Aus dem Festspielhaus Baden-Baden

Neue Leidenschaft – Violinistin Julia Fischer

Neue Leidenschaft – Violinistin Julia Fischer
Violistin Julia Fischer. Foto: Felix Broede

Baden-Baden, 07.02.2018, Bericht: Festspielhaus Die herausragende Violinistin, die schon 2010 am Festspielhaus begeisterte, wendet sich in ihrem Konzert am 3. März 2018 neben Brahms und Schostakowitsch dem bei uns weniger bekannten Komponisten Karol Szymanowski zu.

Julia Fischer hat ein Kompositionsgenie für sich entdeckt, das in Deutschland eher selten auf den Konzertkalendern steht. Im Festspielhaus Baden-Baden präsentiert sie mit der Pianistin Yulianna Avdeeva am 3. März 2018 um 18 Uhr neben Brahms und Schostakowitsch den polnischen Spätromantiker Karol Szymanowski.

Man muss ein bisschen blättern in den Programmen des Festspielhauses, und nicht nur dort, um auf seinen Namen zu stoßen: Karol Szymanowski. Zuletzt hat ihm der Pianist Krystian Zimerman breiteren Raum gegeben in seinem Klavierabend am 29. November 2016. Immerhin, das lässt aufhorchen, Zimerman ist einer der ganz Großen seines Fachs, er wählt seine Werke penibel aus. Jetzt also Szymanowski von Julia Fischer: auch sie eine Interpretin von hoher musikalischer Intelligenz und künstlerischer Ernsthaftigkeit. Die Vorfreude auf die Rückkehr der Geigerin ist groß, sie hat in Baden-Baden schon öfter ihre Klasse bewiesen: besonders eindrücklich in einer Reihe von Kammer- und Solokonzerten im März und April 2010. Im Zentrum standen damals Bachs Sonaten und Partiten für Violine solo an zwei aufeinanderfolgenden Abenden. Der Eindruck, den sie hinterließ, verankerte sie fest in der vordersten Reihe der Weltklasse-Virtuosen, die das Festspielhaus in seinen Programmen aufbietet.

Wie «in Erwartung der Ankunft einer geliebten Freundin» habe er seine zweite Sonate für Violine und Klavier op. 100 komponiert. Diese Erinnerung von Johannes Brahms an sein 1886 uraufgeführtes Werk, mit dem Julia Fischer und die russische Pianistin Yulianna Avdeeva das Konzert am 3. März eröffnen, kann als Motto des Abends gelten. Denn dreieinhalb Jahre ist es mittlerweile her, dass die vielbeschäftigte Geigerin, die Ende März auch noch eine Verabredung mit Kirill Petrenko und dem Bayerischen Staatsorchester in der berühmten New Yorker Carnegie Hall hat, im Festspielhaus zu Gast war. Auch in früheren Konzerten hat sie gezeigt, dass sie neben festen Größen des Repertoires wie Bach, Mozart, Schubert, Schumann und Brahms ein Faible hat für seltener Gespieltes. Vor allem slawische Komponisten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts scheinen es der in München geborenen Tochter einer slowakischen Pianistin angetan zu haben: Glasunow, Khatschaturjan, Josef Suk hat sie − neben Tschaikowsky und Prokofjew − Raum auf ihren CDs gegeben.

Der Pole Karol Szymanowski ist in dieser Riege eine gerade erst entflammte Leidenschaft: «Letztes Jahr saß ich in der Musikhochschule in München in einer Prüfung, als eine Studentin das ‘Notturno und Tarantelle’ von Szymanowski spielte», erinnert sich die Geigerin auf ihrem Online-Angebot «JF Club», das sie für Fans als Abo-Service eröffnet hat. «Was für ein unglaubliches Stück! Am liebsten wäre ich sofort nach Hause gegangen um es zu lernen».

Der 1882 geborene Komponist hat in seinen recht knappen 55 Lebensjahren zwei Opern, eine Operette, Sinfonien, Ballette, Konzerte, Lieder und Kammermusik komponiert. Sein erstes Violinkonzert ist noch immer ein Geheimtipp für Freunde üppiger Spätromantik. Szymanowski hatte ein waches Ohr für die sprunghaften künstlerischen Entwicklungen seiner Zeit: Sein Werk reflektiert Spätromantik und Impressionismus bis hin zur Auflösung der Tonalität in der Moderne − weshalb sich auch der Komponist, Dirigent und Wahl-Baden-Badener Pierre Boulez für ihn interessierte.

Julia Fischer hat für ihr Konzert die «Mythen» ausgewählt. Szymanowski komponierte die drei Stücke für Violine und Klavier zu Beginn seiner mittleren Schaffensperiode, in der ihn antike und orientalische Kulturen inspirierten. Der Geiger Pawel Kochánski stand ihm dabei zur Seite und weihte ihn in die Möglichkeiten des Violinspiels ein: Die 1916 von Kochánski und dem Komponisten uraufgeführten «Mythen» strotzen vor Farbigkeit und Virtuosität. «Der Brunnen der Arethusa», «Narziss», «Dryaden und Pan» − unter diesen Überschriften zeichnet die Musik erotisch flirrende, energiegeladene Skizzen einer fantastischen Antike.

Der Vorschlag, aus Szymanowskis Werken für Violine und Klavier die «Mythen» für das Baden-Badener Programm auszusuchen, kam von der Pianistin Yulianna Avdeeva. Auch sie ist im Festspielhaus keine Unbekannte. Vor gut einem Jahr, im Dezember 2016, war sie in Baden-Baden mit der Academy of St Martin in the Fields in Mendelssohns brillantem g-Moll-Klavierkonzert als Solistin zu Gast.

Als erste Pianistin seit Martha Argerich gewann sie 2010 den Chopin-Wettbewerb in Warschau. Seitdem baut die russische Musikerin mit Ruhe und musikalischer Ernsthaftigkeit ihre Karriere auf. Im letzten Sommer gab sie ihr erstes Konzert bei den Salzburger Festspielen − in Mozarts Heimat mit Mozarts Musik. Yulianna Avdeeva hat auch diese Feuertaufe bestanden. Gut so, denn in der zweiten Violinsonate von Brahms, den «Mythen» Szymanowskis und der einzigen Violinsonate von Dmitri Schostakowitsch, mit der das Konzert endet, ist am Flügel eine ebenbürtige Partnerin der Violine gefragt.

Weitere Informationen: www.festspielhaus.de
Persönliche Beratung und Reservierung: Tel. 07221 / 30 13 101


Zurück zur Startseite und zu den weiteren aktuellen Meldungen.