Auswirkungen der Corona-Krise

Kurhaus Baden-Baden wird zum Impfzentrum – „Rien ne va plus“ im Casino

Kurhaus Baden-Baden wird zum Impfzentrum – „Rien ne va plus“ im Casino
Foto: goodnews4-Archiv

Baden-Baden, 12.01.2021, Bericht: Redaktion Laut Marlene Dietrich ist das Casino Baden-Baden im Kurhaus das schönste Casino der Welt. Unterhaltsames Glücksspiel und kulturelle Veranstaltungen sind aber aufgrund des Lockdowns erst einmal passé.

Geschlossen ist das Kurhaus aber trotzdem nicht. Es wurde in ein Kreisimpfzentrum umfunktioniert, um die Bewohner der Bäderstadt gegen Covid-19 zu impfen. Wer voraussichtlich ab dem 22. Januar das Kurhaus besuchen will, muss zur entsprechenden Risikogruppe gehören und benötigt eine Terminvereinbarung. Er erhält dann die Impfung gegen Covid-19 im vielleicht prunkvollstem Impfzentrum in Deutschland.

Das Kurhaus gehört den Bürgern und wird von der Tochtergesellschaft des Landes, der Bäder- und Kurverwaltung Baden-Württemberg, BKV, verwaltet. Spielbetrieb und kulturelle Veranstaltungen sollen auch im Casino, ebenfalls von einer Landestochter, der Baden-Württembergische Spielbanken GmbH & Co. KG gemanagt, nach dem Lockdown wieder aufgenommen werden. Aktuell haben die wenigen im Jahr 2021 geplanten Events im Kurhaus den Status «abgesagt» oder «verschoben». Während Kulturfreunde diesbezüglich kaum Alternativen haben, weichen Freunde des Glücksspiels immer öfter darauf aus, online Live Roulette zu spielen. Die Livestreams mit echten Croupiers erreichen zwar nicht die Casino-Atmosphäre wie im Wintergarten oder im Roten Saal des Kurhauses, kommen dieser aufgrund ausgefeilter Technologien aber schon recht nah.

Der Boom der Online-Casinos hat Besucherzahlen und Umsätze in stationären Spielbanken ab den 2000er Jahren immer mehr schrumpfen lassen. Neue Konzepte mit weiteren Unterhaltungsformaten wie Autorenlesungen, Pokerturnieren und gehobener Gastronomie haben ab 2015 wieder zu erträglichen Zahlen geführt. Einer Gewinnsteigerung der baden-württembergischen Spielbanken von 4,8 Prozent im Jahr 2017 folgte ein Wachstum von 4,7 Prozent 2018. 2019 erreichten die Baden-Württembergischen Spielbanken, zu denen neben dem Casino Baden-Baden noch die Spielstätten in Stuttgart und Konstanz gehören, mit einer Umsatzsteigerung von 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr ihr historisch bestes Ergebnis. Der Gesamt-Bruttospiel-Ertrag lag 2019 bei 107,2 Millionen Euro gegenüber 90,2 Millionen Euro 2018. Knapp 230.000 Besucher im Casino Baden-Baden bedeuteten ein Plus von sechs Prozent. Für alle drei Casinos im Ländle stand 2019 ein Wachstumsplus von 18,7 Prozent zu Buche. Zum Vergleich: 888 Holdings als einer der weltweit größten Anbieter von Online-Glücksspielen erzielte im Jahr 2019 einen Umsatz von 439,2 Millionen Euro.

Die Corona-Pandemie hat 2020 nach zwei Shutdowns über insgesamt knapp zwanzig Wochen in zwei Etappen Besucherzahlen und Umsätze einbrechen lassen. In den Zeiten, in denen der Spielbetrieb möglich war, haben Beschränkungen bei der Anzahl der Gäste, nur 200 pro Tag waren erlaubt, sowie die weltweiten Reisewarnungen die nationalen und internationalen Besucherzahlen schrumpfen lassen. Laut Stuttgarter Zeitung brach der Umsatz bei den drei Casinos in Baden-Württemberg allein im ersten Halbjahr 2020 um 34,5 Prozent auf 24,1 Millionen Euro ein. Sollte im zweiten Halbjahr ein ähnliches Ergebnis erzielt werden, müssten die Casinos mit Umsatzeinbußen von mehr als 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr rechnen.

 

Experten gehen davon aus, dass auch in diesem Jahr in den nicht systemrelevanten Branchen wie Glücksspielunterhaltung oder Kultur noch mindestens bis Mitte des Jahres mit Einschränkungen gerechnet werden muss. Staatliche Hilfen wie Kurzarbeitergeld oder Überbrückungshilfen können maximal das Überleben sichern, wenn überhaupt. Die Corona Pandemie ist somit ein harter Schlag für die stationären Spielbanken in Baden-Württemberg, während die Online Casinos als härteste Konkurrenz davon noch profitieren dürften. Wer spielt schon gern mit Mund-Nasen-Schutz Roulette, wenn er gemütlich auf dem heimischen Sofa am Laptop ein angenehmeres Spielerlebnis haben kann?

Im Glücksspielstaatsvertrag ist festgelegt, dass die Regulierung der Spielbanken den Ländern obliegt. Dabei können die Modelle für die Regulierung von Spielbanken variieren. In Baden-Württemberg liegt der Betrieb komplett in staatlicher Hand. Hamburg bevorzugt zum Beispiel das private Konzessionsmodell mit mehreren Konzessionären, Bayern die Staatliche Lotterieverwaltung. Somit sind die 66 stationären Spielbanken in Deutschland staatliche Unternehmen, die die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie gezwungenermaßen unterstützen müssen. Aus wirtschaftlicher Sicht ist das ein zusätzlicher Nachteil gegenüber privat geführten Unternehmen. Die staatliche Trägerschaft hat aber die Erhebung des Kurhauses Baden-Baden zum Impfzentrum erst möglich gemacht. Die enge Zusammenarbeit zwischen der Bäder- und Kurverwaltung Baden-Württemberg, BKV, Tochtergesellschaft des Landes und Eigentümerin der Kurhaus-Immobilie, mit dem Fachbereich Ordnung und Sicherheit der Stadtverwaltung hat dies möglich gemacht.


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