Gastkommentar

Schlechtes Internet können wir uns nicht leisten! – 30 Milliarden Euro an Arbeitskraft gehen verloren – Gastkommentar von Thomas Bippes

Bild Thomas Bippes Kommentar von Thomas Bippes
07.12.2022, 00:00 Uhr



Baden-Baden In unregelmäßigen Abständen veröffentlicht goodnews4.de Beiträge von Gastkommentatoren. Zum engeren Kreis gehören der Baden-Badener Bestsellerautor Franz Alt und Thomas Bippes, der sich insbesondere den Themen der Digitalisierung, IT und Künstlichen Intelligenz zuwendet.

Thomas Bippes war in der Zeit von 1998 bis 2006 Pressesprecher von Fraktion und Partei der CDU Rheinland-Pfalz und ist heute Professor für Medien- und Kommunikationsmanagement an der SRH Fernhochschule – The Mobile University sowie Gesellschafter einer Online Marketing Agentur in Baden-Baden. Das Handwerkszeug für professionelles Online-Marketing lernte der Kommunikationsexperte im Presse- und Informationsstab des Bundesministeriums der Verteidigung, als Referent und Pressesprecher von Landtagsfraktionen sowie als Chefredakteur und Verleger von Mitgliedermagazinen für Institutionen und Verbände.

Kommentar: Thomas Bippes Ohne flächendeckendes schnelles Internet setzt Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel. Studierende, die immer wieder aus der Online-Vorlesung fliegen, Arbeitnehmer, deren Standbild in der Videokonferenz schon minutenlang eingefroren ist – fast jeder kennt die Situation, die dann entsteht, wenn das Internet lahmt oder ganz ausfällt.

Probleme mit dem Internet sind jedoch nicht nur ärgerlich für den Einzelnen, sondern schaden unserer Volkswirtschaft insgesamt. Sie gefährden die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes.

Eine repräsentative Umfrage, die der deutsche Internetknotenbetreiber DE-CIX durchgeführt hat, kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Einschränkungen durch eine schlechte Internetverbindung auf durchschnittlich 46 Minuten pro Woche summieren. Bild.de hat exklusiv über die Studie berichtet. Hochgerechnet aufs Jahr ergibt das eine komplette Arbeitswoche. Bei Arbeitnehmern, die das Internet sehr häufig nutzen, ist der Schaden natürlich umso größer.

 

Der volkswirtschaftliche Schaden insgesamt ist gigantisch. Kann ein Arbeitnehmer aufgrund einer lückenhaften Internetverbindung nicht arbeiten, hat der Arbeitgeber einen durchschnittlichen Verlust in Höhe von 1.228 Euro pro Jahr. Bei einem Unternehmen mit bis zu 49 Angestellten summiert sich der Schaden auf 60.000 Euro. Ein mittleres Unternehmen mit 249 Angestellten hat einen Verlust in Höhe von 300.000 Euro. Über die Hälfte der Arbeitnehmer in Deutschland arbeitet in kleinen und mittleren Unternehmen. Bleibt noch zu erwähnen, dass den Unternehmen in Deutschland aufgrund von schlechtem Internet insgesamt rund 30 Milliarden Euro an Arbeitskraft verloren gehen.

In den vergangenen Monaten wurde viel über den Scherbenhaufen diskutiert, den die Regierung Merkel hinterlassen hat – von massiven Fehlern in der Russlandpolitik über die faktische Abschaffung der Wehrpflicht, das Ende der Kernenergie in Deutschland bis zum Sanierungsstau in der Infrastruktur. Das Versagen in der Digitalisierung des Landes zählt unbedingt dazu. Der Blogger Sascha Lobo schreibt in seiner Spiegel-Online-Kolumne von einem «digitalen Staatsdebakel». Lahmes Internet und selbst auf den großen Autobahnen immer wieder abbrechende Telefongespräche sind eben keine nervige Lappalie.

Jahrelang ließ die Regierung Merkel die großen Telekommunikationsanbieter mit ihren löchrigen Netzen davonkommen. Nicht der Kunde, sondern die Rendite stand über allem. Wer kann sich schon daran erinnern, dass eine Beschwerde in eine konkrete Veränderung mündete? Abgeräumt hat der Staat dennoch – beim Verkauf der Frequenzen. Das vom Staat abgeschöpfte Geld fehlte und fehlt den Unternehmen beim Netzausbau. Schon damals war klar, dass das eine falsche Strategie der Bundesregierung war. Stattdessen hätte man strenge Regeln beim Ausbau vorgeben müssen. Die Regierung Merkel hat es schlichtweg versäumt, im föderalen Deutschland eine digitale Moderation zu übernehmen. Stattdessen wurstelt jedes Bundesland vor sich hin. Mit dem Ergebnis, dass unser Land an vielen Stellen den Anschluss verliert.

Die Politik in Deutschland hat die wichtige Rolle einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur noch immer nicht erkannt. Noch sieht es so aus, als würde das Prinzip Merkel in der Person Olaf Scholz weiterleben. Was für ein Drama.


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