Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ zu Dieselfahrverboten und goodnews4-Bericht zu BWIHK-Präsident Wolfgang Grenke

Baden-Baden, 01.03.2018, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Oliver Haungs Stellung zu dem goodnews4-Bericht BWIHK-Präsident Wolfgang Grenke sieht Fahrverbote kritisch − «Fahrverbote müssen Ultima Ratio sein».

Nun ist es raus: Fahrverbote dürfen von Kommunen verhängt werden. Zwar nicht flächendeckend, aber zumindest in bestimmten Sektoren, was das Verkehrschaos in den Ballungszentren eher noch erhöht. Das Verbot wird undifferenziert sein und damit ungerecht. Kranke und sozial Schwache werden benachteiligt, Anwohner und Pendler, die morgens zur Arbeit fahren und abends zurück, ebenso, dagegen werden Busse öffentlicher Verkehrsbetriebe, Auslieferer/Paketdienste, Speditionen, Taxen und Handwerksbetriebe, die den ganzen Tag in der Stadt herumrutschen, aller Voraussicht nach in den Genuss von Befreiungen kommen. Den Schaden hat der Bürger, weil er auf das zuverlässige Arbeiten von Ministerien und Regierung vertraut hat, und weil er sich auf die falschen Werbeangaben der Autoindustrie verlassen hat. Beide Male für ihn ein sehr teurer Reinfall. An dem Betrug sind drei Parteien beteiligt, zwei Täter und ein Opfer.

Erstens die Politik, weil die Regierung mit ihrer viel zu großen und unkritischen Nähe und Komplizenschaft zur Autoindustrie schlichtweg nicht nachgeprüft hat, ob die Messwerte authentisch sind und dadurch grob fahrlässig ihre Obliegenheiten verletzt hat. Schließlich darf man ja die Branche nicht mit entlarvenden Fehlmessungen bloßstellen, wenn man schon drauf und dran ist, auf lukrative Aufsichtsratsposten zu spekulieren, wenn der politische Lebensweg endet. Das Gegenteil von politischer Hygiene. Da müssen erst unabhängige Untersuchungslabors aus dem ungelittennen US-amerikanischen Trump-Reich dem kriminellen Unterfangen auf die Spur kommen und die Schweinereien anprangern, bevor man in Berlin aus seinem jahrelangen Tiefschlaf erwacht. Noch gar nicht zu beziffern sind die enormen Kosten, die auf die Kommunen zukommen mit Umstellungen ihrer Fuhrparks der kommunalen Verkehrsbetriebe, sowie einer diffizilen Verkehrsschilder-Bestückung der betroffenen Regionen.

Zweitens die Industrie, weil sie tolldreist und kriminell die Messwerte manipuliert bzw. verschleiert hat und die Umwelt, und damit uns alle, geschädigt hat. Der Dieselbesitzer ist der Gelackmeierte, an ihm hängt der Vermögensschaden, die hohen Kosten einer Hardware-Nachrüstung, sofern diese überhaupt möglich ist. Sollte sich der Dieselfahrer dagegen entscheiden, hat er einen Vermögensverlust, weil sein Fahrzeug auf einen Schlag einen massiven Wertverlust erfährt. Pro Fahrzeug werden Umrüstkosten in Höhe von ca. 2.000 Euro kolportiert. Software-Updates haben einen schlechten Ruf, weil man ihnen nachsagt, zwar kurzfristig die Emissionswerte zu schönen, dafür aber die Lebensdauer des Motors drastisch verkürzt bzw. es vermehrt zu komplizierten Störfunktionen führt.

Der dritte im Bunde ist der Verbraucher/Dieselfahrer. Politik und Wirtschaft haben mindestens 8 Jahre verschlafen und vergeudet. Die Leidtragenden werden nun alleine im Regen stehen lassen. Vor wenigen Jahren von einer politisch-industriellen Allianz aus «Umweltschutzgründen», CO², in den Dieselkauf gejagt, heute verhonigpiepelt im Regen stehen gelassen. Es geht um Schadensbegrenzung und um einen für alle Seiten tragbaren Kompromiss. Für die Politik und Wirtschaft steht hier die Rückgewinnung von Glaubwürdigkeit und Seriosität auf dem Spiel, denn nachvollziehbar und mit gutem Grund, bezeichnen viele Betroffene die ganze Misere als Riesenbetrug. Eine Lösung muss aber gefunden werden, weil wir alle aus vielerlei Gründen auf Mobilität angewiesen sind.

Dazu schlage ich eine Beteiligung aller vor, in einer Art konzertierten Aktion, in der jeder einen Teil der Kosten für eine Hardware-Umrüstung übernimmt. Das ist zwar immer noch viel Geld, wenn zum Beispiel am Autofahrer letztlich immer noch ca. 700 Euro hängen bleiben, kommt man aber nicht zu einer Lösung, ist erstens das Auto viel weniger wert und/oder man ist in seiner Freiheit eingeschränkt beliebig in Städte einfahren zu könne. Die Autokonzerne und der Staat würden vergleichsweise hohe Summen aufwenden müssen. Die Firmen, weil sie die Sauerei begangen haben, der Staat, weil er nur durch Politikversagen glänzte und sträflich seiner Kontrollpflicht nicht nachgekommen ist.

Der Imageschaden sowohl für die Politik als auch für die Autofirmen ist beträchtlich. Bleibt zu hoffen, dass man dort aus den Fehlern gelernt hat und als Ehrenleute zu seiner finanziellen Verantwortung aus der Misere steht. Alles andere kommt einer Enteignung und einer Freiheitsberaubung gleich. Für juristische Streitereien, die jahrelang dauern würden und den oben genannten Teilbetrag für jede der beteiligten Parteien um ein Vielfaches übersteigen würde, bleibt keine Zeit. Man hüte sich davor, wie so gerne in der Vergangenheit passiert, die Milliardengewinne privatisiert den Konzernen zu überlassen und sie sich aus der Verantwortung stehlen zu lassen, weil die Kosten der beim Kauf unwissende und irregeführte Kunde zu berappen hat.

Ebenso wenig hilfreich sind die richtig von Herrn Grenke im Interview genannten Schnellschüsse. Denn der Einzelhandel u. das Gewerbe kämpfen jetzt schon um ihre Existenz wegen des Onlinehandels und Billigkonkurrenz. Wenn man also einer weiteren Verödung der Innenstädte keinen Vorschub leisten will, tut man gut daran, dieses Instrument des Fahrverbots äußerst sensibel anzuwenden. Zumal durch den Verjüngungseffekt im nationalen Fahrzeugbestand ohnehin eine automatische Reduktion von Schadstoffen stattfindet. Sonst schüttet man das Kind mit dem Bade aus.

Schließlich gibt es auch noch die Alternative, wenigstens an Nicht-Arbeitstagen und bei gutem Wetter, mal mit dem Fahrrad in die Stadt zu fahren. In Pedelec-Zeiten auch für Ältere ein wunderbares Vergnügen. Die Bewohner der Stadt sind dankbar dafür.

Oliver Haungs
Muggensturm


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