Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – „Aufsichtsräte ohne Aufsicht“ – „Fachkompetenz statt Fraktionsdisziplin im Klinikum Mittelbaden“ – „Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass verpflichtende Mindestanforderungen für das Gesamtgremium bestehen“

Baden-Baden, 27.10.2025, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Dr. med. Mark Lopatecki Stellung zu dem goodnews4-Bericht Unbequeme Fragen von Karl-Georg Degenhardt zum Klinik-Aufsichtsrat – «Welche Qualifikationskriterien wurden für die Aufsichtsratskandidaten Gernsbeck und Iding-Dihlmann erhoben und erfüllt?».

Der offene Brief von Karl-Georg Degenhardt an Bürgermeister Alexander Wieland vom 25. Oktober 2025 spiegelt die öffentliche Diskussion sowie persönliche Wahrnehmungen wider. Er dient dem Austausch im öffentlichen Interesse und lenkt den Blick auf die angespannte Situation des Klinikums Mittelbaden gGmbH: Kostensteigerungen im zweistelligen Millionenbereich, unklare Entscheidungsprozesse und Transparenzdefizite stehen im Raum. Auch der Umgang des Aufsichtsrats mit seiner Kontrollfunktion ist seit geraumer Zeit Gegenstand kritischer Diskussionen.

Diese Umstände führen zu einer Frage, die in der Öffentlichkeit zunehmend gestellt wird: Können die derzeitigen Aufsichtsratsmitglieder – insbesondere die Fraktionsvorsitzenden der größten Gemeinderatsfraktionen – den hohen fachlichen Anforderungen an die Überwachung eines komplexen Krankenhausunternehmens tatsächlich gerecht werden?

 

Der Aufsichtsrat einer kommunalen GmbH ist kein rein politisches Gremium, sondern ein gesetzlich verpflichtetes Kontrollorgan (§ 52 GmbHG i.V.m. § 116 AktG analog). Die Mitglieder haften persönlich bei Pflichtverletzungen. Gesetz und Rechtsprechung verlangen Eignung und Befähigung (§ 103 GemO BW) – eine bloße Parteimitgliedschaft genügt nicht. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass verpflichtende Mindestanforderungen an Qualifikation und branchenspezifische Kenntnisse für das Gesamtgremium bestehen.

Dies gilt für alle Beteiligungsgesellschaften der Stadt – etwa das Klinikum Mittelbaden, die Stadtwerke oder die Kongresshaus Baden-Baden Betriebsgesellschaft mbH – unabhängig davon, ob ein Aufsichtsrat obligatorisch (bei mindestens 500 Beschäftigten) oder fakultativ (freiwillig) eingesetzt ist.

Wer über Bauprojekte in Millionenhöhe, Krankenhausfinanzierung, Personalstrukturen und medizinische Versorgung mitentscheidet, benötigt fundiertes Fachwissen in Betriebswirtschaft, Controlling, Krankenhausrecht und im Gesundheitswesen. Nach öffentlicher Wahrnehmung scheint diese Expertise derzeit nicht durchgehend im Aufsichtsrat vertreten zu sein. Politische Repräsentanten müssen sich der Verantwortung stellen, Entscheidungen auf Grundlage sorgfältig geprüfter Informationen zu treffen – was immer wieder kritisch hinterfragt wird.

Die Folgen sind sichtbar: Die wirtschaftliche Lage des Krankenhausverbunds bleibt angespannt, der kommunale Finanzierungsbedarf steigt, und in der Bevölkerung wächst das Misstrauen. Sollte der Aufsichtsrat seinen Kontrollauftrag nicht angemessen wahrnehmen, trägt er Mitverantwortung für die weitere Entwicklung – wie es auch im offenen Brief benannt wurde.

Es ist an der Zeit, dass die Gesellschafterkommunen die Zusammensetzung des Aufsichtsrats auf den Prüfstand stellen. Fachliche Qualifikation, Unabhängigkeit und Verantwortungsbewusstsein sollten stärker im Vordergrund stehen als parteipolitische Erwägungen. Die Bürgerinnen und Bürger haben Anspruch auf eine sachkundige und wirksame Kontrolle ihres Klinikums – nicht auf eine Gremienbesetzung, die bei komplexen Zukunftsfragen überfordert erscheint.

Sollte der Gemeinderat nach kritischer Prüfung keine geeigneten Personen benennen können, die den Anforderungen gerecht werden, darf – oder muss – die Frage gestellt werden, ob externe, fachlich qualifizierte Persönlichkeiten für diese Aufgabe gewonnen werden sollten. Anzahl und Aufwandsentschädigung der Aufsichtsratsmitglieder sind nach Aufwand, Effizienz und Wirksamkeit zu bemessen. Es muss dem Eindruck entgegengewirkt werden, dass willfährige Parteigänger die Interessen der Stadt nicht ausreichend berücksichtigen können oder wollen. Aufsicht bedeutet, Beschlüsse kritisch zu prüfen – nicht sie automatisch zu bestätigen. Wer diesen Anforderungen nicht genügen kann oder will, sollte ein solches Mandat nicht antreten dürfen.

Nun bleibt abzuwarten, ob Bürgermeister Wieland stellvertretend für die gesamte Verwaltungsriege die Anfrage ernst nimmt. Die Antworten werden zeigen, wie man auch mit unangenehmen Wahrheiten umgeht, ob Transparenz die Oberhand gewinnt und man auch im Stadtrat beginnt, der Verantwortung für sein Tun und Lassen die gebührende Bedeutung beizumessen.

Dr. med. Mark Lopatecki
Baden-Baden


Wenn Sie auch einen Leserbrief an die Redaktion senden möchten, nutzen Sie bitte diese E-Mail-Adresse: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

In Ausnahmefällen veröffentlicht goodnews4.de Leserbriefe auch unter einem Pseudonym. Die tatsächliche Identität des Verfassers ist goodnews4.de in jedem Fall bekannt.

«Spielregeln» für Leserbriefe an goodnews4.de

Die Leserbriefseite «Meine Meinung» bieten ein Meinungs- und Diskussionsforum, für das es auch einiger «Spielregeln» bedarf. Diese Regeln, die zum Teil vom Presserecht und sonstigen Rechtsvorschriften vorgegeben sind, sollten diesen Maßgaben folgen. Leserbriefe geben die Meinung der Leser wieder, nicht die der Redaktion.

1. Der Verfasser eines Leserbriefes ist für diesen juristisch verantwortlich. Allerdings liegt bei goodnews4.de die publizistische und presserechtliche Verantwortung.

2. Ein Leserbrief darf scharfe Wertungen, Überspitzungen und deftige Kritik im Rahmen des öffentlichen Meinungsstreits enthalten. Beiträge, die Beleidigungen, falsche Tatsachenbehauptungen, Verleumdungen, persönliche Diffamierungen, drastisch überzogene Kritik an Personen enthalten oder das Andenken Verstorbener verunglimpfen, werden nicht veröffentlicht. Das gilt auch für Beiträge, die so genannte Schmähkritik enthalten. In diesem Zusammenhang: Gute Argumente überzeugen am besten. goodnews4.de veröffentlicht jeden Leserbrief, der diese Voraussetzungen erfüllt.

3. Leserbriefe sollten sich mit aktuellen Angelegenheiten von öffentlichem Interesse beschäftigen. Private Auseinandersetzungen werden aus redaktionellen, juristischen und presserechtlichen Gründen nicht veröffentlicht.

4. Anonyme Schreiben werden nicht veröffentlicht. Bei Pseudonymen muss die tatsächliche Identität des Verfassers bei goodnews4.de bekannt sein. Bei der Veröffentlichung eines Beitrags werden Vor-, Nachname und Wohnort genannt.

5. Beiträge von politischen Mandats- und Funktionsträgern, Vertretern von Organisationen, Verbänden, Institutionen und ähnlichen sind auf dieser Seite nicht vorgesehen, es sei denn sie antworten auf einen Leserbrief. Die genannten Vertreter haben andere Möglichkeiten, ihr Anliegen einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen – zum Beispiel im redaktionellen Teil durch Pressemeldungen u.a.

6. Titelvorschläge (Überschriften) nehmen wir gerne entgegen, grundsätzlich entscheidet über die Titelsetzung aber die Redaktion.

7. Leserbriefe sollten elektronisch als E-Mail übermittelt werden und müssen die vollständige Adresse des Einsenders enthalten. Darüber hinaus benötigen wir eine Telefonnummer für eventuelle Rückfragen.

8. Der Einsender sollte erwähnen, worauf sich sein Beitrag bezieht. Sollte er sich auf einen goodnews4-Artikel beziehen, bitte mitteilen, wann dieser erschienen ist.

9. Für die Länge von Leserbriefen hat unsere Redaktion ein Limit von 2.000 Zeichen inkl. Leerzeichen gesetzt.




Zurück zur Startseite und zu den weiteren aktuellen Meldungen.