Leserbrief
Leserbrief „Meine Meinung“ – „Gut qualifiziert, aber dennoch zu 80 prozent arbeitslos! Wie kann das eigentlich sein?“
Baden-Baden, 27.11.2023, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Boris Fernbacher Stellung zu dem goodnews4-Bericht 18.963 ukrainische Schüler in Baden-Württemberg – Ausschuss nennt Flüchtlingszahlen – Geschichtlicher Hintergrund für hohe Zahl Ukrainer in Baden-Baden.
Vielen Dank an goodnews4 für diesen gut recherchierten und fachlich fundierten Artikel und besonders die Infobox zur russisch-ukrainischen Geschichte! Natürlich haben die unter dem russischen Angriffskrieg leidenden Menschen aus der Ukraine unsere Solidarität und Hilfe verdient. Dennoch drängen sich mir hier einige kritische Fragen auf:
Im goodnews4-Artikel heißt es: «Nach Angaben des Ministeriums seien zum Zeitpunkt März 2023 nur 10.468 aus der Ukraine geflüchtete Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen.» Die Politik und Medien erzählen uns ständig, dass die Menschen aus der Ukraine großteils beruflich sehr gut qualifiziert seien. Gleichzeitig liest man, das nur 20 prozent der aus der Ukraine gekommenen Menschen bei uns einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgehen. Gut qualifiziert aber dennoch zu 80 Prozent arbeitslos! Wie kann das eigentlich sein? Könnte es daran liegen, dass unser Sozialsystem hier die falschen Anreize setzt? Geldleistungen für Unterkunft, Ernährung, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter für den Haushalt sowie Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens. Das volle all-inclusive-Paket! Das senkt womöglich doch die Motivation, sich ernsthaft um eine Arbeitsstelle zu bemühen. Wie wäre es denn mal mit Sach- anstatt Geldleistungen für Geflüchtete?
Bei den vor Kriegen und Bürgerkriegen geflohenen Menschen aus Ukraine, Syrien, Irak oder Afghanistan muss ich auch an meine Mutter und deren Eltern denken, die 1945 vor der Roten Armee aus Ostpreußen in den Westen geflohen sind und erst mal in Oldenburg unterkamen. Mit ihnen flohen fast 10 Millionen Deutsche aus Ost- und Westpreußen, Schlesien und Pommern. Sie sind nicht in die Schweiz, USA oder nach Schweden gegangen und haben dort eine Sorglosrundumversorgung erhalten. Nein; sie kamen in ein zerbombtes Westdeutschland, in dem große Versorgungsknappheit herrschte, wurden zuerst auf engstem Raum in Lagern oder Privatwohnungen untergebracht und haben sich wie meine Großeltern umgehend eine Arbeit gesucht. Warum können die ukrainischen Menschen aus den umkämpften Regionen Donezk und Luhansk nicht in die kaum vom Krieg betroffenen Gebiete westlich von Kiew und in die Region um Lwiw (früher Lemberg) gehen? Auch in Syrien, Irak und Afghanistan sind immer nur einige wenige Regionen von Kriegshandlungen betroffen. In vielen anderen Landesteilen dagegen kann man relativ ungefährdet leben. Wäre es nicht sinnvoller, dass Deutschland nur sehr geringe Kontingente von Flüchtlingen aufnimmt und dafür die Binnenflüchtlinge in den betreffenden Ländern finanziell unterstützt? Die Kosten für die Versorgung eines Menschen in diesen Ländern sind doch viel geringer als bei einer Unterbringung in Deutschland. So könnte Deutschland im Endeffekt viel mehr Menschen helfen. Und darum geht es doch eigentlich: Humanität, Solidarität und Hilfe!
Boris Fernbacher
Baden-Baden
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