Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – „Im Musikpavillon Baden-Baden ein Boulez-Open-Air veranstalten“ – „Animieren, mittels bereitgelegten Malstiften“

Baden-Baden, 19.01.2024, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Boris Fernbacher Stellung zu dem goodnews4-Bericht Pierre Boulez lebte 60 Jahre in Baden-Baden – Nun will die Stadt den großen Komponisten erst richtig entdecken – Festspielhaus-Intendant Stampa: «Könnte wichtiger werden für uns als Brahms».

Mit großer Freude habe ich erfahren, dass das Festspielhaus dem Schaffen des seit der Uraufführung seines Meisterwerks Le marteau sans maître im Jahr 1955 in unserer Stadt lebenden Pierre Boulez die Pfingstfestspiele 2025 widmen möchte.

Boulez war der vermutlich bedeutendste Komponist Klassischer Musik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Immer wieder hat er mit neuen, innovativen Kompositionstechniken die Sprache der modernen Musik vorangetrieben. Sein als eines der Schlüsselwerke moderner Musik geltender Le marteau sans maître wurde sogar von Igor Strawinsky gelobt und ist vermutlich das in der Forschungsliteratur meistbesprochene Werk Neuer Musik nach 1945. Boulez hat aber auch als Dirigent mit unzähligen Aufführungen und Einspielungen der Werke von Debussy, Ravel, Mahler, Strawinsky, Wagner und vieler anderer Komponisten Maßstäbe gesetzt.

 

Es ist zu hoffen, dass nach Vorstellung der Planungen zum 100. Geburtstag von Boulez durch den Festspielhaus-Intendanten Benedikt Stampa im Gemeinderat dann auch Taten seitens der Stadt folgen. Es wird nicht ganz einfach werden, nach den Worten von Herrn Stampa ein «neues, auch jüngeres Publikum» für die Musik von Boulez zu begeistern, weil dessen Musik nicht leicht konsumierbar und einfach zu sperrig und kompliziert für den Durchschnittsgeschmack ist: Kurze Klangfragmente in rasch wechselnder Instrumentierung und teils extremen Lagen der Instrumente huschen am Ohr vorbei und einprägsame Motive oder gar Melodien kann man mit der Lupe suchen. Boulez verweigert sich da bewusst unseren Hörerwartungen und bietet auch keinen Wohlklang wie Brahms oder Mozart. Um den Menschen die Musik von Boulez dennoch nahe zu bringen, sollten Festspielhaus sowie die Stadt nicht nur auf traditionelle Konzertaufführungen und musiktheoretische Vorträge setzen, sondern auch zeitgemäße interaktive Konzepte entwickeln:

Man könnte z.B. im Rahmen einer Ausstellung den Besuchern über Kopfhörer Werke von Boulez anbieten und sie animieren, mittels bereitgelegten Malstiften und Zeichenpapier ihre Empfindungen zur Musik künstlerisch darzustellen. Diese Bilder könnte man dann später öffentlich ausstellen. An Schulen könnte man Projekte initiieren, bei denen Kinder die Musik von Boulez szenisch umsetzen und später öffentlich aufführen. Gerade kleine Kinder zeigen sich ja erfahrungsgemäß gegenüber moderner Musik häufig aufgeschlossener als Erwachsene mit ihren festgefahrenen Musikvorstellungen. Und warum nicht einfach mal einen Pianisten oder ein kleines Instrumentalensemble engagieren und es bei gutem Wetter in der Fußgängerzone kürzere Werke von Boulez aufführen lassen? Im Musikpavillon Baden-Baden könnte man ein Boulez-Open-Air veranstalten. Aber bitte nicht im rein bildungsbürgerlichen Stil nur mit Sitzplätzen. Ich stelle mir da auch Stehtische wie beim Weihnachtsmarkt vor. Dazu ein Stand mit Getränken sowie Bratwurst, Waffeln oder anderen kulinarischen Genüssen. Das Motto muss lauten: «Nicht nur der Hörer geht zu Boulez, sondern dessen Musik kommt auch zu ihm!»

Boris Fernbacher
Baden-Baden


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