Probleme und Chancen des grenzüberschreitenden Verkehrs

Diskussion in Baden-Baden zum grenzüberschreitenden Verkehr - Motor der deutsch-französischen Freundschaft

Diskussion in Baden-Baden zum grenzüberschreitenden Verkehr - Motor der deutsch-französischen Freundschaft
Podium mit Winfried Hermann, Evelyne Isinger, Robert Herrmann und Prof. Dr. Schiewer. Foto: CAFA RSO

Baden-Baden, 21.02.2018, Bericht: CAFA RSO Eine Podiumsdiskussion des deutsch-französischen Wirtschaftsclubs «CAFA-RSO» in Baden-Baden ging letzte Woche detailreich auf den grenzüberschreitenden Verkehr entlang des Rheins ein.

In einem ausführlichen Bericht geht Marduk Buscher, deutscher Co-Präsident des CAFA-RSO, auf die Veranstaltung ein:

Etwa 120 interessierte Gäste aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sind am Montag im Saal des Hotels «Societé» in Baden-Baden zusammengekommen, um über Probleme und Chancen des grenzüberschreitenden Verkehrs am Oberrhein zu diskutieren. Eingeladen hatte der «Club d’Affaires Franco-Allemand du Rhin Supérieur − Oberrhein&rauqo; oder kurz: CAFA RSO. Seine beiden Co-Präsidenten, Daniel Steck und Marduk Buscher, betonten einleitend, daß «grenzüberschreitende Information und Verkehr die beiden Säulen» seien, «ohne die eine dauerhafte Völkerfreundschaft nicht bestehen kann». Dem stimmte der Baden-Württembergische Verkehrsminister, Winfried Hermann, gerne zu und erläuterte in seinem Redebeitrag die strategischen Projekte, welche die verbindende Mobilität am Oberrhein zukünftig verbessern sollen.

Sein Schwerpunkt liege aber unter den Gesichtspunkten Ökologie und Nachhaltigkeit auf «weniger Verkehr und dafür mehr Mobilität&rauqo; und orientiere sich an den Klimaschutzzielen der UNKlimakonferenz in Paris. Den «Austausch verbessern» und den «ÖPNV weiterentwickeln, damit es wenigstens einen Stundentakt geben wird» seien die ersten Ziele, und natürlich fehlten dem Schienenverkehr «Brücken, die wir aufbauen müssen», weil sie nach dem Krieg noch immer nicht wieder aufgebaut worden seien − z.B. auf den Strecken Colmar-Freiburg und Rastatt-Hagenau − denn, «so arm sind wir doch nicht!» Allerdings, so Winfried Hermann sei zu diesen neuen Brückenschlägen die Unterstützung von Berlin und Paris unumgänglich. Solange dies nicht geschehen sei, könne der Schienenverkehr zunächst durch «Regio-Schnellbusse» ersetzt werden, und ein grenzüberschreitender Einheitstarif solle helfen, die Geltungsbereiche der Regionaltarife zu überwinden. Für Havariefälle (wie den «Rastatter Tunnel») müßten außerdem auf der jeweils anderen Rheinseite Redundanzen zu den bestehenden Verkehrswegen geschaffen werden.

Anschließend trugen die Präsidentin für Transport und Verkehr in der neugeschaffenen französischen Gebietskörperschaft «Grand Est», Evelyne Isinger, sowie der Präsident der Eurometropole Strasbourg, Robert Herrmann, Ihre Planungen und Ergebnisse vor. In der neugeschaffenen Gebietskörperschaft «Grand Est», die vom Rhein bis vor die Tore Paris‘ reicht, müsse zunächst die bestehende Infrastruktur auf einen zeitgemäßen und europäischen Standard gebracht werden, so referierte Madame Isinger. Dazu gehöre die Modernisierung aller Bahnhöfe und Züge, sowie der Strecken und Signalanlagen im Schienenverkehr. Eine Tarifharmonisierung gebe es an manchen Stellen schon und solle künftig den grenzüberschreitenden Verkehr erleichtern helfen. Dabei setze man auf moderne Digitalisierungstechnik und e-Tickets, die via Smartphone verwaltet werden könnten. Dort, wo der Schienenverkehr noch nicht (wieder) zur Verfügung stehe, sieht auch Madame Eisinger Schnellbusse als leicht realisierbar an. Ein erster Schritt zu gemeinsamen Planungen könne beispielsweise auch die gemeinsame Ausschreibung von Beschaffungsprojekten auf europäischer Ebene sein.

Robert Herrmann beschwor einleitend zu seinem Referat die besonderen Qualitäten der «Blauen Banane Europas», nämlich der Oberrheinregion, auf welche viele in Europa voller Neid schauten, weil dort eine so große Dichte an Straßen, Flug- und Flußhäfen vorhanden sei. Dabei könne man natürlich alles verbessern, und es sei kein Dauerzustand, daß am gesamten Oberrhein nur so viele Brücken den Rhein überspannten, «wie im Stadtgebiet von Köln». Für ihn sei dies aber auch eine Chance, um über neue Technologien nachzudenken, wie z.B. Busse mit Brennstoffzellentechnik, Autonomes Fahren und eine Verlagerung von Transportkapazitäten auf den Fluß. Bei all dem müßten Verwaltungsstrukturen durchlässiger werden, und das Subsidiaritätsprinzip sinnvoll durch Hilfestellungen aus den Zentren aufgeweicht werden, um zügig zum Ziel zu kommen.

Eine nur auszugsweise gezeigte Präsentation trostloser Infrastruktur im Bereich des öffentlichen Personen-Nah-Verkehrs machte nach diesen drei Keynotes schnell deutlich, daß «in der Fläche» keineswegs alles in so rosigem Licht erscheint, wie die Politiker es gerne hätten. Unter engagierter Publikumsbeteiligung fand die anschließende Podiumsdiskussion statt, zu welcher der Rektor der UNI Freiburg und Präsident des «Europäischen Campus»: «eucor», Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer; François Dugimont als Director Human Resources der Firma Heel; Jean-Claude Pastel als Gründer und Präsidenten einer deutsch-französischen Kartonagen- und Logistik-Firmengruppe; sowie − last but not least − Ralph Neininger als Vorsitzender des «Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs» (ADFC) Baden-Baden Rastatt Bühl hinzustießen.

Themen waren neben der fehlenden Infrastruktur die suboptimale Vernetzung von öffentlichen Verkehrsangeboten auf beiden Seiten des Rheins sowie das Fehlen einer zielgruppenorientierten Tarifpolitik. Letztere wäre die Voraussetzung für eine stärkere Nutzung vorhandener oder auch zukünftiger Angebote durch die wichtigen Zielgruppen der Auszubildenden und der trinational ausgerichteten Studierenden am Oberrhein. Dort bestehe mit den fünf angeschlossenen Hochschulen ein weltweit «einmaliger Wissenschaftsraum», so Prof. Schiewer, deren 110.000 Studierende dringend ein bezahlbares Semesterticket benötigten, während sie momentan monatlich 250,- Euro für ihre grenzüberschreitende Mobilität zu zahlen hätten.

Einig waren sich die Politiker von beiden Seiten des Rheins, daß es eine «Zersplitterung der Kompetenzen» gebe (Winfried Hermann), sowie ein «Problem der Zuständigkeiten» (Evelyne Isinger), weshalb solch banale Themen, wie eine Einführung der Maut auf der französischen Rheintalautobahn A35 genauso ein Problem darstelle, wie die wünschenswerte Entfernung des Durchfahrt-Verbotsschildes für Fahrräder an der Staustufe Iffezheim. Einig war man sich, daß dort eigentlich dringend ein Fahrradweg gebaut werden müsse. Für den Beobachter war es ein gutes Zeichen, daß die beiden Verkehrsverantwortlichen von Baden-Württemberg und Grand Est, Winfried Hermann und Evelyne Isinger im Anschluß an die Veranstaltung Visitenkarten austauschten, um den in Gang gekommenen Diskussionsprozeß fortsetzen zu können.

Unter den Gästen des Abends befanden sich u.a. der Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Strasbourg, Gerhard Küntzle; die Karlsruher Regierungspräsidentin Nicolette Kressl; die Landräte der Landkreise Rastatt und Ortenaukreis, Jürgen Bäuerle und Frank Scherer; der Präsident des Eurodistrikts PAMINA, Rémi Bertrand; der Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/die Grünen im Club d’Affaires Franco-Allemand du Rhin Supérieur − Oberrhein (CAFA RSO) Rastatter Kreistag sowie in der Regionalversammlung, Manuel Hummel; und der Leiter des Geschäftsbereichs für Außenwirtschaft und Infrastruktur der IHK Karlsruhe, Udo Götschel. Souverän führte Evelin König als Moderatorin durch die zwar bewegte aber freundliche Diskussion des Abends. Sie ist nicht nur seit bald 20 Jahren aus ARD/SWR-Fernseh-Magazinsendungen wie «Kaffee oder Tee» und dem «ARD-Buffet&rauqo; bekannt, sondern engagiert sich seit etwa einem Jahr auch als Organisatorin der europäischen Bürgerbewegung «Pulse of Europe» in Baden-Baden. Diese war denn auch als Kooperationspartner an der Vorbereitung des Abends beteiligt, genauso wie der «Bundesverband Mittelständische Wirtschaft» (BVMW) sowie die Stuttgarter Schwestervereinigung des Veranstalters, der «CAFA Baden-Württemberg».

Sozusagen über dem Geschehen schwebte das innovative Hybrid-Airplane des gleichnamigen Startups aus Baden-Baden, welches mit diesem die Vorteile von Flugzeug, Hubschrauber und Heißluftballon en miniature − und mit Erfolg! − zu verbinden sucht. Das Fluggerät, welches die behördliche Genehmigung besitzt, auch indoor und über Publikum zu fliegen, dokumentierte mit seiner Aufnahmetechnik nicht nur die Reden und Diskussionsbeiträge, sondern auch das abschließende und versöhnliche «Verre de l’amitié» mit klassischem elsässischen Fingerfood und einem Glas deutschen Weines, zu welchem die beiden Co-Präsidenten im Namen des Vorstands und der Sponsoren des Abends einluden.


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