Apothekenstreik
Auch in Baden-Baden streiken heute die Apotheken – Apothekerin Sandra Hoff nennt fünf Gründe – Demo am Leopoldsplatz

Baden-Baden, 14.06.2023, 10:50 Uhr, Bericht: Redaktion Heute Morgen begann auch in Baden-Baden der erste Apothekenstreik in der jüngeren Geschichte. Auch die Baden-Badener Löwen-Apotheke ist heute geschlossen. Nur der Notdienst ist erreichbar.
Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. hat für heute zu dem bundesweiten Apothekenstreik aufgerufen: «Angesichts eines zehnjährigen Stillstands beim Apothekenhonorar, einer sich zuspitzenden Lieferengpass-Krise, eines massiven Personalmangels in den Apotheken und einer nicht mehr hinnehmbaren bürokratischen Last wehrt sich der Berufsstand der Apothekerinnen und Apotheker gegen die schon seit Jahren anhaltende Ignoranz der Politik.»
Gegenüber goodnews4.de erläutert Sandra Hoff, Apothekerin und Betreiberin der Löwen-Apotheke in Baden-Baden, die Gründe für den Streik und zählt sechs Punkte auf: «1. Lieferengpässe. Die Lieferengpässe machen uns Mehrarbeit und den Patienten Frust, weil ihre Medikamente nicht erhältlich sind. Vor der Pandemie hat es die aus unserer Sicht auch schon gegeben, aber die Patienten spüren es erst jetzt. Gründe gibt es viele: Auslagerung nach Asien, Kostendruck der KK... Profitgier der Pharmahersteller. 2. Das Diktat der Krankenkasse. Es gibt in Deutschland über 95 Krankenkassen und somit 95 Verwaltungen. Warum reicht nicht eine? Zumal das Gesetz vorschreibt, dass alle Krankenkassen im Prinzip das gleiche anbieten müssen. Das steckt viel Geld drin. Außerdem gibt es Verträge (Rückvergütungen) zwischen den Krankenkassen und Herstellern, sogenannte Herstellerrabatte. Wir haben die Pflicht, Patienten dann mit Präparaten zu versorgen, die uns die Krankenkasse vorschreibt und die gegebenenfalls nicht lieferbar sind oder der Patient nicht verträgt. Wenn wir das austauschen im Sinne des Patienten, kommt es gegebenenfalls zur Nullretaxation. Das heißt, wir bekommen bis auf die z. B. 5 Euro kein Geld von der Krankenkasse von dem Rezept.
3. Die Not- und Nachtdienste. Keine holländische oder eine andere Online-Apotheke aus einem anderen Land macht hier vor Ort die 24 Stunden Notdienstversorgung. Wir bekommen 2,50 Euro pro Rezept pro Kunde. Im Schnitt z.B. habe ich in der Nacht 10 bis 20 Kunden. Das heißt 25 bis 50 Euro. Mein Apotheker (per Gesetz darf es nur ein Apotheker machen) kostet mich 60 Euro die STUNDE! 4. Krankenkassenrabatt. Der Rabatt bedeutet, dass Apotheken einen Abschlag pro Rezept an die Krankenkasse zu akzeptieren haben. Der Rabatt soll angehoben werden, das heißt unter dem Strich bleibt den Apotheken wieder weniger (neben der Inflation, und der höheren Personalkosten). 5. Deshalb die Frage: Ist die Apotheke vor Ort noch gesellschaftlich gewünscht?! Oder ist es eine aussterbende Spezies geworden? Ist es uns Wert, vor Ort einen Ansprechpartner Tag und Nacht zu haben? 6. Gegen Personalnot. Wir fordern insgesamt eine bessere Entlohnung unserer Leistungen, damit es für die nächsten Generationen noch spannend ist, in der Apotheke zu arbeiten.»
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