Stellungnahme zu Kinikum und Haushalt

Baden-Badener SPD-Stadtrat Sven Bohnert analysiert die Lage – „Falscher Weg: Harte Patronatserklärung des Gemeinderates“

Baden-Badener SPD-Stadtrat Sven Bohnert analysiert die Lage – „Falscher Weg: Harte Patronatserklärung des Gemeinderates“
SPD-Stadtrat Sven Bohnert. Foto: Archiv

Baden-Baden, 13.06.2025, Bericht: Redaktion Zum aktuellen Stand der Diskussion zum Klinikum Mittelbaden, der Haushaltslage und der Patronatserklärung der Stadt Baden-Baden nimmt Stadtrat Sven Bohnert, SPD, mit einer ausführlichen Analyse Stellung.

Der SPD-Stadtrat kritisiert, dass die vom Baden-Badener Gemeinderat am 2. Juni verabschiedete Patronatserklärung zugunsten des Klinikum Mittelbaden das Risiko der Verantwortlichen, sich einer unwirtschaftlichen Unternehmensfortführung und damit gegebenenfalls auch persönlichen Haftungsrisiken auszusetzen», erhöhe.

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Die Stellungnahme von Sven Bohnert vom 12. Juni 2025 im Wortlaut:

Die deutschen Krankenhäuser – darunter auch das Klinikum Mittelbaden – stehen aufgrund struktureller und finanzieller Herausforderungen zunehmend unter Druck. Verschärft wird diese Lage durch die laufende Krankenhausreform, die zu einer Umstellung der Finanzierung von Fallpauschalen auf Vorhaltepauschalen führen wird, wobei jedoch keine generelle Anhebung des Erlösvolumens, sondern eher eine Umverteilung der ohnehin knappen Mittel zu erwarten ist. Das verschärft die Liquiditätsengpässe vieler Häuser. Gerade mittlere und kleinere Krankenhäuser sind besonders gefährdet und bedürfen dringend einer umfassenden Sanierung und Umstrukturierung, um eine nachhaltige Zukunftssicherung zu erreichen und teure, ineffiziente Strukturen zu beenden.

 

Sanierung als einzig sinnvoller Weg bis zum Zentralklinikum

Der Aufbau eines neuen Zentralklinikums in Rastatt benötigt einen Zeithorizont von voraussichtlich 8 bis 12 Jahren. Bis zu dessen Fertigstellung ist die Sanierung des bestehenden Klinikums Mittelbaden der einzig sinnvolle Weg. Eine Sanierung, idealerweise unter Insolvenzschutz und mit klarer Restrukturierungsstrategie, schafft die Voraussetzungen dafür, dass
• das Angebot auf rentable und medizinisch sinnvolle Leistungsbereiche konzentriert wird,
• Kostenstrukturen optimiert,
• Ressourcen gebündelt und
• personelle und finanzielle Überlastungen abgebaut werden.
Ohne eine solche Umstrukturierung besteht die Gefahr, dass bestehende Defizite fortgeschrieben und Altlasten potenziert werden, was langfristig auch das Zentralklinikum gefährdet.

Abruf von Steuergeldern ohne Umstrukturierung

Der ständige Abruf von Steuergeldern zur Subventionierung des Klinikums Mittelbaden ohne gleichzeitig durchgreifende Restrukturierungsmaßnahmen ist weder nachhaltig noch verantwortungsvoll. Kommunale Zuschüsse führen ohne grundsätzliche Umstrukturierung dazu, dass sogenannte «Zombiekrankenhäuser» entstehen – Einrichtungen, die ohne regelmäßig neue finanzielle Unterstützung nicht überlebensfähig wären. Dies belastet dauerhaft die städtischen Haushalte, bindet Milliardenbeträge, die für andere wichtige Aufgaben (Kinderbetreuung, Schulen, Infrastruktur) fehlen, und bewirkt letztlich eine Verschwendung öffentlicher Mittel. Gutachten und Erfahrungsberichte zeigen, dass allein kurzfristige Finanzspritzen („zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel“) strukturelle Probleme nicht lösen, sondern bloß verzögern.

Besonderheit Haushaltssicherungskonzept der Stadt Baden-Baden

Die Verpflichtung der Stadt Baden-Baden zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzepts verschärft die Ausgangslage weiter. In dieser Haushaltslage ist eine stetige Kompensation von Klinikverlusten durch Zuschüsse nicht vertretbar. Sie führt zu weiterem Mittelentzug in anderen Bereichen und birgt das Risiko wachsender Verschuldung. Eine nachhaltige Sanierung und Neuausrichtung des Klinikums ist daher nicht nur aus betriebswirtschaftlicher, sondern auch aus kommunalpolitisch-fiskalischer Sicht zwingend erforderlich.

Falscher Weg: Harte Patronatserklärung des Gemeinderates

Die in einer Sondersitzung des Gemeinderates beschlossene harte Patronatserklärung – also das pauschale Versprechen der uneingeschränkten finanziellen Rückendeckung – ist der falsche Weg. Sie löst keine strukturellen Probleme, sondern verschiebt sie lediglich in die Zukunft. Eine harte Patronatserklärung ist insbesondere kein Ersatz für eine Sanierung oder Restrukturierung; sie entzieht dem Management und den Gläubigern den notwendigen Druck zur Veränderung und verzögert oder verhindert sogar dringend gebotene Sanierungsschritte. Vielmehr erhöht sie das Risiko der Verantwortlichen, sich einer unwirtschaftlichen Unternehmensfortführung und damit gegebenenfalls auch persönlichen Haftungsrisiken auszusetzen.

Fazit

Statt einer dauerhaften Alimentierung durch Steuergelder muss eine konsequente Sanierung – operativ und bilanziell – des Klinikums Mittelbaden eingeleitet werden, um das Haus übergangsweise bis zur Inbetriebnahme des Zentralklinikums tragfähig zu machen. Dies ist der einzige Weg, um Schaden von Stadt und Bürgern abzuwenden und langfristig eine effiziente, moderne und wirtschaftliche Krankenhauslandschaft zu sichern. Eine verantwortungsvolle Kommunalpolitik muss sich daher von rein kurzfristiger Defizitabdeckung ohne Strukturwandel verabschieden.

Daher: Der Fokus sollte auf einer professionell begleiteten Sanierung unter Nutzung der rechtlichen Möglichkeiten des Insolvenzrechts sowie auf einer nachhaltigen Restrukturierung und Restriktionen beim Einsatz öffentlicher Mittel liegen. Die Politik sollte ihre Entscheidungen transparent an den Zielen der Zukunftsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Bürgerverantwortung ausrichten – und nicht an scheinbar bequemen, aber kurzsichtigen Hilfszusagen.




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