Gastkommentar

Auf das Programm kommt es an! – Gastkommentar von Thomas Bippes zur CDU und Bundestagswahl

Bild Thomas Bippes Gastkommentar von Thomas Bippes
16.06.2021, 00:00 Uhr



Baden-Baden In unregelmäßigen Abständen veröffentlicht goodnews4.de Beiträge von Gastkommentatoren. Zum engeren Kreis gehören der Baden-Badener Bestsellerautor Franz Alt und Thomas Bippes, der sich insbesondere den Themen der Digitalisierung, IT und Künstlichen Intelligenz zuwendet.

Thomas Bippes war in der Zeit von 2012 bis 2016 Pressesprecher von Fraktion und Partei der CDU Rheinland-Pfalz und ist heute Professor für Medien- und Kommunikationsmanagement an der SRH Hochschule Heidelberg sowie Gesellschafter der Online Marketing Agentur Online Marketing Agentur PrimSEO.de in Baden-Baden. Das Handwerkszeug für professionelles Online-Marketing lernte der Kommunikationsexperte im Presse- und Informationsstab des Bundesministeriums der Verteidigung, als Referent und Pressesprecher von Landtagsfraktionen sowie als Chefredakteur und Verleger von Mitgliedermagazinen für Institutionen und Verbände.

Kommentar: Thomas Bippes Keinesfalls ist die anstehende Bundestagswahl für die Christdemokraten ein Selbstläufer, der ein detailliertes Wahlprogramm ohne klare Richtung überflüssig machen könnte. Die CDU darf sich keinesfalls auf oberflächliche, populistische Parolen oder Kernsätze zurückziehen. Dafür ist die AfD zuständig und die hat bereits kundgetan, erst gar nicht regieren zu wollen. Wer keine klare Linien fährt, festgehalten in belastbaren Positionen, verfällt der Schwammigkeit, wie es die Grünen gerade auf ihrem Bundesparteitag unter Beweis gestellt haben. Sie relativieren zwar extreme Positionen der links-grünen Jugend, geben sich mittig positioniert und realistischer in ihren Zielen. Doch auf eine der zentralen Gretchenfragen, wie sie es denn mit der Linkspartei halten, bleiben die Grünen unkonkret und vage. Wer nicht betont und programmatisch geerdet «Nein» sagt zu Koalitionen mit dem parlamentarischen Arm der linken Demokratiefeinde, der hält sich alle Optionen offen. Auch die einer Koalition mit der Linken.

Es ist Aufgabe der CDU, mit ihrem Programm klare Aussagen zu treffen, Vertrauen zu schaffen und ein Bekenntnis gegen Koalitionen mit extremen Parteien abzugeben. CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet wird sich nicht einfach auf den Trecker schwingen und weiter das Feld bestellen können, das Angela Merkel ihrem Nachfolger überlässt. Denn dieses Feld ist keinesfalls so gut vorbereitet, wie ihre Beliebtheitswerte es vermuten lassen. In den zentralen Zukunftsthemen Digitalisierung, Investitionen in die Infrastruktur, Klimaschutz, Bürokratieabbau und Krisenfähigkeit der deutschen Demokratie, im Bereich der Inneren Sicherheit und der Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft ist der Boden längst nicht ausreichend bereitet, so dass ein Nachfolger nur die Ernte einfahren könnte.

Eine Partei, die auf die Ängste, Fragen und Befürchtungen der Menschen mit Stichpunkten und nicht mit einem ehrlichen und durchdachten Programm antwortet, die auf «Schnell, schnell» setzt und darauf hofft, die Wähler beschäftigten sich weniger mit Programmen als vielmehr mit Personen, der unterschätzt die Wählerschaft und stilisiert Programm-Debatten zum Beiwerk. Dabei sind die Programme Orientierungshilfe und Kompass nicht nur für die Parteien selbst, sondern auch für den politischen Gegner. Die Wahlprogramme der anderen Parteien sind zentrale Gegenstände im Wahlkampf und Verhandlungsbasis für Koalitionsgespräche. Wenn die CDU sich programmatisch auf plakative Phrasen zurückzieht, macht sie sich in der Kritik und Bewertung der Positionen der anderen Parteien unglaubwürdig. Sie zeigt sich als bräsig und siegesgewiss, weil sie es nicht für notwendig hält, ihre Ziele kundzutun und nachvollziehbar zu kommunizieren. Sie setzt damit – wie Bündnis90/Die Grünen - auf Interpretationsspielraum statt auf Aussagen, an denen sie sich messen lassen muss. Sie zeigt sich als nicht selbstkritisch genug, um zu erkennen: Trotz einer jahrzehntelangen CDU-Regierung ist vieles liegen geblieben. Es haben sich eklatante Schwächen nicht nur in der Pandemie-Bewältigung, im Gesundheitswesen und im Klimaschutz aufgetan.

Wer nicht in der Lage ist, sich im Rahmen eines reflektierenden programmatischen Prozesses mit den Zukunftsaufgaben auseinanderzusetzen, liefert einen Grund zur Abwahl. Dann braucht es dafür kein polarisierendes Thema oder deutliche Wechselstimmung. In einem solchen Fall reicht schon die eigne Planlosigkeit, um das Vertrauen der Wähler zu verspielen. Es kommt also auf das Programm an.


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