Flüchtlingslage

18.963 ukrainische Schüler in Baden-Württemberg – Ausschuss nennt Flüchtlingszahlen – Geschichtlicher Hintergrund für hohe Zahl Ukrainer in Baden-Baden

18.963 ukrainische Schüler in Baden-Württemberg – Ausschuss nennt Flüchtlingszahlen – Geschichtlicher Hintergrund für hohe Zahl Ukrainer in Baden-Baden
Foto: Archiv

Baden-Baden/Stuttgart, 25.11.2023, Bericht: Redaktion Keine Stadt und kein Landkreis nahm proportional zur Einwohnerzahl so viele ukrainische Flüchtlinge auf wie Baden-Baden. Ein Grund ist, dass die gemeinsame Geschichte der Ukraine und Russlands die bevölkerungsstrukturelle Auswirkung in Baden-Baden gefunden hat.

Schon seit dem 19. Jahrhundert leben viele Russen und Ukrainer in unserer Stadt. Die Verbindung von Baden-Baden zu Russland begann 1793 mit der Hochzeit von Zar Alexander I. und Luise von Baden. Schätzungsweise 4.000 Russen und russischstämmige Einwohner leben in Baden-Baden. Rund 2.000 ukrainische Flüchtlinge leben derzeit ebenfalls im Stadtkreis Baden-Baden. Oft auch in gemeinsamen russisch-ukrainischen Familien, die über Generationen zusammengewachsen sind. Zur Geschichtsschreibung der Ukraine gibt es unterschiedliche Versionen. Dazu ein Hinweis im «Grauen Kasten».

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Der Ständige Ausschuss des baden-württembergischen Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, mit der Situation von Geflüchteten in Baden-Württemberg, insbesondere aus der Ukraine, und der Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Südwesten befasst. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf, gestern mit.

Die gemeinsame Geschichte der Ukraine und Russlands

«Ukraine» bedeutet «Grenzland». Bezeichnete der Begriff zunächst nur die Lage des Territoriums an der Grenze zur Steppe, entwickelte er sich seit dem 16. Jahrhundert zu einer eigenständigen Bezeichnung für das Territorium. Gleichzeitig schwelten Streitigkeiten über den Begriff der «Rus». Sowohl Ukrainer als auch Russen beanspruchten die «Kiewer Rus» als Wiege ihres Staates. Während die Ukraine vor allem territoriale Argumente geltend machte und sich als Ursprung Russlands verstand, berief sich die russische Seite vor allem darauf, dass auch die russischen Zaren bis zum Ende des 16. Jahrhunderts den direkten Nachfahren der Kiewer Rjurikiden entstammten. Gleichzeitig hatte sich – zunächst vor allem auf ukrainischer Seite – die Idee einer «Dreieinigkeit» des russischen Volkes aus Russen, Belarussen und Ukrainern herausgebildet, also die Vorstellung, dass dieses «altrussische» Volk den Kern des multiethnischen Kaiserreichs bildete. Anhänger der «ukrainischen Idee» hingegen betonten verstärkt die kulturelle und ethnische Unabhängigkeit von Russland.

Quelle: osteuropa.lpb-bw.de

Die Mitteilung des Landtags zur Sitzung des Ständigen Ausschusses im Wortlaut:

Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. November 2023, mit der Situation von Geflüchteten in Baden-Württemberg, insbesondere aus der Ukraine, und der Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Südwesten befasst. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf, mit.

Nach Angaben Wolfs wollte die Fraktion FDP/DVP mit ihrem Antrag zur Situation von Geflüchteten in Erfahrung bringen, wie viele Flüchtlinge seit Januar 2022 zur vorläufigen Unterbringung in Baden-Württemberg angekommen sind und wie viele Personen seit dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine in den Südwesten gekommen sind. Nach Angaben des Ministeriums der Justiz und für Migration seien seit 1. Januar 2022 rund 33.660 geflüchtete Personen im Land angekommen. Mit jeweils über 3.000 Geflüchteten hätten der Stadtkreis Stuttgart und der Landkreis Ludwigsburg die höchste Zahl an Geflüchteten registriert. Geflüchtete aus der Ukraine seien in diesen Zahlen nicht erfasst. Von den 33.660 Personen seien 7.391 minderjährig gewesen. Aus der Ukraine seien seit Beginn des russischen Angriffskriegs bis 20. Oktober 2023 112.380 Geflüchtete aufgenommen worden. Die größte Zahl an Geflüchteten seien in Stuttgart (10.015), Esslingen (8.549) und Ludwigsburg (8.544) erfasst worden. Die Antragsteller hätten die geringe Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten aus der Ukraine als erstaunlich bezeichnet. Nach Angaben des Ministeriums seien zum Zeitpunkt März 2023 nur 10.468 aus der Ukraine geflüchtete Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen, berichtete Guido Wolf.

 

Die Anzahl ukrainischer Schülerinnen und Schüler an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg belaufe sich auf 18.963 Personen. Die jungen Menschen erhielten mehrheitlich zunächst in sogenannten VKL-Klassen (Vorbereitungsklassen der allgemein bildenden Schulen) und VABO-Klassen (Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen der beruflichen Schulen) eine intensive Sprachförderung und würden auf die Integration in eine Regelklasse vorbereitet. Nach einer ersten Phase des Spracherwerbs in der VKL beginne in der Regel eine zunehmende Teilintegration in einer Regelklasse. Ein Teil der ukrainischen Schülerinnen und Schüler besuche anstelle einer VKL direkt eine Regelklasse unter Einsatz begleitender Sprachförderkurse.

Zudem beriet das Gremium nach Angaben des Vorsitzenden auf Antrag der SPD-Fraktion über die Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Baden-Württemberg. Ziel des Antrags sei, die geltende Rechtslage und Verwaltungspraxis im Südwesten abzufragen. Hintergrund sei die aktuelle migrationspolitische Debatte und daraus resultierende Fragen zum Leistungsumfang.

Nach Auskunft des Ministeriums der Justiz und für Migration bestehe grundsätzlich kein Zusammenhang zwischen der Unterbringung im System der Flüchtlingsaufnahme und dem einschlägigen Leistungsrecht, das vielmehr an den aufenthaltsrechtlichen Status des jeweiligen Hilfeempfängers anknüpfe. Demnach könnten Personen in der vorläufigen Unterbringung im Sinne des baden-württembergischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes (FlüAG) sowohl Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG, z. B. Asylsuchende), nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II oder SGB XII, z. B. Geflüchtete aus der Ukraine nach § 24 Aufenthaltsgesetz) oder auch gar keine Sozialleistungen (bei eigenem Einkommen) beziehen. Dies gelte entsprechend auch in der kommunalen Anschlussunterbringung. Personen in privater Unterbringung – also außerhalb der Flüchtlingsaufnahme – könnten bei Vorliegen der Voraussetzungen ebenfalls Leistungen nach dem AsylbLG oder dem SGB II/SGB XII beziehen.

Art und Umfang der Leistungen an ausländische Staatsangehörige ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht werden laut Wolf bundeseinheitlich durch das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geregelt. In den ersten 18 Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland erhielten Leistungsberechtigte Grundleistungen zur Deckung der grundlegenden Bedürfnisse des täglichen Lebens. Darunter fielen Leistungen für Unterkunft, Ernährung, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege sowie Gebrauchs- und Verbrauchsgüter für den Haushalt. Zudem erhielten sie Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens. Leistungsberechtigte, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhielten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben, erhielten hiervon abweichend keine Grundleistungen mehr, sondern Leistungen entsprechend dem SGB XII.

Wie Wolf ausführte, habe das Ministerium mitgeteilt, dass nach Auffassung der Landesregierung die Gewährung von Sach- statt Geldleistungen geeignet sei, Fehlanreize für die Einreise nach Deutschland abzubauen sowie finanzielle Transferleistungen in die Herkunftsländer zu reduzieren. Aus Sicht der Landesregierung gebe es zur Steuerung der Migration bzw. zur Begrenzung der irregulären Migration nicht «die eine» Maßnahme. Vielmehr müssten hierfür viele Einzelmaßnahmen ineinandergreifen. Hierzu gehöre auch eine umfassende Gewährung von Sachleistungen bzw. die Einführung einer Bezahlkarte. Die SPD-Fraktion habe geäußert, es sei aus den Antworten ersichtlich, wo die Landesregierung handeln könne und müsse.




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