Leserbrief
Leserbrief „Meine Meinung“ – „498 gastronomische Betriebe in Baden-Baden“ – „Schwerpunkt oftmals auf der Billigschiene“
Baden-Baden, 06.04.2023, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leserin Wolfgang Holstein Stellung.
Trotz der geradezu erschreckenden Anzahl von Leerständen an Ladenlokalen in der Innenstadt von Baden-Baden gibt es eine Branche, die trotz zahlreich vorhandener Konkurrenz immer noch expandiert. Obwohl es schon 498 gastronomische Betriebe in Baden-Baden gibt, kommen gefühlt fast täglich neue Lokale dazu, wobei deren Schwerpunkt oftmals auf der Billigschiene liegt, also bei Gerichten zwischen 7,80 Euro und 14,50 Euro. Und wenn dann bei einem preiswerten Gericht auch noch vermerkt wird «hausgemacht», dann fragt sich der Laie wie ein Wirt jemals auf einen grünen Zweig kommen will, wenn er ein komplettes angeblich hausgemachtes Gericht zwischen 7,80 Euro und 14,50 Euro anbietet. Wohlgemerkt nicht an einer heißen Theke ohne jeglichen Service, sondern in einem Lokal mit Bedienung. Erschwerend hinzu kommt der extreme Personalmangel, speziell in der Küche, der immer mehr Lokale dazu veranlasst, mehrere Ruhetage einzulegen und die Öffnungszeiten zu verkürzen.
Aber es gibt eine Lösung speziell für das Problem fehlender Köche! Seit der Sendung «ZDFbesseresser» mit Sebastian Lege vom 21.3.2023 wissen wir es. Wenn die Lebensmittelindustrie ein komplettes Gericht für 2,80 Euro anbietet, welches man nur noch in die Mikrowelle schieben muss, dann kann man selbst bei 7,80 Euro noch einen schönen Gewinn einstreichen, weil man sich den «teuren» Koch spart. Sebastian Lege hat dann auch noch ausführlich erklärt, aus welchen lebensmittelähnlichen Stoffen so ein Gericht zusammengesetzt wird.
Igitt, igitt, aber man kann der Lebensmittelindustrie keinen Vorwurf machen, die geben absolut korrekt bei ihren Produkten alle Inhaltsstoffe an. Zweischneidig wird die Angelegenheit erst, wenn der Gast im Lokal das Gericht in der Meinung bestellt, dass dieses in der eigenen Küche frisch zubereitet wurde. Und welcher Gastronom gibt schon freiwillig auf der Speisekarte zu, dass es sich bei diesem Gericht um ein Fertigprodukt mit entsprechenden Inhaltsstoffen handelt. Wenn überhaupt, dann werden, weil gesetzlich vorgeschrieben, auf der letzten Seite der Speisekarte ganz unten klein gedruckt ein paar Allergieauslösende Zusatzstoffe erwähnt. Mittlerweile gibt es, nicht zuletzt auch wegen der akuten Personalnot, kaum noch eine Gastronomie, die ohne Convenience-Produkte auskommt. Dazu muss man nur einmal am frühen Vormittag mit offenen Augen durch die Stadt streifen, dann sieht man die LKW`s der betreffenden Fertigprodukt-Lieferanten vor den Gastronomien stehen. Und dort werden dann kaum Steigen mit aufwendig zu putzendem frischem Obst oder Gemüse entladen, sondern Eimer, Kartons und sonstige Gebinde sowie Tiefgekühltes im großen Stil. Um aus diesen Produkten dann ein Gericht zu «zaubern», bedarf es wirklich keiner Kochkunst, dafür genügt jeder Küchenhilfe ein Blick auf die Gebrauchsanweisung.
Sicher geht jetzt ein Aufschrei durch die Gastronomischen Betriebe ob dieser Unterstellungen. Gerne lasse ich mich wegen meiner Behauptung Lügen strafen, warte allerdings immer noch auf die Speisekarte mit dem Aufdruck «bei uns werden alle Gerichte im Haus zubereitet, und dabei soweit möglich nur frische Produkte verwendet». Solange dies nicht rechtsverbindlich garantiert wird, müssen die Gäste notgedrungen der Einkaufspolitik und der Geschäftsstrategie des Wirts vertrauen. Ob dieses Vertrauen gerechtfertigt ist, muss jeder Gast für sich selbst entscheiden.
Na dann weiterhin «guten Appetit».
Wolfgang Holstein
Baden-Baden
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