Trauer um großen Europäer

Alfred Grosser ist tot – Er war ein Freund von Baden-Baden – „Blühen denn die Azaleen und Rhododendren schon?“ – Große Rede im Brenners Park-Hotel vor acht Jahren

Alfred Grosser ist tot – Er war ein Freund von Baden-Baden – „Blühen denn die Azaleen und Rhododendren schon?“ – Große Rede im Brenners Park-Hotel vor acht Jahren
Alfred Grosser 2016 beim 9. Pierre Pflimlin Symposium von goodnews4 und dem Brenners Park-Hotel in Baden-Baden.

Bild Christian Frietsch Bericht von Christian Frietsch
08.02.2024, 12:30 Uhr



Baden-Baden Ziemlich genau vor acht Jahren im April 2016 reiste Alfred Grosser noch einmal von Paris nach Baden-Baden. Auf Einladung von goodnews4.de und dem Brenners Park-Hotel hielt er eine leidenschaftliche Rede auf Europa und nahm die Auszeichnung «Goldenes Coeur de l‘Europe» entgegen. Nun ist Alfred Grosser im Alter von 99 Jahren in Paris gestorben.

Nach Baden-Baden zog es den großen Europäer auch aus einem ganz persönlichen Grund: «Blühen denn die Azaleen und Rhododendren schon in der Lichtentaler Allee?», fragte er am Telefon vor seiner Anreise aus Paris nach Baden-Baden. 1933 hatte er zusammen mit seiner jüdischen Familie Deutschland verlassen. 2014 hielt er im Deutschen Bundestag eine Rede zum 100-jährigen Gedenken an die Folgen des Ersten Weltkriegs. In Baden-Baden wandte sich der emeritierte Professor am Institut d'Études Politiques dem Begriff der Freiheit zu.

 

Zu den Zuhörern am 8. April 2016 in Baden-Baden gehörten auch Schüler des Pädagogiums Baden-Baden, der ehemalige Ministerpräsident Erwin Teufel, Max Markgraf von Baden, Daniel Hoeffel, ehemaliger französischer Minister, und Antoinette Pflimlin, Tochter von Pierre Pflimlin. Schon 1975 war Alfred Grosser Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels.

Über seine Erinnerung zu den einschneidenden Erlebnissen seiner Kindheit sagte er in einer seiner Reden: «Ein achtjähriger Junge wird ins Krankenhaus eingeliefert, nachdem seine Schulkameraden ihn verprügelt hatten, nur weil man ihnen gesagt hat, dass er als Jude nicht zu ihnen gehöre. Das Ereignis hat keine Spuren in mir hinterlassen.» 1937 erhielt Alfred Grosser die französische Staatsangehörigkeit. Auch zum Umgang mit den Juden und dem alten Synagogen-Grundstück in Baden-Baden richtete er in einem Interview mit Christian Frietsch eine Mahnung an die Baden-Badener.

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“Kommentar

Kommentar von Christian Frietsch zur Synagogenfrage und zum Interview mit Alfred Grosser – „Kann die Stadt wirklich nicht helfen?“

Frietsch | Marrenbach

Buch zur Rede von Alfred Grosser in Baden-Baden

«Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit»

Herausgegeben von Christian Frietsch, Frank Marrenbach
Reden von Alfred Grosser, Hans-Gert Pöttering, Robert Zollitsch
Nomos, 2016, 81 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-8487-3495-5

Bild Buch Trilogie Nach den Anschlägen in Paris, Brüssel und Nizza und den verzweifelten Erklärungsversuchen sind die Baden-Badener Reden von Alfred Grosser, Hans Gert-Pöttering und Robert Zollitsch eine große Hilfe. Eine Hilfe, die schmerzenden Erfahrungen des Augenblicks in einen größeren Zusammenhang zu bringen. Wenn etwa Alfred Grosser in seiner Rede den Bogen zu seiner eigenen Biografie hin zu den Banlieues unserer Tage in Paris spannt. «Ich bin seit 1937 Franzose, unsere Erziehungsministerin ist Französin seit 1995, unser Premierminister seit 1982, die Bürgermeisterin von Paris seit 1973, Nicolas Sarkozy ist Flüchtlingssohn. Niemand wird sagen, sie sind nicht Franzosen. Aber die jungen Leute in den sogenannten ‚Vororten‘ sind fast alle französische Staatsbürger und werden total diskriminiert. Also, sie haben die französische Identität, gewiss, aber sie suchen eine andere Identität und das ist der Islam. Nicht der Islam war zuerst da, sondern die Diskriminierung.»

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Christian Frietsch ist Herausgeber von goodnews4.de. Über Post freut er sich: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!


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