Leserbrief
Leserbrief „Meine Meinung“ zu „Wo baut man die Synagoge?“ – Kann „Hehlerei“ zur Enteignung eines Grundstücks führen?
Baden-Baden, 10.02.2020, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leserin Gertrud Mayer Stellung zu dem goodnews4-Bericht Werner Schineller zur Synagogenfrage in Baden-Baden − «Wo baut man die Synagoge? Wie kann man das machen?».
Zum wiederholten Mal in den vergangenen Jahren wurde über den Wiederaufbau der 1938 zerstörten Synagoge in der Stephanienstr. 5 diskutiert. Welcher Platz soll ihr zugewiesen werden? Der ursprüngliche in der Stephanienstr. 5! Sie gehörte der israelitischen Kultusgemeinde Baden-Baden, die dann gleichzeitig ausgelöscht wurde.
Die wechselvolle Geschichte nach 1945 beinhaltet ein dubioses, schwer überschaubares Kaufen und Verkaufen des Grundstücks. Eigentümer ist jetzt die Verlegerfamilie Hambruch – Ertl - Piesker – Richters, die das Grundstück als Parkplatz für die Mitarbeiter ihrer Zeitung nutzt. Auf jeden Fall zu profanen Zwecken, die gemäß Kaufvertrag ausdrücklich verboten sind.
Antisemitismus hat zahlreiche Gesichter, der zum Gedenktag am 27. Januar 2020 reichlich in Politikerreden dargestellt wurde. Auch in Baden-Baden rief Oberbürgermeisterin Margret Mergen im Gemeinderat auf, Antisemitismus aktiv und entschieden entgegenzutreten. Der jüdischen Gemeinde ihr ursprüngliches Eigentum nicht zurückzugeben, IST ein Gesicht des Antisemitismus. Sie selbst zeigt hier kein Engagement. Noch schlimmer: sie verweigert den Juden ein Gespräch, ebenso wie die Verlegerfamilie der Hambruch-Erben. Was haben sie alle zu verbergen? Was soll nicht ans Licht kommen?
§ 259 StGB sagt über Hehlerei: «Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sich oder einem Dritten verschafft …, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird … bestraft.»
Steffen Barth, ehemaliger Geschäftsführer der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden, schlägt bei bestehender Blockadehaltung von Eigentümern und Stadt, die Möglichkeit einer Enteignung vor. Grundlage dafür ist Artikel 14 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland: «Das Eigentum … [wird] gewährleistet … durch die Gesetze bestimmt. Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. … Die Entschädigung ist … zu bestimmen. Wegen der Höhe … steht … der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.»
Das lässt sich entsprechend lösen, wenn das «Badische Tagblatt» umzieht im Frühjahr 2020. Oder gibt es für solch ein «Filetstück» im Ganzen schon lukrative Baupläne? Hier könnten auch Stadträte und der Gemeinderat ansetzen und sich Antisemitismus aktiv widersetzen. «Wir Gemeinderate haben doch gar keine Chance. Wer bestimmt ist die OB.» Nun sträuben sich aber dem Wähler die Haare, und er fragt: Warum ließ sich Stadtrat Liesen (FBB) in seinem Alter ein zweites Mal zur Wahl aufstellen und nahm diese an? Es gibt Jüngere, die noch genug Engagement und Tatkraft für eine Sache aufbringen. Frustrierte alte Herren werden kaum notwendige Entscheidungen herbeiführen.
Der Synagogenbau am angestammten Platz würde schließlich in das Tourismuskonzept von Nora Waggershauser passen, und somit auch der Oberbürgermeisterin gefallen. Ein neuer Synagogenbau in der Stephanienstr. 5 liegt innerstädtisch zentral, wie geschaffen für den touristischen Stadtrundgang. Architektonisch gelungen passt er dann in die geplante Kunstaktion, die Baden-Baden mit noch mehr «good-good-life» beglücken soll. Skulpturen, Installationen, Performance-Kunst oder Street-Art – alles ist denkbar und eine gute Werbung für Baden-Baden.
«Es kommen viele Touristen nach Baden-Baden, da sind auch viele Juden darunter und Sabbat kommen die in die Synagoge.» So Yehudit Poeschke, ehemalige Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Baden-Baden. Überzeugt das OB Mergen? Vielleicht kaufen diese Touristen auch das «Badische Tagblatt», und würden so die Auflage steigern?
Es gibt also viele Gründe für den Bau der neuen Synagoge an der Stephanienstr. 5 (Pfarrer i.R. Carl). Sie gehört dahin! Oder gibt es Gegenargumente?
Gertrud Mayer
Baden-Baden
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