Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – Gedenken an Nawalny auf Baden-Badener Fieser-Brücke und Demo „Stand with Ukraine“ – „Die Welt und ihre politischen Akteure differenzierter betrachten“

Baden-Baden, 27.02.2024, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Boris Fernbacher Stellung zu dem goodnews4-Bericht Gedenken an Nawalny auf Baden-Badener Fieser-Brücke und Demo «Stand with Ukraine» – Keine Angaben der Börden über die Teilnehmerzahl.

Am Sonntag fand auf der Fieser-Brücke erneut eine Demonstration unter dem Motto «Stand with Ukraine» statt. Dabei stellte eine Gruppe auch Bilder des vermutlich von Putins Schergen in einem sibirischen Straflager ermordeten Oppositionspolitikers Alexej Nawalny auf und legte dort Blumen nieder. Neben einem Foto von ihm war zu lesen «Mein Russland ist gegen Putins Krieg und sitzt deshalb im Gefängnis». Aber hat Nawalny diese teilweise fast schon blinde Verehrung als Märtyrer und Held durch uns wirklich verdient? Wer war er? Robin Hood, Mutter Teresa, Nelson Mandela oder Claus Schenk Graf von Stauffenberg?

 

Ich denke nicht, dass für Nawalny die folgende Zeile aus dem Song der Band Rammstein gilt: «Wer zu Lebzeit' gut auf Erden, wird nach dem Tod ein Engel werden». 2007 wurde Nawalny wegen nationalistischer und rassistischer Äußerungen aus der Partei Jabloko rausgeschmissen. Bürgerrechtler nannte er in seinem Blog «quasiliberale Wichser» und Homosexuelle «Schwuchteln», die weggesperrt gehörten. Nach dem Einmarsch Russlands in Georgien im Jahr 2008 schlug er vor, alle in Russland lebenden Georgier zu deportieren. Das von ihm als «Hauptquartier der Nagetiere» bezeichnete Tiflis solle man mit Marschflugkörpern zerstören. Nawalny nahm am jährlich stattfindenden «Russischen Marsch» teil, bei dem Konservative, Nationalisten, Monarchisten sowie rechtsextreme Gruppen gegen die Regierung demonstrierten. Seinen Wahlkampf zur Wahl des Bürgermeisters von Moskau im Jahr 2013 führte er mit Hetze gegen Migranten und bezeichnete Tschetschenen dabei auch als «Kakerlaken». Diese solle man nicht mit «Fliegenklatsche oder einem Pantoffel, sondern mit der Pistole» bekämpfen. In Bezug auf die Ukraine ist Nawalny eher ein Putin Nummer 2 als dessen Gegner: So erklärte er, dass die Krim Teil von Russland sei. Drei Jahre später unterstützte er die Eingliederung der Ostukraine an Russland und lehnte Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine ab. Als Person der deutschen Innenpolitik wäre Nawalny schon längst aus jeder Partei rausgeflogen, würde vom Verfassungsschutz überwacht und hätte bereits mehrere Verfahren wegen Volksverhetzung hinter sich.

Lange Rede – kurzer Sinn: Wir sollten die Welt und ihre politischen Akteure etwas differenzierter betrachten: Nicht jeder, der gegen die Diktatoren Putin oder Assad kämpft, ist deswegen schon ein Held den wir verehren müssen. Andersrum ist auch nicht jeder, der nicht haarscharf unseren westlichen Werten, Vorstellungen und Zielen folgt allein schon deshalb einer der «Bösen». Diese Gedanken möchte ich besonders den fleißig Blumen für Herrn Nawalny niederlegenden Demonstranten auf der Fieser Brücke und anderswo in Deutschland mit auf den Weg geben.

Boris Fernbacher
Baden-Baden


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