Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – „Brandmauer“ – CDU-Pleite im Bundestag – „Mit dem rechten Rand werden Geschäfte gemacht“

Baden-Baden, 01.02.2025, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Klaus-Eckhard Walker Stellung.

Mit dem rechten Rand werden Geschäfte gemacht, wenn es Verantwortlichen ins Tagesgeschäft passt.

Das war 2022 in Rastatt so und es ist 2025 im Bund immer noch so.

Demokratische Rechte der Bürgerinnen und Bürger wurden 2022 im Pakt mit der AfD vom Gemeinderat der Stadt Rastatt und der Verwaltung unterlaufen und mit der Wucht des Geldes und unsachlicher Argumente mit Füßen getreten.

In diesen Tagen wird so getan, als ginge es darum, letzte Stützen an die Brandmauer zu legen, die seit 2022 in Rastatt längst in Trümmern vor uns liegt. Die CDU ist sich nicht zu schade, auf die AfD als Abstimmungspartnerin zu bauen.

2022 ging des den Verantwortlichen nicht um die Sorgen und Forderungen der Bürgerinnen und Bürger, vor weiterem Lärm und weiteren Beeinträchtigungen ihrer Lebensqualität in ihrem Wohnquartier geschützt zu werden, sondern um eine Machtdemonstration, einen Klinikneubau an einem Standort durchzusetzen, für den es nach wie vor eine sachlich überzeugendere Alternative gibt.

2025 spielen die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger wieder keine oder bestenfalls eine untergeordnete Rolle. Mit den Sorgen vieler Menschen wird im Wahlkampf gespielt. Es geht in der Sache doch einfach darum, wie man mit Menschen umgeht, die den ihnen gewährten Schutz missbrauchen und straffällig geworden sind oder als Gefährder eine akute Gefahr darstellen.

Das Verhalten der Parteivertreter im Rastatter Gemeinderat steht in deutlichem Widerspruch zu dem, was heute im Deutschen Bundestag von CDU, SPD, GRÜNE und FDP zum Ausdruck kam, sich nämlich von der AfD abzugrenzen und ihr keine Chance im politischen Geschäft einzuräumen («Brandmauer»). Das Gegenteil ist mittlerweile der Fall.

Ich stelle fest, der Boden für die AfD und die heutige, in meinen Augen unwürdige Debatte im Deutschen Bundestag wurde in den Kommunen (vor-) bereitet, weil Verantwortlichen vor Ort gleichgültig war und ist, wie und woher sie sich ihre Mehrheiten für örtliche Projekte verschaffen.

Politik mit der AfD ist in Rastatt eine Selbstverständlichkeit geworden («Brezel-Connection» der SPD-Oberbürgermeisterin Monika Müller u.a. mit der AfD).

Ich verstehe deshalb Bürgerinnen und Bürger, wenn für sie die Stadtratsparteien CDU, SPD, GRÜNE und FDP vor Ort nicht (mehr) wählbar sind. Wer sich um die Sorgen der Menschen nicht kontinuierlich kümmert, hat deren Stimme nicht verdient.

Ich erinnere bei dieser Gelegenheit gerne daran, dass in meiner Amtszeit die politische Rechte keine Chance hatte, weil rechtzeitig von der Verwaltung bürgerschaftlicher Widerstand organisiert und nicht darüber philosophiert wurde, wie man die politisch extreme Rechte oder eine AfD stellen kann.

Dies in einem Umfeld, in dem ein Rechtsanwalt fleißig die erste Strophe des Deutschlandliedes mit seinen Burschen trällerte, und in Zeiten, in denen die Partei «Die Republikaner» und die NPD ihre Parteitage in Rastatt abhielten.

Die extreme Rechte konnte in Rastatt in den Jahren 1991 – 2007 in Schach gehalten werden. Zuletzt erreichten die Konservativen 50 Prozent der Sitze. Unter Karl-Wolfgang Jägel (CDU, MdL) gab es keinen Platz für Rechtsextremisten.

Über einmal kurzzeitig 2 Stadträte kam die politische Rechte in meiner Amtszeit nie hinaus. Heute hat die AfD erschreckende 8 Sitze von 40 gewonnen. Davor waren es 4 von 47. Der Stimmenanteil der AfD hat sich inzwischen mehr als verdoppelt, weil nichts Ernsthaftes gegen das Aufleben des Rechtsextremismus in Rastatt unternommen wurde.

Die Rastatter Verantwortlichen haben sich romantisierend auf dem Status einer «Revolutionsstadt» ausgeruht und die Augen vor den Entwicklungen verschlossen. Dass das Wollensack-Denkmal an den BadnerHalle im vergangenen Jahr anlässlich des Gedenkens an 175 Jahre Badische Revolution auf den letzten Drücker noch herausgeputzt wurde, war nur einer Initiative und nicht der Stadtverwaltung zu verdanken (vgl. www.wauderer.de).

Schon kurz nach seinem Amtsantritt hat mein Nachfolger Oberbürgermeister Hans-Jürgen Pütsch sich im Jahr 2008 dem rechtsextremen Jacques Bompard (Front National, Le Pen) in unserer französischen Partnerstadt Orange zugewandt und sich mit ihm demonstrativ politisch verbrüdert. So wurde nach und nach das politische Klima verändert. Er nannte es Klimawechsel.

In die Amtszeit von Oberbürgermeister Hans-Jürgen Pütsch fiel das Erstarken der extremen Rechte in Rastatt. Statt die demokratischen Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu stärken und sich um deren Belange auch dann zu kümmern, wenn sie sich einen eigenen Willen bilden, ließ er den Heimatbrief, die stadtgeschichtliche Reihe ebenso wie die Jahresberichte der Stadtverwaltung in der Versenkung verschwinden - alles wichtige Quellen der Information.

Dr. Lars Castelucci (SPD): «Mit dem rechten Rand macht man keine Geschäfte» (Bundestag - Rede am 31.01.2025). Das hätte er mal besser seinen Rastatter Genossinnen und Genossen früher sagen sollen.

Nachdem der Gesetzentwurf der Merz-CDU im Deutschen Bundestag keine Zustimmung erhalten hat (338 ja - 350 nein bei 5 Enthaltungen), ist auch in Rastatt noch Zeit zum Umdenken.

Klaus-Eckhard Walker, M.A. rer. pol.
Oberbürgermeister a.D. Rastatt


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