Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – „Es ist beschämend, dass die Stadt Baden-Baden sich bereits 2018 weigerte bei der Suche nach einem Grundstück für den Bau einer Synagoge zu helfen“

Baden-Baden, 03.02.2024, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Boris Fernbacher Stellung zu dem goodnews4-Bericht HEUTE GENAU VOR SECHS JAHREN: Baden-Badener Juden erhielten Absage aus dem Rathaus – Kein Grundstück für neue Synagoge – OB-Sprecher: «Die Stadt konnte der Gemeinde nichts anbieten» – Beispiel Regensburg: Stadt beteiligt sich mit zwei Millionen Euro.

Es ist beschämend, dass die Stadt Baden-Baden sich bereits 2018 weigerte, unseren jüdischen Mitbürgern bei der Suche nach einem geeigneten Grundstück für den Bau einer Synagoge zu helfen bzw. ihnen ein stadteigenes Grundstück zur Verfügung zu stellen. Die Verwaltung legte der jüdischen Gemeinde damals nahe, sich doch auf dem privaten Markt umzuschauen. Bis heute hat die Stadt sich leider immer noch nicht bequemt in dieser Angelegenheit helfend aktiv zu werden.

Aber ist es denn nicht unser aller Schuld – die Schuld der Deutschen und auch Baden-Badener –, dass unsere jüdischen Mitbürger heute eine neue Synagoge benötigen und ihnen das Geld für einen Neubau fehlt?

 

Seit 1862 lebten Juden in nennenswerter Zahl in Baden-Baden: Um die Jahrhundertwende waren es bereits 192 und im Jahr 1925 dann 435 Menschen. Es existierte ein Betsaal und seit 1899 eine Synagoge und Religionsschule, ein rituelles Bad sowie ein Friedhof. Viele Baden-Badener Juden hatten leitende Funktionen in lokalen Vereinen inne, es gab etliche Einzelhandelsgeschäfte in jüdischem Besitz sowie jüdische Unternehmer, Rechtsanwälte und Ärzte. Aber bereits 1930 war Baden-Baden ein Tummelplatz der wüstesten Judenhetze. Aufgrund wirtschaftlicher Boykotts verließen viele Juden die Stadt. Die Ereignisse beim Novemberpogrom 1938 gestalteten sich in Baden-Baden besonders brutal: Juden wurden verhaftet, mussten zwei Stunden durch die Innenstadt marschieren und wurden vor der Synagoge misshandelt, angespuckt und geschlagen. Über 100 von ihnen wurden nach Gurs deportiert und die meisten später ermordet. Am 10. November 1938 brannten SS-Leute dann die Synagoge in der Stephanienstraße nieder.

Für das, was in der NS-Zeit an jüdischem Besitz und Vermögen in Baden-Baden zerstört, enteignet und gestohlen wurde, könnten sich die Juden unserer Stadt heute wohl mindestens 5 Synagogen bauen. Für alles Nötige oder auch Unnötige hat die Stadt Baden-Baden Geld: Planung und Bau einer Fahrradbrücke quer über den Verfassungsplatz – Bau einer Fischtreppe für 850.000 Euro – Öko-Firlefanz und multikulturelle Projekte – Neeinstellung von Beamten – Unterbringung und Versorgung tausender von Menschen aus Afrika, dem Nahen Osten und der Ukraine. Nur für eine wenigstens kleine «Wiedergutmachung» des großen von uns an unseren jüdischen Mitbürgern begangenen Unrechts hat man kein Geld. Das ist eine Schande!!!

Boris Fernbacher
Baden-Baden


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