Gastkommentar von Thomas Bippes

Der Digitalisierungsschub muss kommen – Corona-Pandemie ohne Internet – Gastkommentar von Thomas Bippes

Der Digitalisierungsschub muss kommen – Corona-Pandemie ohne Internet – Gastkommentar von Thomas Bippes
Auch in Baden-Baden musste binnen weniger Tage an den Schulen eine digitale Infrastruktur aus dem Boden gestampft werden.

Bild Prof. Dr. Thomas Bippes Baden-Baden, 01.04.2020, Bericht: Redaktion In unregelmäßigen Abständen veröffentlicht goodnews4.de Beiträge von Gastkommentatoren. Zum engeren Kreis gehören der Baden-Badener Bestsellerautor Franz Alt, der Künstler und Aktivist Gerd Weismann und Thomas Bippes, der sich insbesondere den Themen der Digitalisierung, IT und Künstlichen Intelligenz zuwendet.

Thomas Bippes ist Professor für Medien- und Kommunikationsmanagement an der SRH Hochschule Heidelberg und Gesellschafter einer Online Marketing Agentur in Baden-Baden.

Kommentar: Thomas Bippes Stellen Sie sich einmal vor, Deutschland müsste die Corona-Pandemie ohne Internet bewerkstelligen? Kein Home-Office, kein Zugang zum Firmennetzwerk, keine E-Mails, keine digitalen Unterrichtseinheiten, kein Video-Chat mit der Oma – derzeit unvorstellbar, nicht wahr? Dennoch zeigt sich in unserem krisengeschüttelten Alltag zugleich: Wir könnten sehr viel weiter sein. Denn es geht um mehr als um ein Mindestmaß an Kontaktmöglichkeiten und digital vermittelter sozialer Wärme. Es geht um die digitale Aufrüstung, die uns in allen gesellschaftlichen Bereichen in die Lage versetzt, effizienter und besser mit den Herausforderungen umzugehen, die uns die Globalisierung zum Beispiel in Form eines sich schnell verbreitenden Virus stellt. Ich fange einmal beim Schulalltag an.

In Bayern können Schulen über Schul-Clouds den digitalen Austausch ihrer Schüler untereinander fördern und moderieren, ihnen somit Coping-Strategien für die Ausnahmesituation anbieten und ihnen die Kontakte zueinander über Online-Schulplattformen eröffnen. Andernorts wird vorübergehend auf E-Mails gesetzt, deren Anhänge in Form von pdf-Dateien oft schwer wiegen. Schülerinnen und Schüler nutzen heute in der Regel ganz andere Kommunikationswege als die klassische E-Mail.

Auch in Baden-Baden kommt die digitale Schule mit Siebenmeilenstiefeln daher. Mit großem Engagement der Lehrerschaft wurde binnen weniger Tage an den Schulen meiner Kinder eine beachtliche digitale Infrastruktur aus dem Boden gestampft. Auch meine Vorlesungen finden derzeit online statt.

Doch Digitalisierung hat gerade im schulischen Kontext auch eine soziale Dimension. Was tun, wenn zuhause die notwendige Infrastruktur in Form von Internetanschluss, Computer und Drucker nicht vorhanden ist? Hier bleibt der Staat Antworten schuldig.

Wie sieht es in der Arbeitswelt aus? Selbst wenn die Hardware in vielen Haushalten vorhanden ist, hinkt die digitale Infrastruktur vielerorts weit hinterher. Homeoffice-Anwendungen werden erschwert, weil die Datenübertragung zu gering ist. Die Knotenpunkte des Internets laufen heiß, wenn alle auf Videokonferenzen umstellen. Die Breitbandversorgung erfolgt seit Jahren zu langsam. Zudem fehlt es mitunter an digitalen Kompetenzen der Mitarbeiter, die mit der Einrichtung eines Home-Office-Arbeitsplatzes überfordert sind.

Jetzt rächt sich, dass Unternehmen bei der Bewältigung der organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Aufgabe der Digitalisierung nicht ausreichend unterstützt wurden. Zu lange wurde die Digitalisierung als Bedrohungspotential für Arbeitsplätze gesehen. Beispiel Einzelhandel: Aktuell haben diejenigen Firmen gute Zukunftsperspektiven, die neben dem stationären Geschäft auf Online-Handel gesetzt haben. Die Corona-Pandemie zeigt, Digitalisierung ist ihre einzige Chance. Wenn wir die Krise gut bewältigen wollen, sollten wir eines daraus lernen: Investitionen in Digitalisierung sind Investitionen in die Zukunft – für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Der Digitalisierungsschub muss kommen.


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