„Interimsspielstätte“ während Sanierung
Landtagsabgeordnete sprechen von „Glücksfall“ für Baden-Baden – Badisches Landesmuseum soll in die Staatliche Kunsthalle ausgelagert werden
Bericht von Nadja Milke
20.09.2024, 15:25 Uhr
Baden-Baden/Stuttgart Von einem «Glücksfall» sprechen die beiden Landtagsabgeordneten Cornelia von Loga, CDU, und Hans-Peter Behrens, Grüne, über die geplante Auslagerung des Badischen Landesmuseums nach Baden-Baden in die Staatliche Kunsthalle. Auffällig ist, dass sich die beiden Abgeordneten erst jetzt zu Wort melden, nachdem der Meinungsbildungsprozess abgeschlossen ist.
Warum die beiden sich nicht vorher zu solchen Planungen an die Baden-Badener Öffentlichkeit wenden, ist unklar. Beide gehören den Parteien an, die die Landesregierung unter Führung von Winfried Kretschmann und Thomas Strobl, CDU, bilden.
Im Herbst 2025 läuft der Countdown für das Badischen Landesmuseum in Karlsruhe. Das Land saniert in den dann folgenden Jahren das Stammhaus im Karlsruher Schloss. Zeitweilige Schließungen seien gerade für kleinere Häuser eine Herausforderung, heißt es aus Stuttgart. Dazu gehöre die Gefahr, beim Publikum in Vergessenheit zu geraten. Ziel sei eine grundlegende, auch energetische Sanierung. Zuallererst müssen die rund 12.000 Objekte und Szenerien aus den Sälen geräumt und eingelagert werden. Da es keine Depotflächen gibt, werde dafür zunächst der rechte Seitenflügel des Schlosses genutzt. «Logistisch ist das ein sehr aufwendiger Prozess, wir haben ja vom Kaufmannsladen bis zum tonnenschweren Steinrelief ganz unterschiedliche Objekte», schildert Museumschef Eckard Köhne die Aufgaben.
Wie Kunststaatssekretär Arne Braun heute in Stuttgart mitteilte, soll die Kunsthalle Baden-Baden für die Zeit der Sanierung «Interimsspielstätte» für das Badische Landesmuseum werden. Im Zuge dieser Mitteilung wird auch bekannt, dass von dem einstigen Direktorenteam Çagla Ilk und Misal Adnan Yildiz bereits seit 1. Juli Çagla Ilk als alleinige Direktorin die Kunsthalle leitet. Misal Adnan Yildiz sei Ende Juni 2024 auf eigenen Wunsch aus der Direktion ausgeschieden. Der Vertrag von Çagla Ilk läuft bis zum 30. April 2025 und wird offenbar nicht verlängert, denn «nach dem Ausscheiden der Direktorin Çagla Ilk Siebert zum 30. April 2025 wird die Kunsthalle Baden-Baden deshalb für eine Übergangszeit keine neue eigene Direktion erhalten», ist in einer Mitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg von heute Mittag zu lesen. «Stattdessen soll die Kunsthalle für die Zeit der Sanierung Interimsspielstätte für das Badische Landesmuseum werden. Mit Bezug auf die Tradition der Kunsthalle Baden-Baden sollen hier auch zeitgenössische Positionen eine Rolle spielen. Ein Konzept für die Programmgestaltung soll gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kunsthalle Baden-Baden besprochen und umgesetzt werden, dieser Prozess wird in naher Zukunft starten», heißt es in der Mitteilung aus Stuttgart weiter.
Ob diese Planung tatsächlich zum «Glücksfall» wird für Baden-Baden, wird man sehen.
Die Landtagsabgeordneten für den Wahlkreis Baden-Baden Cornelia von Loga, CDU, und Hans-Peter Behrens, Grüne. Fotos: Archiv
Die gemeinsame Erklärung von Cornelia von Loga, CDU, und Hans-Peter Behrens, Grüne, vom 20. September 2024 im Wortlaut:
Zu den Vorhaben des Wissenschaftsministeriums, Teile des Badischen Landesmuseums interimsweise in die Baden-Badener Kunsthalle auszulagern, äußern sich die beiden Landtagsabgeordneten Hans-Peter Behrens (Grüne) und Cornelia von Loga (CDU) wie folgt:
«Wir begrüßen das Vorhaben des Wissenschaftsministeriums, Teile des Badischen Landesmuseums interimsweise in die Staatliche Kunsthalle nach Baden-Baden zu verlegen. Das ist eine gute Entscheidung und zugleich eine Bestätigung für Baden-Baden. Sicherlich - wenn auch nur für eine gewisse Zeit – ist das ein besonderes Bonbon auf der Museumsmeile entlang der Lichtentaler Allee.»
Beide Abgeordnete betonen in ihrer gemeinsamen Stellungnahme, dass die zeitgenössische Kunst während der Interimsnutzung nicht zu kurz kommen darf, und fordern für die Zukunft weiterhin die verlässliche Eigenständigkeit der Staatlichen Kunsthalle in Baden-Baden.
«Wir sehen die gute und enge Kooperation zwischen der Staatlichen Kunsthalle und dem Museum Frieder Burda als eine glückliche Fügung. Es ist uns wichtig, dass das Museum Frieder Burda in der Interimszeit den nötigen Raum für die zeitgenössische Kunst gewährleisten kann. In Blick auf die Zukunft ist uns ebenfalls wichtig: Die Eigenständigkeit der Staatlichen Kunsthalle in Baden-Baden muss auch künftig gewahrt bleiben. Dies setzt voraus, dass es im Anschluss wieder eine eigenständige Direktion gibt und natürlich der Freiraum für Ausstellungen der zeitgenössischen Kunst voll und ganz gegeben ist. Beide Punkte sicherte uns Staatssekretär Arne Braun im persönlichen Gespräch dieser Tage zu, als er uns über die Pläne sowie die interimsweise Übernahme der Direktion von Karlsruhe vorab informierte», so Behrens und von Loga abschließend.
Die Mitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg vom 20. September 2024 im Wortlaut:
Das Badische Landesmuseum im Karlsruher Schloss wird von Herbst 2025 an sanierungsbedingt für mehrere Jahre geschlossen. Wie Kunststaatssekretär Arne Braun am Freitag (20. September) in Stuttgart mitteilte, soll die Kunsthalle Baden-Baden für die Zeit der Sanierung Interimsspielstätte für das Badische Landesmuseum werden. Bislang war geplant, dass das Landesmuseum in Karlsruhe in dieser Zeit nur vor allem mit Vermittlungsangeboten und kleineren Präsentationen vertreten sein kann.
Kunststaatssekretär Arne Braun sagte: «Wir haben eine Möglichkeit gefunden, wie das Badische Landesmuseum während der langen Sanierungsphase des Karlsruher Schlosses mit seinen bedeutenden kunst- und kulturhistorischen Sammlungen in der Öffentlichkeit weiterhin präsent sein wird.»
Nach dem Ausscheiden der Direktorin Çagla Ilk Siebert zum 30. April 2025 wird die Kunsthalle Baden-Baden deshalb für eine Übergangszeit keine neue eigene Direktion erhalten. Stattdessen soll die Kunsthalle für die Zeit der Sanierung Interimsspielstätte für das Badische Landesmuseum werden. Mit Bezug auf die Tradition der Kunsthalle Baden-Baden sollen hier auch zeitgenössische Positionen eine Rolle spielen. Ein Konzept für die Programmgestaltung soll gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kunsthalle Baden-Baden besprochen und umgesetzt werden, dieser Prozess wird in naher Zukunft starten.
Die 1909 von dem Karlsruher Architekten Hermann Billing im späten Jugendstil erbaute Kunsthalle Baden-Baden verfügt über eine Ausstellungsfläche von 700 Quadratmeter. Sie ist über eine gläserne Brücke mit dem Museum Frieda Burda verbunden. Die Bedingungen zur Präsentation von Kunst sind in der Kunsthalle Baden-Baden seit jeher hochgelobt.
Der Direktor des Badischen Landesmuseums, Prof. Dr. Eckart Köhne, sagte: «Wir sind sehr dankbar, dass wir während der sanierungsbedingten Schließung des Karlsruher Schlosses weiter unsere Sammlungen in wechselnden Ausstellungen zeigen können. Die Kunsthalle Baden-Baden ist ein inspirierender Ort in einer großartigen, von Kultur geprägten Stadt. Wir freuen uns auf Baden-Baden!»
Staatssekretär Arne Braun ergänzte: «In der Kunsthalle Baden-Baden wird auch künftig zeitgenössische Kunst präsentiert, und zwar im Zusammenspiel mit kulturhistorischen Objekten. Ich bin mir sicher, dass auf diese Weise ein spannender Dialog entsteht.» Die Kunsthalle bleibe damit ein wichtiger Ort der Kunst und der kulturellen Bildung, auch in Zukunft soll es eine konstruktive und spannende Zusammenarbeit mit Einrichtungen und der Stadtgesellschaft in Baden-Baden geben.
Die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden wurde von Mai 2020 bis Juni 2024 vom Direktorenteam Çagla Ilk Siebert und Misal Adnan Yildiz geleitet. Yildiz ist Ende Juni 2024 auf eigenen Wunsch aus der Direktion ausgeschieden. Ilk Siebert ist seit 1. Juli 2024 alleinige Direktorin. Ihr Vertrag läuft bis zum 30. April 2025. Unter der Leitung von Çagla Ilk Siebert wird in der Kunsthalle Baden-Baden von November 2024 an die Große Sonderausstellung «Sea and Fog» gezeigt. Das weitere Programm wird noch abgestimmt.
Nadja Milke ist Redakteurin bei goodnews4.de und Mitglied der Landespressekonferenz Baden-Württemberg. Sie wohnt in der Baden-Badener Innenstadt und kennt sich dort gut aus, aber selbstverständlich auch in den anderen Baden-Badener Stadt- und Ortsteilen. Über Post freut sie sich: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
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