Gastkommentar

Gastkommentar von Thomas Bippes – Integrieren statt ignorieren

Gastkommentar von Thomas Bippes – Integrieren statt ignorieren
Als "Boomer" werden die geburtenstarken Nachkriegsjahrgänge bezeichnet. Foto: Archiv

Bild Prof. Dr. Thomas Bippes Baden-Baden, 05.02.2020, Bericht: Redaktion In unregelmäßigen Abständen veröffentlicht goodnews4.de Beiträge von Gastkommentatoren. Zum engeren Kreis gehören der Baden-Badener Bestsellerautor Franz Alt, der Künstler und Aktivist Gerd Weismann und Thomas Bippes, der sich insbesondere den Themen der Digitalisierung, IT und Künstlichen Intelligenz zuwendet.

Thomas Bippes ist Professor für Medien- und Kommunikationsmanagement an der SRH Hochschule Heidelberg und Gesellschafter einer Online Marketing Agentur in Baden-Baden.

Kommentar: Thomas Bippes «OK, Boomer» – dieser Ausdruck ist mittlerweile zu einem geflügelten Wort geworden. In den USA hat es bereits Ausmaße eines Internetphänomens angenommen. Was steckt dahinter? Als Boomer gelten die geburtenstarken Nachkriegsjahrgänge. Mit den beiden Worten «OK, Boomer» kontern junge Menschen herablassende Kritik aus der älteren Generation. Anlass ist ein TikTok-Video, also ein Kurzvideo auf einer sozialen Plattform, das einen älteren Herrn mit Baseballmütze und Poloshirt zeigt. Er wirft den Generationen Y und Z, also den Alterskohorten, die zwischen den frühen 1980er Jahren bis etwa 2012 zur Welt gekommen sind, vor, niemals erwachsen werden zu wollen. Sie hätten das Peter-Pan-Syndrom. Zwei Worte, «OK, Boomer», geben die verunglimpften jungen Menschen zurück. Junge Menschen auch hierzulande reagieren mit dem Marker auf Kritik aus der Eltern- und Großelterngeneration.

Die Aufregung um den «Umweltsau-Song» des WDR-Kinderchors, die Fridays for Future Proteste und ihre aktivistische Armee «Extinction Rebellion» sind Phänomene in Deutschland, die auf einen ähnlichen Generationenkonflikt zurückzuführen sind. Jung und Alt vertreten unterschiedliche Positionen, nehmen andere Perspektiven ein. Die Jugend politisiert sich wieder. Der aktuellen Shell Jugendstudie zufolge engagieren sich drei bis fünf Prozent der Schüler, Azubis und Studenten aktiv für den Klimaschutz. 20 bis 25 Prozent fühlen sich davon stark angesprochen. Sie wählen mehrheitlich die Grünen. Bei der Europawahl gaben 35 Prozent der 18 bis 24-Jährigen ihre Stimme für eine härtere Gangart beim Klimaschutz. Für die Unionsparteien votierten nur zwölf Prozent der jungen Wähler, dagegen 31 Prozent der älteren Generation. Nur 17 Prozent der 60 bis 69-Jährigen wählten die Grünen.

Noch verläuft die Debatte zwischen den Generationen weitgehend konstruktiv und aushandelnd. Doch die Auseinandersetzung hat ein entscheidendes Ungleichgewicht. Es liegt in der zahlenmäßigen Stärke der Generationen. Es gibt mehr ältere als jüngere Menschen: Rund 30 Millionen Deutsche sind zwischen 50 und 75 Jahre alt. Weniger als zehn Millionen Deutsche hingegen sind zwischen 20 und 29 Jahre alt. Und genau an dieser Stelle gewinnt die Debatte eine politische Dimension. Parteien schielen vor allem auf die zahlenmäßig starke Generation älterer Wähler, die in der Mehrheit konservativ wählen. Ältere Wähler werden regelmäßig mit Rentenerhöhungen bedacht, während sich selbst besserverdienende jüngere Menschen Wohnraum in Stadtnähe nicht mehr leisten können.

Dabei muss es doch Aufgabe der Politik sein, ausgleichend zu wirken. Gesellschaftliche Konflikte müssen durch Parteien moderiert und so abgeschwächt werden. Außerdem ist es Aufgabe von Volksparteien, so sie sich denn so nennen möchten, alle Generationen zu vertreten und den Jüngeren wie den Älteren Perspektiven zu vermitteln. Dazu gehört auch, dass Politiker die Sprache der Jugend und die Kommunikationskanäle der Generation Z bedienen. Beim diesjährigen Dreikönigstreffen eines CDU-Kreisverbandes habe ich das mit meinem Referat den anwesenden Christdemokraten mit Nachdruck deutlich gemacht. Die Parteien müssen alle Zielgruppen im Blick haben. Und wenn ihnen das nicht gelingt, verlassen die jungen Wähler das «Schiff Volksparte».


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