Standortentscheidung für Klinikneubau

Kontroverse um Klinikstandort in Rastatt – „Grünenpolitiker möchte stattdessen Insektenhotels errichten und Mäusen ein Zuhause geben“

Kontroverse um Klinikstandort in Rastatt – „Grünenpolitiker möchte stattdessen Insektenhotels errichten und Mäusen ein Zuhause geben“
Klaus-Eckhard Walker, ehemaliger Oberbürgermeister von Rastatt. Foto: Archiv

Baden-Baden/Rastatt, 05.09.2022, Bericht: Redaktion In einer Stellungnahme vom Wochenende geht der ehemalige Rastatter Oberbürgermeister Klaus-Eckhard Walker auf die Kontroverse um den in Rastatt ausgeguckten Klinikstandort «Am Münchfeldsee» ein.

Innerhalb seiner Initiative «Rastatt muss Rastatt bleiben» greift er den grünen Politiker Manuel Hummel an. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Rastatter Kreistag und Gemeinderat wolle auf dem Grundstück Merzeau «Insektenhotels errichten, Nester bauen und Mäusen ein Zuhause geben». Dabei vergesse er, «dass die Stadtverwaltung genau dieses Grundstück Merzeau als Standortfläche für das Krankenhaus vorgeschlagen habe». Und Klaus-Eckhard Walker fragt: «Hatte Herr Hummel dem nicht zugestimmt?»

Der Standort «Südlicher Stadteingang» auf dem ehemaligen Kasernengelände Merzeau in Rastatt liegt im Ranking des Klinikstandort-Gutachtens für den Bau eines Zentralklinikums auf Platz 2 hinter dem Standort «Am Münchfeldsee». Auf den Plätzen 3 bis 5 liegen die Baden-Badener Standorte Balg, «Wörnersangewand» in Haueneberstein und «Weiher» Sandweier.

Auszug im Wortlaut aus der Stellungnahme von Klaus-Eckhard Walker vom 2. September 2022:

Rastatt muss Rastatt bleiben

Insektenhotelier Hummel lässt wissen...

... das sog. Gelände Merzeau ist «eine verwilderte Industriebrache, die zahlreichen Tier- und Pflanzenarten eine Heimat bietet» (RAZ Nr. 35 vom 01.09.2022). Nichts von alledem trifft zu.

Die Wahrheit ist: Statt an der vorhandenen Nord-Süd-Verkehrsachse das derzeit geplante Zentralklinikum für die «Akutversorgung für die Menschen in Mittelbaden sicher zu stellen», möchte der Grünenpolitiker stattdessen Insektenhotels errichten, Nester bauen und Mäusen ein Zuhause geben. Er vergisst, dass die Stadtverwaltung genau dieses Grundstück Merzeau als Standortfläche für das Krankenhaus vorgeschlagen hat. Hatte Herr Hummel dem nicht zugestimmt?

 

Im Wohngebiet Münchfeld – so möchte man meinen – leben hingegen «nur» Menschen, denen weitere (Verkehrs-) Belastungen zuzumuten sind. Genau das wäre die politische Konsequenz, würde das Klinikum am Münchfeldsee errichtet werden.

Ich erinnere: als seinerzeit der Bundesautobahnanschluss Rastatt-Süd planfestgestellt wurde, hat man vor dem Stern aus Stuttgart gebuckelt. Auf das Lebewesen Mensch nahmen weder Grüne noch Rote noch Schwarze oder Blaue Rücksicht. Mit dem bis heute uneingelösten Versprechen des Baus einer Querspange wurde die geduldigste aller Spezies vertröstet. Die damalige Verwaltungsspitze war gegen den BAB-Anschluss Rastatt-Süd, weil die Querspangenlösung fehlte. So viel zur Genese.

Dass die aussterbende Spezies Mensch nicht weiteren Verkehr in ihrem Wohngebiet sehen möchte, ist nach all den Erfahrungen mit dem durchrauschenden (LKW-) Verkehr nur allzu verständlich, die Gründung der BI «Für den südlichen Stadteingang...» die logische Folge. Wenn sich bislang – anders als für Insekten und andere Tiere – kaum politische Verbündete für die Belange von Menschen in unserer Stadt finden, müssen diese ihr Schicksal in die Hand nehmen. Unterstützen Sie bitte die BI Südlicher Stadteingang!!

Folgt man dem grünen Stadtrat Hummel, muss die gutachterliche Expertise zur Standortfindung eines neuen Krankenhauses ein einziger schrecklicher Irrtum gewesen sein. Als wenn es eines Beweises bedurft hätte: Das Gutachten muss dringend auf seine Stichhaltigkeit hin endlich auf Herz und Nieren – und das mit kritischem Auge – geprüft werden.

Hat jemand anderes als der Vertreter der Partei DIE LINKE im Kreistag jemals ernsthaft die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Einstandortlösung für einen Einzugsbereich von mindestens 300.000 Menschen gestellt und die zeitliche Erreichbarkeit der dann einzigen Akutklinik in Mittelbaden einem Stresstest unterzogen?? Eine Antwort fehlt immer noch.

Was kostet das Ganze? Ist Baden-Baden in der Lage, seinen finanziellen Anteil zu stemmen? Ich habe den Eindruck, es wird mit heißer Nadel gestrickt und soll mit heißem Herzen entschieden werden, ohne die sich ergebenden Grundfragen beantwortet zu haben.

Soll nicht der Wunsch Vater des Gedankens an ein Zentralklinikum in Rastatt bleiben, muß der Grundgedanke der Querspange als «optische Barriere» (Hummel) schnellstens geklärt und vom Tisch gebracht werden. Es geht um zweierlei: erstens, den Daimler-Verkehr aus dem Münchfeld zu halten, und zweitens, keinen neuen Verkehr in die Wohngebiete von Rastatts Süden zu schleusen. Letzteres bewirkt der Bau einer Klinik am Münchfeldsee. Und genau darum geht es, Herr Hummel.

Herr Hummel schwingt sich, könnte ich seine ökologischen Bedenken ernst nehmen, zum Insektenhotelier auf. Statt einer bereits im Grundsatz angedachten und – soweit ich weiß auch – vom Gemeinderat befürworteten Bebauung auf der ehemaligen Militärbrache (Industrie gab es meines Wissens dort nach dem Krieg nie) soll diese nun dem Bau von Insektenhotels, Nestern und Ratten- wie Mäuselöchern weichen. Jahrelang befanden sich dort ein Zirkus, ein Holzsammelplatz, ein Kangulzwinger u.v.a.m., ohne dass dies jemals einen Ökologen im Stadtrat vom Hocker gerissen, geschweige denn interessiert hätte. Noch vor Kurzem wurde dort fleißig gerodet und gehäckselt.

Den Gemeinderat und die Fraktion Die Grünen/Bündnis 90 hat jüngst auch nicht interessiert, als man zur Süderweiterung des Mercedes-Werkes grünes Licht für einen Eingriff in ein Naturschutzgebiet gab, obwohl planerisch eine Erweiterungsfläche im Regionalplan an der Oberwaldstraße in Rastatt ausgewiesen war und man diese nur hätte weiter entwickeln müssen. Eine ökologische Sternstunde war die Freigabe der Naturschutzfläche nicht.

Eine ganze Seite Hummel im RAZ rettet nichts. Ich vermisse die politische Debatte auf allen Seiten des Ratssaals. Dort fällt die Entscheidung, welches der beiden Gelände bebaut werden könnte und darüber, ob dem Schutz der Häuser und Menschen in Rastatts Süden überhaupt noch ein Stellenwert beizumessen ist.

Der RAZ-Artikel entpuppt sich damit als nichts anderes als er ist, nämlich «Propaganda der Rathausmehrheit». Nach dem Selbstverständnis des Verlegers ist das Wochenblatt eine Rathauspostille. Das ist nichts Schlimmes. Man muss es nur wissen, wenn man das RAZ liest. So war es in meiner Amtszeit, so ist es heute immer noch ...


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