Leserbrief

„Leserbrief „Meine Meinung“ – „Amtierende Direktorin der Kunsthalle Cagla Ilk ist international renommiert“ – „Stadtverwaltung Baden-Baden und ehemalige Restaurantleiterin“

Baden-Baden, 28.10.2024, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Stefan Schröder Stellung.

Während die mittelbadische CDU-Landtagsabgeordnete von Loga die Interimsnutzung der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden durch das Badische Landesmuseum Karlsruhe schon am Tag der Veröffentlichung dieser Entscheidung als «Glücksfall» für Baden-Baden begrüßte, stellten die SPD-Landtagsabgeordneten Rivoir, Rolland, Dr. Kliche-Behnke, Weber, Fink dem Kunstministerium mit ihrem Antrag vom 30.09.2024 Fragen zu dieser Entscheidung.

Die Frage, wer in die Entscheidung, die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden als Interimsstätte für das Badische Landesmuseum in Karlsruhe einbezogen war, wurde wie folgt beantwortet: «Die Entscheidung wurde durch das Kunstministerium getroffen, nachdem die Gespräche mit der Direktorin der Kunsthalle, Frau Ilk, über eine Vertragsverlängerung abgeschlossen waren und eine Verlängerung keine Option mehr war.» Wie so oft bei fragwürdigen politischen Entscheidungen soll auch hier offenbar wieder ein Sündenbock herhalten. Die Wirklichkeit zeigt aber ein anderes Bild: Die amtierende Direktorin der Kunsthalle Çağla Ilk ist international renommiert und verantwortete bei der diesjährigen Kunstbiennale in Venedig den Deutschen Pavillon als Kuratorin, der weltweit als einer der besten Beiträge gelobt wurde. Der Stadt Baden-Baden oder ihrer Tourismuschefin und ehemaligen Restaurantleiterin Nora Waggershauser war diese herausragende Leistung Çağla Ilks übrigens keine Anerkennung in Form einer Gratulation wert.

 

Der Direktion der Kunsthalle wird vom Kunstministerium und von manchen Stadtoberen Baden-Badens vielmehr angekreidet, dass voller Eintritt für die Ausstellungen in der Kunsthalle im Jahr 2023 nur rund 2.500 Mal bezahlt worden sei. Abgesehen davon, dass Kunst ihre Daseinsberechtigung auch unabhängig von Besucherzahlen haben muss, ist doch beachtlich, dass die Publikumsbilanz der Kunsthalle für das Jahr 2023 laut Auskunft des Kunstministeriums rund 47.000 Besucher aufweist. Zu diesen Besuchern zählen die vielen Inhaber des kostenpflichtigen Museums-PASS-Musées und die Käufer von Kombitickets sowie die Schulklassen und die Kunstinteressierten, die den freien Eintritt am Freitag nutzten.

Die Antwort des Kunstministeriums überzeugt auch schon deshalb nicht, weil die Direktion der Kunsthalle in den vergangenen Jahrzehnten stets nach Ablauf von wenigen Jahren wechselte, wie es im Museumssektor üblich ist. Es stellt sich doch die Frage, warum die Direktion der Kunsthalle nach dem Ausscheiden von Çağla Ilk Ende April 2025 vom Kunstministerium nicht neu besetzt wurde, damit die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden in ihrer jetzigen Form hätte weiterbestehen können. Beginnt das Land Baden-Württemberg nicht doch schon mit dem Kulturabbau und das auf Kosten der zeitgenössischen Kunst?

Auch die Antwort des Kunstministeriums auf die Frage, welche Alternativen zur Interimsnutzung der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden durch das Badische Landesmuseum geprüft wurden und warum diese Alternativen nicht in Betracht gezogen wurden, ist wenig zufriedenstellend. Das Kunstministerium antwortete, als Interim sei schon «frühzeitig das bereits durch das BLM genutzte Museum beim Markt festgelegt» worden. Die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden soll dem Badischen Landesmuseum «ergänzend die Möglichkeit, zusätzlich zu den Flächen des Museums beim Markt größere Wechselausstellungen zu zeigen» geben. Warum es keine andere Möglichkeit gab, als die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden zu okkupieren, ist nicht nachvollziehbar und wenig glaubwürdig. Für die Schirn Kunsthalle in Frankfurt a. M. beispielsweise, die ihr Ausstellungshaus auch wegen Sanierungsarbeiten verlassen muss, ist ein Interimsquartier innerhalb der Stadt gefunden worden. Das Ausstellungshaus zieht im Mai 2025 vorübergehend in die Dondorf’sche Druckerei in den Stadtteil Bockenheim um. Mit etwas mehr Anstrengung hätte auch das Kunstministerium in der Großstadt Karlsruhe ein geeignetes Ausweichquartier für das Badische Landesmuseum finden können.

Auf die Frage der SPD-Landtagsabgeordneten, wie lange die Nutzung der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden durch das Badische Landesmuseum andauern soll, antwortete das Kunstministerium, die Nutzung der Kunsthalle durch das Landesmuseum sei für einen Zeitraum von fünf Jahren geplant. Dieser Zeitplan wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht eingehalten werden können, denn wenn ein Museum mit Nachkriegstechnik runderneuert wird, noch dazu in einem Barockschloss, wird das nach Schätzungen von Experten mehr als ein Jahrzehnt dauern.

Fazit: Mit der Beantwortung der Fragen der SPD-Landtagsabgeordneten hat das Kunstministerium die Befürchtung vieler Bürger, dass mit der Interimsnutzung die Identität und das Renommee der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden und dessen Kulturgeschichte insbesondere hinsichtlich der zeitgenössischen Kunst für Baden-Baden und das Land verloren geht, nicht ausgeräumt.

Stefan Schröder
Baden-Baden


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