Gastkommentar

Die Pandemie, der überfällige Beschleuniger auf die Digitalisierung der Bildung – Gastkommentar von Thomas Bippes

Bild Thomas Bippes Gastkommentar von Thomas Bippes
28.06.2022, 00:00 Uhr



Baden-Baden In unregelmäßigen Abständen veröffentlicht goodnews4.de Beiträge von Gastkommentatoren. Zum engeren Kreis gehören der Baden-Badener Bestsellerautor Franz Alt und Thomas Bippes, der sich insbesondere den Themen der Digitalisierung, IT und Künstlichen Intelligenz zuwendet.

Thomas Bippes war in der Zeit von 1998 bis 2006 Pressesprecher von Fraktion und Partei der CDU Rheinland-Pfalz und ist heute Professor für Medien- und Kommunikationsmanagement an der SRH Fernhochschule – The Mobile University sowie Gesellschafter einer Online Marketing Agentur in Baden-Baden. Das Handwerkszeug für professionelles Online-Marketing lernte der Kommunikationsexperte im Presse- und Informationsstab des Bundesministeriums der Verteidigung, als Referent und Pressesprecher von Landtagsfraktionen sowie als Chefredakteur und Verleger von Mitgliedermagazinen für Institutionen und Verbände.

Kommentar: Thomas Bippes Nachdem die Corona-Pandemie ihre Klauen an den Präsenz-Hochschulen gelockert hat, ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Wie hat sich die Digitalisierung in den Hochschulen etabliert, um digitales Studieren zu unterstützen? Welche Instrumente haben Sinn gemacht, welche nicht? Von welchen Entwicklungen können unsere Unis weiterhin profitieren? Wo liegen die Chancen des digitalen Fortschritts für die Alma Mater?

An den deutschen Hochschulen zeigt sich, dass vor allem diejenigen einigermaßen gut durch die Zeit ohne Präsenz kamen, die im Bereich Digitalisierung schon einen Vorsprung hatten, auf vorhandene Infrastruktur zurückgreifen konnten oder auf bereits produzierte Lernvideos und Podcasts. Klar ist: Hastig angeschaffte Lizenzen für Online-Unterricht, der mühsame Aufbau von Lernplattformen – das alles kann unter Druck nicht gut funktionieren, erst recht nicht in einem Land, das insgesamt auf breiter Front sehr viel Nachholbedarf im Bereich der Digitalisierung hat und wo noch längst nicht an jeder «Milchkanne» schnelles Internet und ein guter Mobilfunkempfang selbstverständlich sind.

Positiv zu bewerten ist, dass mit der Pandemie eine ganze Generation mehr oder weniger gezwungen war, sich mit den digitalen Tools auseinanderzusetzen. So entstand eben auch die Chance, ihre Vorteile kennenzulernen. Den Schwung daraus sollten wir in der Hochschule, aber auch in der beruflichen Bildung unbedingt weiter nutzen. Die Pandemie wirkte wie ein überfälliger Beschleuniger auf die Digitalisierung der Bildung, auch wenn so manche Konzepte wie aus dem Hut gezauberte hybride Vorlesungen, also die Übertragung von Vorlesungen über das Internet, didaktisch fragwürdig sind und wohl wenig Zukunft haben werden. Eine Hochschule, die so schnell wie möglich wieder in Vor-Corona-Lehr- und Lernformate zurückfallen will, ist jedoch denkbar schlecht beraten.

 

Flexibilität ist das große Zauberwort an unseren Hochschulen. Studierende können sehr davon profitieren, wenn sie sich eine Vorlesung oder ein Lernvideo zeitlich flexibel anschauen können. Wünschenswert wäre, wenn am Ende jeder Student passende Formate finden könnte. Ganz nebenbei ließe sich das dann auch besser mit dem Studentenjob vereinbaren. In Lernphasen könnte leichter auf relevante Inhalte zurückgegriffen werden, wenn sie digital zur Verfügung stehen. Faktisch geht es bei der Digitalisierung an den Hochschulen darum, Wissensvermittlung und Präsenzlehre besser miteinander zu verzahnen, Wissensvermittlung verstärkt online anzubieten und bei Präsenzangeboten mehr auf Praxis, Zusammenarbeit und Austausch der Studierenden in Projekten zu setzen. Nur so wird der Professor zum «Reiseleiter» und Coach auf dem Studienweg. Das jedoch erfordert einige Bereitschaft zum Umdenken. Ich meine - der Weg ist vorgezeichnet und einige Hochschulen in Deutschland gehen ihn bereits erfolgreich. Ziel muss sein, digitale Angebote selbstverständlich im Alltag anzuwenden und sinnvoll mit dem wichtigen Austausch der Studenten untereinander zu verzahnen. An dieser Stelle entscheidet sich nicht nur die Qualität unserer Hochschulausbildung insgesamt, sondern auch die Konkurrenzfähigkeit jeder einzelnen Bildungseinrichtung.


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