Gastkommentar
Künstliche Intelligenz als geopolitische Machtfrage – Wo bleibt Europa? – Gastkommentar von Thomas Bippes

Baden-Baden, 08.02.2025, Bericht: Redaktion In unregelmäßigen Abständen veröffentlicht goodnews4.de Beiträge von Gastkommentatoren. Zum engeren Kreis gehören der Baden-Badener Bestsellerautor Franz Alt und Thomas Bippes, der sich insbesondere den Themen der Digitalisierung, IT und Künstlichen Intelligenz zuwendet.
Thomas Bippes ist Professor für Medien, Kommunikation und Online Marketing an der SRH-Fernhochschule - The Mobile University. Dort leitet er die Studiengänge Kommunikation und Medienmanagement B.A., Kommunikation und Content Creation B.A. sowie Online Marketing B.A.. Thomas Bippes ist Gesellschafter der Online Marketing Agentur PrimSEO in Baden-Baden.
Kommentar: Thomas Bippes Die weltweite Entwicklung im Bereich Künstliche Intelligenz, KI, schreitet rasant voran. Während China und die USA Milliarden in die Forschung investieren, hochmoderne KI-Modelle entwickeln und neue Geschäftsmodelle erschließen, wirkt Europa in dieser Dynamik zunehmend abgehängt.
Statt mit eigenen Innovationen gegenzusteuern, dominieren hierzulande vor allem Regulierungsdebatten und ethische Bedenken. Dabei zeigt sich bereits jetzt, dass KI ein geopolitischer Machtfaktor ist – mit weitreichenden Konsequenzen für Wirtschaft, Demokratie und gesellschaftliche Entwicklungen.
KI als Werkzeug der Manipulation: Gefahr für demokratische Prozesse
Ein besonders besorgniserregender Aspekt der aktuellen KI-Entwicklung ist ihre Verwendung zur Manipulation von Wahlen. Die Berichterstattung rund um die bevorstehende Bundestagswahl 2025 zeigt deutlich, wie autoritäre Akteure bereits heute KI-Technologie nutzen, um Desinformation gezielt zu verbreiten. Plattformen wie TikTok, X (ehemals Twitter) oder Facebook werden zunehmend mit Deepfakes, gefälschten Zitaten und täuschend echten Bildern und Videos geflutet – Inhalte, die sich in sozialen Netzwerken mit atemberaubender Geschwindigkeit verbreiten. Die Grenze zwischen Fakt und Fiktion verschwimmt dabei immer mehr, sodass selbst medienkompetente Nutzer Schwierigkeiten haben, wahrheitsgemäße Informationen von manipulierten Inhalten zu unterscheiden. Wer mehr darüber erfahren will, dem lege ich mein Whitepaper «Fake News: Erkennen, Verstehen und Vermeiden» ans Herz.
Das Problem ist nicht neu – doch Künstliche Intelligenz beschleunigt und professionalisiert diese Manipulationsmechanismen in einer bislang ungekannten Dimension. Besonders betroffen sind junge Wähler, die politische Inhalte verstärkt über soziale Plattformen konsumieren. Das in den USA diskutierte Verbot von TikTok zeigt auf, wie ernst die Sorge um ausländische Einflussnahme genommen wird. Doch in Europa fehlt bislang eine vergleichbare strategische Auseinandersetzung mit dem Problem.
Europas KI-Defizit: Abhängigkeit statt technologischer Souveränität
Während die USA und China schier unvorstellbare Summen in Künstliche Intelligenz investieren, hinkt Europa deutlich hinterher. Laut aktuellen Berichten aus der Wirtschaft beträgt die gesamte europäische KI-Förderung lediglich rund 7 Milliarden Euro – ein winziger Bruchteil der Summen, die in den USA und China bereitgestellt werden.
Die Folge ist bereits spürbar: Europäische Start-ups und Forschungszentren geraten ins Hintertreffen, während die Abhängigkeit von US-amerikanischen oder chinesischen KI-Systemen zunimmt. Unternehmen setzen zunehmend auf KI-Lösungen aus den USA, etwa OpenAI oder Google Gemini, während China seine eigenen Large Language Models (LLMs) wie DeepSeek gezielt als Alternative zu westlichen Modellen positioniert. Europa läuft also Gefahr, in der globalen KI-Landschaft von der Gestaltungsrolle in eine Konsumentenrolle abzurutschen. Das hat nicht nur wirtschaftliche Konsequenzen, sondern betrifft auch strategische Fragen der digitalen Souveränität.
Handlungsbedarf: Was Europa jetzt tun muss
Europa steht an einem Scheideweg: Setzt es weiterhin auf reine Regulierungsansätze oder wagt es den technologischen Aufbruch? Die kommenden Jahre werden darüber entscheiden, ob der Kontinent im globalen KI-Wettbewerb mitspielt, oder endgültig abgehängt wird.
Die Entwicklungen in China und den USA machen deutlich, dass Künstliche Intelligenz längst zu einer zentralen Machtfrage geworden ist. Europa kann es sich nicht leisten, in der Zuschauerrolle zu verharren. Anstatt sich in überbordenden Regulierungsdebatten zu verlieren, braucht es einen echten technologiepolitischen Aufbruch. Nur wenn der Kontinent endlich entschlossen investiert, eigene KI-Modelle entwickelt und sich gegen Desinformation wappnet, kann er langfristig eine Rolle als Gestalter der digitalen Zukunft spielen.
Die Bundestagswahl 2025 wird ein entscheidender Testfall dafür sein, wie gut Europa auf diese Herausforderungen vorbereitet ist. Bleiben wir eine gestaltende Kraft in der KI-Ära – oder überlassen wir anderen die Kontrolle über unsere digitale Zukunft?
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