Neujahrsansprache

„Plötzlich begannen Ukrainerinnen und Ukrainer, ihre Nationalhymne zu singen“ – Neujahrsansprache von Ministerpräsident Winfried Kretschmann

„Plötzlich begannen Ukrainerinnen und Ukrainer, ihre Nationalhymne zu singen“ – Neujahrsansprache von Ministerpräsident Winfried Kretschmann
Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei seiner Neujahrsansprache. Foto: Screenshot

Stuttgart, 31.12.2022, 13:00 Uhr, Bericht: Redaktion Einen wesentlichen Teil seiner Ansprache zum Jahreswechsel widmet Ministerpräsident Winfried Kretschmann dem Krieg in der Ukraine und dessen Auswirkungen auch für die Flüchtlinge in Baden-Württemberg.

Die Neujahrsansprache von Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Wortlaut:

Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

wenn wir an das vergangene Jahr zurückdenken, kommt uns allen der brutale Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. Februar in den Sinn. Der Tag, an dem der Krieg nach Europa zurückgekehrt ist.

Für mich war aber auch der 24. August ein besonderer Tag. Am ukrainischen Nationalfeiertag war ich in Ulm zu einer Veranstaltung mit Geflüchteten eingeladen. Die Begegnung mit den Ukrainerinnen und Ukrainern dort hat mich sehr berührt. Ihre Angst um ihre Liebsten zuhause. Ihre Erleichterung, an einem sicheren Ort zu sein. Ihre Dankbarkeit.

Und da war noch etwas, das mich an diesem Sommertag in Ulm bewegt hat. Denn plötzlich begannen die Ukrainerinnen und Ukrainer, ihre Nationalhymne zu singen. Ein Moment, der so vieles zum Ausdruck brachte: Den Stolz auf das eigene Land. Die Verbundenheit mit denen, die ihre Heimat verteidigen. Die Gewissheit, dass sie um Freiheit und Selbstbestimmung kämpfen.

 

Dieser Augenblick hat mir einen frischen Blick auch auf unser eigenes Land gegeben.

Putins Angriffskrieg beruhte ja ein Stück weit auf der Annahme, dass wir einknicken, sobald es für uns unbequem wird. Dass unsere Unterstützung für die Ukraine wegbricht, weil hier alle angeblich nur auf sich selbst schauen.

Doch da hat er sich verrechnet. Denn gerade jetzt tritt die Stärke unserer Demokratie klar zu Tage.

Ich erlebe sie in der großen Kraftanstrengung, mit der unser Land die schlimmsten Härten der Energiekrise und der Inflation abmildert. Ich sehe sie im Zusammenhalt der Menschen. Auch in dieser Krise packen Sie an, sparen Energie und helfen einander. Und ich sehe sie in der Kreativität und Anpassungsfähigkeit unserer Unternehmerinnen und Unternehmer. Die sich nicht unterkriegen lassen und der Krise nach Kräften trotzen.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

oft – zu oft – nehmen wir es als selbstverständlich hin, dass wir in einer Demokratie leben.

Jetzt erleben wir, wie kostbar sie ist. Welche Stärke sie hat. Und wie wichtig es ist, sie gemeinsam zu verteidigen.

Diese Stärke, die aus dem Gemeinsinn, dem Mut und der Kreativität der Menschen in unserem Land kommt, lassen mich mit Zuversicht nach vorn blicken.

Denn wir sind ein starkes Land.

Und seine Stärke, das sind die Menschen dieses Landes. Die sich als Bürgerinnen und Bürger begreifen und Verantwortung für sich und andere übernehmen. Die unser Gemeinwesen aktiv gestalten und unsere Demokratie mit Leben füllen.

Lassen Sie uns also zusammenstehen in der Demokratie. Solange wir zusammenstehen, bewältigen wir jede Krise.

In diesem Sinne wünschen meine Frau und ich Ihnen allen ein gutes Jahr 2023.

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