es braucht folglich mehr auf ältere Menschen zugeschnittene, bedarfsorientierte Angebote. Eine flächendeckende Erschließung der Alten- und Pflegeheime und der Arztpraxen mit WLAN ist nur die Grundlage. Darauf aufbauend ließen sich vermehrt individuelle Angebote für ältere Menschen schaffen. Den Kontakt niederschwellig erleichtern, die Telemedizin ausbauen und das Leben zu Hause im Alter digital, barrierearm und intuitiv nutzbar machen, muss oberstes Ziel sein. Gerade für Menschen mit dementiellen Veränderungen liegen in der Digitalisierung große Chancen. Sprachassistenten, Navigationssystem, Erinnerungsfunktionen auf dem Smartphone, die Steuerung der Haustechnik durch Verwandte oder Alarmsysteme, wenn die pflegebedürftige Person zum Beispiel bis morgens um zehn die Küche noch nicht aufgesucht hat – all dies ist technische Unterstützung, die gezielt dazu dienen kann, den Verlust eigener Fähigkeiten im Alter auszugleichen. Private Anbieter wie zum Beispiel «Lively» haben diese Chancen erkannt und setzen auf neue Konzepte für ältere Menschen für ein selbstbestimmtes Wohnen, digitale Angebote inklusive. Fakt ist: Deutschland muss die Chancen der Digitalisierung viel stärker für ältere Menschen nutzen.


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