Gastkommentar
Eigentlich eine Chance für Baden-Baden – Digitalisierung in der Verwaltung – Einsparmöglichkeiten liegen auf der Straße – Gastkommentar von Thomas Bippes

Gastkommentar von Thomas Bippes
07.10.2025, 00:00 Uhr
Baden-Baden In unregelmäßigen Abständen veröffentlicht goodnews4.de Beiträge von Gastkommentatoren. Zum engeren Kreis gehören der Baden-Badener Bestsellerautor Franz Alt und Thomas Bippes, der sich insbesondere den Themen der Digitalisierung, IT und Künstlichen Intelligenz zuwendet.
Thomas Bippes ist Professor für Medien, Kommunikation und Online Marketing an der SRH-Fernhochschule - The Mobile University. Dort leitet er die Studiengänge Kommunikation und Medienmanagement B.A., Kommunikation und Content Creation B.A. sowie Online Marketing B.A.. Thomas Bippes ist Gesellschafter der Online Marketing Agentur PrimSEO in Baden-Baden.
In seinem heutigen Gastkommentar kommt Thomas Bippes zu dem Schluss, dass durch die Digitalisierung immense Ressourcen eingespart werden können. Zu einem anderen Schluss kam unlängst gerade die Geschäftsführerin eines Tochterunternehmens der Stadt Baden-Baden. Die Digitalisierung würde zusätzliche Kosten verursachen, ließ sie den Gemeinderat wissen.
Kommentar: Thomas Bippes Kommunen in Deutschland stehen unter enormem Druck. Die Kosten steigen, die Einnahmen stagnieren bestenfalls, Personal ist knapp, die Aufgaben wachsen. Gleichzeitig steigen die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger: Schnelle Antworten, digitale Prozesse, moderne Kommunikation – so wie man es aus dem Alltag längst gewohnt ist.
Die gute Nachricht lautet: Die Lösungen liegen buchstäblich auf der Straße. Wird die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen ernst genommen und konsequent umgesetzt, können Milliarden eingespart werden – und gleichzeitig Bürgernähe und Servicequalität deutlich verbessert werden.
Milliarden-Einsparungen durch Digitalisierung – längst belegt
Dass Digitalisierung kein Kostenfaktor, sondern vor allem ein Effizienztreiber ist, zeigen mehrere aktuelle Studien:
Das Vodafone-Institut beziffert das Einsparpotenzial allein in klassischen Verwaltungsdienstleistungen – etwa bei Kfz-Anmeldungen oder Ummeldungen – auf 46 Millionen Arbeitsstunden pro Jahr. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) sieht ein Potenzial von 60.000 Stellen, die durch Digitalisierung eingespart oder umgewidmet werden könnten – bei gleichzeitiger Entlastung der Beschäftigten und Steigerung der Servicequalität.
Studien zeigen eindrucksvoll: Digitalisierung ist ein Sparprogramm des öffentlichen Sektors
Probleme bei der Umsetzung liegen selten in der Technik. Was fehlt, sind klare Zuständigkeiten, Mut zur Veränderung und ein durchdachtes Umsetzungsmanagement. Digitalisierung ist also keine Frage der Software, sondern der Führungskultur. Kurzum – wir haben vielerorts ein Managementproblem. Ein aktueller Artikel von McKinsey verweist auf eine gemeinsame Analyse von McKinsey und der Universität Oxford. Diese zeigt: Rund 80 Prozent der großen IT-Projekte im öffentlichen Sektor dauern länger als geplant – im Schnitt um 47 Prozent über dem vorgesehenen Zeitrahmen. Das verdeutlicht die erheblichen Umsetzungsschwierigkeiten in der Verwaltung. Auch der IW-Report 2023 zur Verwaltungsdigitalisierung kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: «Die Digitalisierung der Verwaltung kommt in Deutschland nicht voran; im europäischen Vergleich befindet sich das Land im E-Government weiterhin im unteren Mittelfeld.»
Wer es mit der Digitalisierung ernst meint, braucht klare Verantwortlichkeiten, Change-Management-Kompetenzen und Weiterbildung für Mitarbeitende. Nur so, mit definierten Zielen, Strukturen und Prozessen, werden digitale Systeme auch tatsächlich genutzt. Und erzeugen die Effekte, die in den Studien längst belegt sind.
Digitalisierung greift heute auf nahezu allen Ebenen kommunalen Handelns – von der Führerscheinstelle über die Wirtschaftsförderung bis hin zum Tourismus. Und gerade der Tourismus zeigt, wie Digitalisierung Effizienz, Erfolg und Kostenersparnis ermöglichen kann. Die Bitkom-Studie «Von der Pauschalreise zum E-Tourismus» belegt, dass digitale Technologien heute längst integraler Bestandteil moderner Tourismusangebote sind und künftig noch stärker Personalisierung und Prozessoptimierung fördern werden. 80 Prozent der Internetnutzer nutzen bereits Online-Buchungen für Flüge, Unterkünfte oder Mietwagen – ein klarer Beleg dafür, dass digital gestützte Prozesse heute selbstverständlich sind.
Digitale Tools steigern Effizienz, Online-Sichtbarkeit, Nachhaltigkeit und Servicequalität
Digitale Buchungsplattformen, automatisierte Gästekarten, smarte Datenverknüpfungen und KI-gestützte Empfehlungssysteme machen es heute möglich, Reiseangebote zu personalisieren und gleichzeitig Kosten zu senken.
Ein Beispiel: In immer mehr Destinationen werden Gästekarten digital abgebildet. Besucherinnen und Besucher können mit einer einzigen App Unterkünfte buchen, Tickets kaufen und Freizeitangebote planen. Die Kommunen wiederum profitieren von automatisierten Abrechnungen, einer besseren Besucherlenkung und reduziertem Personalaufwand.
Digitale Tools steigern nicht nur Effizienz, Online-Sichtbarkeit und Nachhaltigkeit, sondern verbessern auch die Servicequalität. Besonders dort, wo digitale Schnittstellen zwischen Verwaltung, Betrieben und Gästen geschaffen wurden, können Prozesse deutlich verschlankt und Kosten reduziert werden.
Das Beispiel Tourismus macht deutlich: Digitalisierung kann Win-Win-Situationen schaffen – für Verwaltung, Wirtschaft und Gäste gleichermaßen. Sie ermöglicht Personalentlastung, präzise Datenanalyse und individuelle Ansprache, spart Zeit und Geld – und steigert zugleich den Erfolg ganzer Städte oder Regionen. Ausgabensteigerungen in der Tourismus-Förderung ohne eine gleichzeitig erkennbare Digitalisierungsstrategie sind allerdings oftmals Ausdruck von Managementproblemen.
Digitalisierung ist kein Risiko, sondern Rendite
Digitalisierung ersetzt keine Menschen, sie ersetzt Routinearbeit. Sie schafft Freiräume für das, was Verwaltungen und kommunale Akteure wirklich leisten sollen: gestalten, entscheiden, unterstützen. Kommunen, die jetzt auf Digitalisierung setzen, gewinnen doppelt – sie sparen Geld und sie stärken ihre Attraktivität als moderner, serviceorientierter Standort.
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