Leserbrief
Leserbrief „Meine Meinung“ – „Wenn die Öffentlichkeit zu Unrecht ausgeschlossen worden ist, gilt dies immer als ‚schwerwiegende Verfahrensverletzung‘“ – „Verwaltung hilft Verwaltung“
Baden-Baden, 19.06.2023, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Jürgen Hettel Stellung zu dem goodnews4-Bericht Klinik-Sitzung am Montag soll nichtöffentlich stattfinden – Erklärung aus dem Rathaus Baden-Baden von heute Mittag – OB Späth folgt Landkreis Rastatt und Stadt Rastatt.
Die GemO BW in § 35 schreibt vor, dass nichtöffentlich verhandelt werden muss, wenn es «das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern». Das Landratsamt Rastatt hat diesbezüglich postuliert, dass das «öffentliche Wohl» den Ausschluss der Öffentlichkeit erzwinge, wenn über «Angelegenheiten der Beteiligungsstruktur und grundsätzliche strategische Fragen» zu verhandeln ist. Entsprechend hat der Kreistag, als in der Sitzung vom 23. Mai über die Klinikumsanteile Beschluss gefasst wurde, die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Dieser Sprachregelung folgt offensichtlich auch Herr Späth und verweist auf die Rechtsprechung und Literatur zur Gemeindeordnung. Indessen: Bislang haben weder Herr Späth noch Herr Dusch entsprechende Gerichtsurteile vorlegen können. Das verwundert deswegen, weil die Opposition sofort verstummen müsste, wenn gerichtlich festgestellt wäre, dass in Sachen «Beteiligungsstruktur oder grundsätzliche strategische Fragen» (was ist das denn?) die Öffentlichkeit zwingend auszuschließen ist.
Klar ist auch, dass der Landrat Herrn Späth unter Zugzwang gesetzt hat. Wird in Baden-Baden etwa die Beteiligungsstruktur am Zentralklinikum in öffentlicher Sitzung verhandelt, ruft das unweigerlich das RPK auf den Plan. Wenn in Rastatt die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden musste, weil das «öffentliche Wohl» tangiert war, in Baden-Baden aber offensichtlich in gleicher Sache kein Ausschlussgrund gefunden wurde, müsste das RPK entscheiden, wer denn nun der Gemeindeordnung gefolgt ist und wer nicht. Wenn die Öffentlichkeit zu Unrecht ausgeschlossen worden ist, gilt dies immer als «schwerwiegende Verfahrensverletzung und führt daher zur Rechtswidrigkeit eines Gemeinderatsbeschlusses» (BGH, Urteil vom 23.4.2015 - III ZR 195/14).
Da sich nunmehr Herr Dusch und Herr Späth einig sind, wird sich logischerweise das RPK deren Sichtweise anschließen und den Ausschluss der Öffentlichkeit zu rechtfertigen wissen. Hätten beide die Öffentlichkeit zugelassen, hätte die Rechtsaufsicht auch nichts zu beanstanden gehabt, weil sie eher dem Motto «Verwaltung hilft Verwaltung» als allem anderen folgt.
Hinweis: Die Entscheidung über Nichtöffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen ist gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar. Klageberechtigt ist übrigens jedes Mitglied des Gemeinderats.
Jürgen Hettel
Rastatt
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